Der Schwäbische Albverein mit Demenzkranken auf dem Rössleweg Foto: Leif Piechowski

Bewegungs- und Sportangebote auch für Menschen mit Handicap finden Nachahmer. Aus der Ursprungsidee des Schwäbischen Albvereins in Stuttgart wurde, auch dank der Spende der Aktion Weihnachten, eine Bewegung.

Bewegungs- und Sportangebote auch für Menschen mit Handicap finden Nachahmer. Aus der Ursprungsidee des Schwäbischen Albvereins in Stuttgart wurde, auch dank der Spende der Aktion Weihnachten, eine Bewegung.

Stuttgart - Um Sport und Bewegung – auch mit körperlichen oder geistigen Beeinträchtigungen – bemühen sich inzwischen viele Vereine, Kommunen und Verbände. Im Waldheim Möhringen haben sie sich nun ausgetauscht, und zwar praktisch.

Rollatoren oder Tandemfahrräder für Menschen mit Handicap, geparkt vorm Waldheim, sind eher die Ausnahme. Doch am Dienstag stand alles im Zeichen einer neuen Bewegung: Menschen mit Demenz in ganz normale Aktiv-Angebote von Vereinen, Verbänden und Kommunen zu integrieren, Modelle vorzustellen und auszuprobieren.

80 so genannte Anstifter und Vernetzer hatten sich dazu angemeldet. Sie präsentierten, was in ihrem Verein, in ihrer Kommune, in ihrem Verband getan wird, um Demenzkranke zu aktivieren. Die vielen Geh- und Fahrhilfen vor der Tür signalisierten bereits, was Peter Wissmann betont: „Wir legen größten Wert auf Praxis.“ Wißmann ist Geschäftsführer des Demenz Support Stuttgart und unterstützt Initiativen praktisch und organisatorisch.

In Stuttgart beteiligen sich inzwischen der ADFC, der Schwäbische Albverein, der Sportkreis und der Stadtseniorenrat an Projekten. Eines davon ist die Wandergruppe, die sich ein Mal im Monat trifft und den Rössleweg in Etappen begeht. Der Schwäbische Albverein, seine Ausbildungsorganisation und Demenz Support haben Schulungen für 30 Ehrenamtliche veranstalte. „Ein Wanderführer kann sich nicht gleichzeitig um die Leute kümmern, deshalb bilden wir Wanderbegleiter aus“, sagt Gabriele Kreutzner vom Demenz-Support.

Inzwischen zieht das Projekt Kreise: In Plochingen ist eine weitere Wandergruppe aktiv, in Filderstadt startet eine im September, und laut Wißmann hätten die Städte Mühlacker, Ulm, Schwäbisch Gmünd und Ostfildern Interesse bekundet.

Doch nicht jeder schafft acht Kilometer Strecke. Deshalb bietet der Sportkreis Stuttgart in Zusammenarbeit mit dem Stadtseniorenrat im Bad Cannstatter Stadtteil Sommerrain Spaziergänge an, „auch für Leute, die auf den Rollator angewiesen sind“, sagt der Sportkreisvorsitzende Dominik Hermet. Auch dieses Projekt macht Schule, und zwar im Osten mit Unterstützung der Arbeiterwohlfahrt und der Naturfreunde, in Münster unter Beteiligung des Stadtseniorenrats und der ansässigen Turn- und Sportvereinigung. „Wir haben 170 000 Mitglieder und müssen davon ausgehen, dass wir sehr viele Menschen haben werden, die an Demenz erkranken“, so Hermet.

Längst ist nicht allein das Fahrradfahren, Gehen oder Wandern von der neuen Bewegung erfasst. „In Neuhausen auf den Fildern bietet der Obst- und Gartenbauverein Spaziergänge zum Thema Natur an“, sagt Peter Wißmann. Viele Aktionen muss nicht der Demenz Support initiieren; mittlerweile kommen Vereine oder Verbände mit ihren Ideen zu Wißmann und bitten um Unterstützung, inzwischen auch Karin Kunz vom Schwäbischen Albverein.

„Wichtig ist, dass die Projekte keine Eintagsfliegen sind und nach drei Jahren Förderung durch die Bundesregierung und Stiftungen wieder eingestellt werden müssen.“ Deshalb müssten die Initiatoren die Qualifizierung der Demenzbegleiter „in ihre Dachorganisationen integrieren“. Nach dem Beispiel des Schwäbischen Albvereins, der mit Hilfe einer Spende aus der Aktion Weihnachten mit der Qualifizierung flächendeckend beginnen konnte.

Damit die Wandersleute auch im Winter in Bewegung bleiben können, wird es von Herbst an Stadtspaziergänge geben. Übrigens nach dem Vorbild der Stadt Duisburg, wo viele Leute beim Rollator-Wandern ihre Scheu verlieren, Wege in und durch die Stadt zu bewältigen.