Ex-Bundespräsident Roman Herzog plaudert vor Schülern des Königin-Katharina-Stifts aus dem Nähkästchen. Foto: Nina Ayerle

Er ist Staatsrechtler, Präsident des Bundesverfassungsgerichtes und schließlich Bundespräsident gewesen: Roman Herzog ist in vielerlei Hinsicht ein Mann des Staates. Nun hat er Schülern erzählt, wie er seine Ämter erlebt hat.

S-Mitte - Nicht jeden Tag bekommt ein Stuttgarter Gymnasium so prominenten Besuch. Vor dem Eintreffen des ehemaligen Bundespräsidenten Roman Herzog am Königin-Katharina-Stift gab de Lehrer Jürgen Germann deshalb seinen Schülern noch Verhaltensregeln mit: „Macht eure Handys aus und zeigt euch von eurer besten Seite“, empfahl der Fachabteilungsleiter für Deutsch und Gemeinschaftskunde. Während manche Schüler nicht ganz sicher waren, was ein Bundespräsident eigentlich macht, warteten andere gespannt: „Ich möchte später nicht in die Politik, aber mich interessiert, was einen Mann wie ihn antreibt“, sagte die 17-jährige Diana. Doch darüber will der ehemalige Bundespräsident eigentlich nicht viel reden. „Ich habe gar nicht verstanden, über was ich sprechen soll“, meint er zu Beginn. Der Name der Vortragsreihe „Einblicke – Ausblicke: Verantwortung in leitenden Positionen“ sei ihm zu abgehoben. In die meisten seiner Positionen sei er ohnehin eher „hineingeraten“, erzählte der Ex-Bundespräsident.

Nach seinem Abitur hat der heute 79-Jährige Jura studiert und war bereits knapp acht Jahre nach Studienende Professor für Staatsrecht und Politik an der Freien Universität Berlin. „Ich habe im Traum nicht daran gedacht, in die Politik zu gehen“, erzählt er. Herzog startete als Staatssekretär, dann wurde er in Baden-Württemberg Kultus- und Innenminister, bevor es ihn ans Bundesverfassungsgericht zog. Mehr als zehn Jahre war er dort, unter anderem als Vizepräsident, zuletzt als Präsident. 1994 wurde er zum siebten Bundespräsident der Bundesrepublik gewählt.

Niemals ein Gesetz abgelehnt

Die Schüler interessiert vor allem, worin sich für Herzog diese Ämtern unterschieden. „Wo konnten Sie mehr bewegen?“, fragt ein Junge in der ersten Reihe. „Als Präsident des Verfassungsgerichtes sind Sie im Prinzip Vorsitzender von zwei GmbHs“, antwortet Herzog. Das oberste deutsche Gericht bestehe aus zwei Senaten. Wenn der Präsident dem ersten Senat angehöre, müsse sein Vizepräsident dem zweiten angehören und umgekehrt. Damit habe der Präsident an einer der beiden GmbHs faktisch keine Beteiligung und an der anderen nur eine von 12,5 Prozent, weil der Senat aus acht Personen besteht. Im Vergleich dazu habe der Bundespräsident einen Anteil von 100 Prozent an seinem Amt. „Man macht Dinge, die keiner sonst in der Politik macht“, sagte Herzog.

Niemals in seiner Amtszeit habe er von seinem Recht, ein Gesetz abzulehnen, Gebrauch gemacht. „Ich habe immer vorher inoffiziell gesagt, was ich verfassungsrechtlich für bedenklich halte“, erzählt Herzog. Dann habe er im Kanzleramt anrufen lassen, um genau dies auszurichten. „In dieser Hinsicht hatten sie Angst vor mir“, sagt Herzog und lacht.

Die Gattin musste im Privatfahrzeug hinterherfahren

Auf die Frage nach dem Gehalt des Bundespräsident antwortet er ehrlich: „Wissen Sie, ich könnte auf 1000 Euro mehr gut verzichten. Wenn ich sie hätte, fände ich aber auch eine Verwendung dafür.“ Prinzipiell habe er nie verstanden, warum jemand zwei oder 20 Millionen Euro verdienen müsse. Denn: „Das letzte Hemd hat ohnehin keine Taschen.“ Manche öffentliche Diskussion findet er eher unangebracht, wie etwa über die private Nutzung von Dienstfahrzeugen. Einmal sei er mit seiner Frau nach München gefahren. Er musste im gepanzerten Dienstfahrzeug fahren, sie separat im ungepanzerten Privatwagen. Seine Frau habe es mit Humor genommen: „Sie war erleichtert, dass der deutsche Staat sich mit ihrer eventuellen Ermordung offensichtlich leichter abfindet als mit meiner“, sagt er. „Aber an sich war es absurd, dass wir getrennt fahren mussten.“

Roman Herzog beendete als Referent die Vortragsreihe am Königin-Katharina-Stift. Der Lehrer Jörg Germann hatte diese gemeinsam mit seinem Kollegen Philipp Muth 2007 an dem Stuttgarter Gymnasium ins Leben gerufen. Germann geht in den Ruhestand, Muth wechselt an eine andere Schule. Sieben Referenten waren in dieser Zeit zu Gast, darunter der Wilhelma-Direktor Dieter Jauch und der ehemalige Innenminister und spätere Landtagsvizepräsident Frieder Birzele (SPD). „Wir wollten vor allem kompetente Menschen, nicht nur prominente“, sagt Jörg Germann. Die Erfahrung als Führungskraft sei ausschlaggebend. Sein Fazit am Ende: „Es war immer etwas Besonderes und sehr inspirierend.“