„Die Tür öffnet sich weiter“ – so hat es Chinas Premier Li Keqiang am Donnerstag Bundeskanzlerin Angela Merkel versprochen. Foto: dpa

Auf seiner Europareise verspricht Ministerpräsident Li Keqiang eine weitere Öffnung – die deutschen Automobilhersteller sind aber weiter betroffen von Protektionismus aus Fernost. Am Ende soll ein Handelsabkommen stehen.

Berlin - Offener und internationaler hat sich China noch nie präsentiert: Zum Auftakt seiner Europareise sagte Ministerpräsident Li Keqiang am Donnerstag in Berlin, dass sein Land „für die Wahrung von Freihandel und für Investitionserleichterungen“ eintrete und seine eigenen Märkte nach drei Jahrzehnten der Liberalisierung auch für ausländische Unternehmen immer attraktiver machen wolle: „Die Tür öffnet sich weiter.“

Wie ernst aber kann man die neue Freihandelsrhetorik aus Peking nehmen? Vor allem die deutschen Autobauer beobachten Li Keqiangs Reise, die ihn noch am Donnerstag weiter nach Brüssel führte, wo an diesem Freitag der EU-China-Gipfel zu Ende geht, besonders aufmerksam. Sie sind alarmiert, weil die Volksrepublik aller diplomatischen Rhetorik zum Trotz in der Praxis auch ein recht schwieriger Partner ist. Der heimische Markt wird immer noch gezielt geschützt, Know-How geschickt von der Konkurrenz in Europa abgesaugt. So müssen Hersteller und Zulieferer, bevor sie in China aktiv werden, weiter Joint-Ventures mit chinesischen Unternehmen eingehen. Dabei, so die Erfahrung, fließt viel strategisches Wissen nach Fernost ab. Ein Branchenkenner: „Da sitzt immer ein Chinese dabei, der auf die Baupläne schaut.“

So gibt es etwa den Plan in China, den Herstellern vorzuschreiben, einen bestimmten Anteil von Forschung und Entwicklung in China zu erledigen. Da ist die Sorge groß, dass es Peking vor allem darum geht, im großen Stil Kenntnisse und Erfahrungen der Wettbewerber abzugreifen.

Die Sorgen der Autoindustrie

Für Empörung bei der deutschen Autoindustrie hat auch die Ankündigung aus Peking gesorgt, Quoten für Fahrzeuge mit alternativen Antrieben einzuführen. Chinas Regierung hatte geplant, dass ab 2018 auf dem chinesischen Markt mindestens acht Prozent der Neufahrzeuge einen reinen Elektro- oder Hybridantrieb haben müssen. In den Jahren danach sollte der Wert um jeweils zwei Prozentpunkte steigen. Der CDU-Handelsexperte im Europaparlament, Daniel Caspary, hatte die Pläne unlängst als „offensichtliches Foul der chinesischen Führung“ bezeichnet.

Inzwischen gibt es erste Signale, dass die Quoten-Pläne entschärft werden sollen. Premier Li sagte in Berlin, er habe im Gespräch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel „eine Lösung gefunden: „Seien Sie versichert: Die chinesische Regierung wird weiter daran arbeiten, dass vor allem in China lokal hergestellte deutsche Autos gut verkauft werden.“ Was nun aber genau geplant ist, blieb am Donnerstag unklar.

Elf Wirtschaftsabkommen geschlossen

Vor allem die deutschen Autobauer hätte dies schwer getroffen. Zum einen verfügen sie noch nicht über so viele E-Modelle, zum anderen verdienen sie viel Geld mit dem Verkauf von Autos mit Verbrennungsmotoren im gehobenen Segment.

Da ist es wenig überraschend, dass eines von elf Wirtschaftsabkommen, die am Donnerstag im Berliner Kanzleramt unterzeichnet wurden, „ein strategisches Investment im Bereich Elektromobilität“ betrifft. Daimler-Vorstandsmitglied Hubertus Troska unterzeichnete zusammen mit seinem chinesischen Joint-Venture-Partner Xu Heyi vom Unternehmen Baic eine Erklärung zur Erweiterung des Pekinger Mercedes-Benz-Werkes. Volkswagen unterschrieb einen neuen Joint-Venture-Vertrag zu E-Autos. Auch die Firma Bosch intensivierte am Donnerstag ihre Geschäftspartnerschaft weiter – und vereinbarte mit dem Unternehmen Baidu eine Kooperation zum automatisierten Fahren der Zukunft.

Riesiger Automarkt

Chinas Automarkt hat eine immer wichtigere Bedeutung für die deutschen Hersteller. In diesem Jahr wird damit gerechnet, dass dort 23 Millionen Fahrzeuge neu zugelassen werden, weltweit sind es 85 Millionen Fahrzeugen. Daimler & Co. haben in China einen Marktanteil von 20 Prozent. Sie haben ihre Produktion in China seit dem Jahr 2000 um den Faktor 14 vergrößert.

Wegen der guten Geschäfte hält sich die Branche selbst gegenüber Chinas Regierung zurück. „Wir müssen uns darüber im Klaren sein, woher ein Großteil unserer Gewinne stammt. Da macht ein Auftrumpfen keinen Sinn“, heißt es in Branchenkreisen. Man müsse auch in Rechnung stellen, dass China in Handelsfragen viel offener sei als etwa der zweite große Markt in Asien, Indien. Die Politik dürfe daher nicht zu dogmatisch gegenüber China auftreten, heißt es von der Industrie. Immerhin ermahnte Merkel ihren Gast aus Peking, dass es „bei der Öffnung der Märkte immer wieder Fortschritte geben muss.“

Als möglicher Durchbruch gilt das Investitionsschutzabkommen, über das China und die EU verhandeln – und Li lange mit Merkel gesprochen hat. Die Kanzlerin will einen Abschluss „so schnell wie möglich“, für den beide Seiten Kompromisse machen müssten. Sie hoffe, so Merkel, „dass daraus eines Tages auch der Beginn von Verhandlungen zu einem Freihandelsabkommen werden kann“.