Wer eine Fahrkarte am Automat zieht, ist auf der sicheren Seite. Im Internet lauern dagegen Betrüger. Foto: dpa

Man hat gar keine Bahnfahrkarte gekauft, bekommt aber trotzdem Geld abgebucht. Die Tickets bekommen andere. Wegen eines solchen Betrugs stehen vier Männer in Stuttgart vor Gericht.

Stuttgart/Esslingen - Für Betrüger ist das Internet ein steter Quell der Freude. Dort gibt es fast nichts, was es nicht gibt. Das sollen sich vier Männer zunutze gemacht haben. Deshalb stehen sie jetzt vor der 19. Strafkammer des Landgerichts – wegen hundertfachen Computerbetrugs mit Online-Bahntickets und mit Monatsfahrkarten des Verkehrsverbunds Stuttgart (VVS).

Die Masche ist nicht neu und wurde besonders von der Bahn AG in den vergangenen Jahren mit speziellen Online-Filtern erfolgreich bekämpft. Es bleiben aber Schlupflöcher, weil man die Online-Buchungen für redliche Kunden nicht übermäßig verkomplizieren will.

Die 24 bis 29 Jahre alten Angeklagten sollen im vergangenen Jahr knapp 550 Tickets und Monatskarten übers Internet ergaunert haben. Laut Anklage haben sie die Tickets mit Kreditkarten bezahlt, allerdings nicht mit ihren eigenen. Auf einer speziellen Plattform in Internet können Betrüger Kreditkartendaten aus der ganzen Welt abgreifen. Damit wurden die Tickets bezahlt.

Käufer der Tickets machen sich strafbar

Die so betrügerisch erworbenen Fahrkarten wurden dann zu einem attraktiven, billigeren Preis verkauft – natürlich wieder übers Internet. Einen kleinen Teil sollen die Angeklagten auch selbst benutzt haben.

Die Kreditkarteninhaber, die die Tickets unwissend bezahlt haben, wurden von der Bahn AG entschädigt. Den Ärger hatten sie aber trotzdem. Als Geprellte blieben wie in diesem Fall die Bahn und der VVS. Der Schaden beläuft sich laut Oberstaatsanwalt auf fast 70 000 Euro.

Allerdings begeben sich die Käufer der ergaunerten Tickets ebenfalls in die Gefahr der Strafverfolgung. Den meisten Abnehmern dürfte klar sein, dass sie keine regulär gebuchten Fahrkarten erwerben. Werden sie erwischt, treibt die Bahn den normalen Preis ein, eine Anzeige folgt.

Drei der vier Männer aus Algerien, Marokko und Syrien sitzen in Untersuchungshaft. Ein 24-Jähriger ist inzwischen wieder auf freiem Fuß. Er sei, so Norbert Winkelmann, Vorsitzender Richter der 19. Strafkammer, nur eine „Randfigur“.

Der 24-Jährige hatte als Einziger ein frühes Geständnis abgelegt. Er soll lediglich an 19 Fällen beteiligt sein.

Ein Mann kann mit Bewährung rechnen

Die Männer sollen ihren mutmaßlichen Betrug in Internetcafés in Bad Cannstatt und Esslingen abgewickelt haben. Ende Dezember vorigen Jahres war Schluss. Die Bundespolizei Stuttgart hatte ganze Arbeit geleistet. Sie hatte nach akribischer Aufklärungsarbeit ein Internetcafé in Esslingen per Video überwacht. Der jetzt angeklagte 27-jährige Algerier geriet in Verdacht. Die folgende Handyüberwachung bestätigte die Einschätzung. Seine Handydaten führten zu den anderen Angeklagten. Auf seinem Laptop fanden die Ermittler noch 350 Bahntickets als PDF-Dateien. Zudem wurden einem der Männer 56 Bareinzahlungen in Höhe von insgesamt mehreren Tausend Euro auf sein Konto nachgewiesen.

Der Oberstaatsanwalt stellt sich Strafen zwischen dreieinhalb und fünf Jahren vor, falls die drei bisher schweigsamen Angeklagten keine Geständnisse ablegen. Die „Randfigur“ kann mit einer Strafe auf Bewährung rechnen. Die Richter geben einen Strafkorridor von Bewährung bis dreieinhalb Jahre vor – wenn die Männer gestehen.

Mit ausländerrechtlichen Konsequenzen haben zumindest die inhaftierten Männer zu rechnen. Gegen den 27-Jährigen liegt bereits eine rechtswirksame Ausweisungsverfügung vor. Der Prozess wird fortgesetzt.