Angeklagte aus Fellbach muss sich vor dem Amtsgericht Waiblingen verantworten. Foto: Gottfried Stoppel

Bewährungsstrafe für Angeklagte: Sie hat mit gefälschten Dokumenten einen sechsstelligen Betrag vom Amt für Besoldung und Versorgung in Fellbach ergaunert. Damit tilgte sie Schulden, die während der Pflege ihres Vaters entstanden waren.

Fellbach - Das Land wurde Opfer einer Straftat: In einer Verhandlung vor dem Amtsgericht Waiblingen wegen Betrugs ging es um eine Frau, die das Landesamt für Besoldung und Versorgung (LBV) um knapp 150 000 Euro geschädigt hat. Manuela B. (Namen geändert) hat diese beträchtliche Summe durch gefälschte Rechnungen und Rezepte von der Behörde mit Sitz in Fellbach ergaunert. Vor dem Schöffengericht unter dem Vorsitz von Amtsrichter Kärcher schilderte die bis dahin unbescholtene 62-jährige Frau, wie es zu den Betrügereien und Urkundenfälschungen in großem Ausmaß gekommen war.

Die Sozialpädagogin und IT-Expertin gab ihren Job auf

Die Probleme fingen an, als ihr Vater ein Pflegefall wurde, schilderte die Angeklagte die kriminelle Entwicklung. Die Sozialpädagogin und IT-Expertin gab ihren Job auf, um sich – wie versprochen – Vollzeit um ihn zu kümmern. Um ihm einen Lebensstandard zu bieten, den weder die Krankenkasse noch das LBV ermöglichten, stürzte sich Manuela B. in Schulden. Als dann der Vater starb, oblag es der Angeklagten, sich um den mehrfach behinderten Bruder zu kümmern. Bis dahin hatte sie schon Kontakte zu Martin M. – einem Mitarbeiter des LBV – geknüpft und von ihm einige Tipps über das Beziehen von Beihilfe-Leistungen erfahren. Die finanzielle Unterstützung hatte zuvor der Vater erhalten, und der Bruder sollte sie nun als Vollwaise in größerem Umfang bekommen.

Als Manuela B. im Verlauf der Gespräche mit Martin M. erfuhr, dass es für die Beantragung von Beihilfen nicht des Originals, sondern nur eines gefaxten Duplikats bedurfte, entwickelte sich der betrügerische Gedanke – und kam zur Ausführung. In 18 bewiesenen Fällen reichte sie zwischen 2013 und 2015 gefälschte Dokumente mit Beträgen zwischen 3500 und 6000 Euro für medizinischen Bedarf ein. Etwa drei Viertel der Summen wurden dann jeweils auf ihr Konto überwiesen.

Die 62-Jährige legte ein volles Geständnis ab

Die Betrügereien wurden dadurch erleichtert, dass zwischen Manuela B. und dem gutgläubigen Martin M. ein freundschaftliches Verhältnis entstanden war, das in gelegentliche private Treffen bei einer Tasse Kaffee mündete. Doch irgendwann wurde der LBV-Mitarbeiter stutzig und begann zu recherchieren. Als Martin M. das Ausmaß des Betrugs erkannte, bekam er einen Schock. Vor lauter Angst um seinen Job vernichtete er daraufhin alle Unterlagen, die mit Manuela B. zu tun hatten. „Das war eine Kurzschlusshandlung“, räumte der Beamte, der inzwischen krankheitsbedingt Pensionär ist, als Zeuge vor Gericht ein. Deshalb war die Beweisfindung sowohl für die Innenrevision der Behörde wie auch für die Staatsanwaltschaft schwierig. Das war jedoch kein Problem vor Gericht, denn die 62-Jährige legte ein volles Geständnis ab.

Erheblicher Schaden für das Land Baden-Württemberg

Die Anklage hielt der inzwischen als Pflegehilfskraft arbeitenden Frau zugute, dass sie sich von dem ergaunerten Geld kein Luxusleben leistete, sondern damit die Schulden tilgte, die während der Pflege des Vaters entstanden waren. Der Staatsanwalt attestierte der Angeklagten „ungewöhnliche Umstände“ und ging nicht von neuerlichen Betrügereien aus. Da Manuela B. bestrebt ist, das Geld zurückzuzahlen, verzichtete der Vertreter der Anklage auf eine Geldstrafe und Arbeitsleistungen. Dieser Empfehlung sowie seinem Antrag auf eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und neun Monaten folgte das Schöffengericht in seinem Urteil.

Wie und ob das Land den Schaden erstattet bekommt, wird sich zeigen. Schwierig dürfte die Rechnung für das LBV sowieso werden, da ein Teil der Beihilfen tatsächlich real verwendet wurde. Amtsrichter Kärcher ging auch in Hinblick auf den LBV-Mitarbeiter davon aus, dass die Wiedergutmachung ein Problem werden dürfte. Er hielt der Angeklagten vor, dass dem Land Baden-Württemberg ein „erheblicher Schaden entstanden ist“, und dass es einiges an krimineller Energie erfordert habe, um die ganzen Dokumente zu fälschen. Aber auch er sieht eine positive Prognose.