Ein Berufsschullehrer erklärt einem Auszubildenden, wie ein Kotflügel lackiert wird Foto: dpa

Die Wirtschaft und die beruflichen Schulen fordern vom Land noch mehr Unterstützung für die berufliche Bildung. Um den Unterricht zu sichern, seien noch mehr Lehrer nötig.

Stuttgart - Die Landesregierung hat in den vergangenen Jahren einiges zusätzlich in die berufliche Bildung investiert. Seit 2011 wurden an den beruflichen Gymnasien 150 zusätzliche Klassen eingerichtet, an denen Realschüler und künftig auch Gemeinschaftsschüler Abitur machen können. Insgesamt habe sich das Unterrichtsdefizit an den beruflichen Schulen von 5,6 auf 2,4 Prozent verringert, sagte Herbert Huber, Landesvorsitzender des Berufsschullehrerverbandes, am Dienstag in Stuttgart. Überdurchschnittlich hoch sei der Stundenausfall allerdings weiter an den Berufsschulen, die Auszubildende an zwei Tagen in der Woche oder auch im Blockunterricht besuchen. Dort stünden für 5,6 Prozent der Pflichtstunden keine Lehrer zur Verfügung. Bei Erkrankungen, Elternzeit oder in Prüfungszeiten fielen noch mehr Stunden aus.

Das ist aus Sicht der Wirtschaft problematisch. „Um Unterrichtsausfälle möglichst zu vermeiden, müssen mehr qualifizierte Lehrer rechtzeitig angeworben und zu attraktiven Rahmenbedingungen eingestellt werden“, forderte Bernd Engelhardt, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Region Stuttgart. In den nächsten zehn Jahren kommen 30 Prozent der Lehrer an beruflichen Schulen ins Pensionsalter.

Wenn die Schulen Direkteinsteiger aus der Wirtschaft gewinnen wollten, sei es notwendig, Stellen bereits im November auszuschreiben, sagte Engelhardt. Geschehe dies wie derzeit erst im März, seien bei vielen Interessenten die Kündigungsfristen zu kurz. Außerdem schreckten die Kürzungen für Berufsanfänger im Schuldienst viele ab. In den ersten drei Jahren nach der Lehrereausbildung erhalten junge Kollegen acht Prozent weniger Gehalt als früher. Ausnahmen gibt es allerdings in so genannten Mangelfächern, etwa im Metall- und Elektrobereich.

Jeder zehnte Betrieb beklagt mangelhafte Lehrerversorgung

Nach einer Umfrage der IHK sind 80 Prozent der Betriebe mit den Berufsschulen zufrieden. Allerdings klagen 39 Prozent der 2000 Betriebe, die antworteten, darüber, dass an den Schulen in ihrer Region Lehrer fehlten. Zehn Prozent bezeichneten die Unterrichtsversorgung als mangelhaft. Fast die Hälfte der Betriebe wünscht sich eine engere Kooperation mit den Berufsschulen. Dazu könnten Praktika von Berufsschullehrern in den Unternehmen beitragen, meinen 75 Prozent der Betriebe. Bei den Lehrern findet der Vorschlag deutlich weniger Zustimmung. 59 Prozent der Lehrer sind dagegen oder unentschieden.

Thilo Lindner, Ausbildungsleiter des Kabelherstellers Lapp, ist einer der Befürworter von Praktika. Eine engere Zusammenarbeit zwischen Schule und Betrieb trage dazu bei, dass Schule und Betriebe die Erwartungen der anderen Seite besser kennenlernten und erfüllen könnten.

42 Prozent der Schulen halten die Sachausstattung ihrer Schulen für veraltet oder unzweckmäßig, von den Betrieben sind es 26 Prozent. Allerdings fordern die Betriebe deutlich öfter den Einsatz moderner, interaktiver Medien im Unterricht (53 Prozent) als Lehrer (32 Prozent).

Mehr Vorbereitungsklassen für Flüchtlinge nötig

Zu den großen Herausforderungen in den nächsten Jahren gehört die Qualifizierung von Flüchtlingen. Aufgrund der steigenden Zahlen wachse der Bedarf an Deutschunterricht in so genannten Vorbereitungsklassen, sagte Huber. Die 139 neuen Stellen für diese Klassen reichten nicht für die mindestens 180 neuen Vorbereitungsklassen im nächsten Schuljahr.

Das hat das Kultusministerium auch erkannt und kürzlich nochmals nachgelegt. Insgesamt stünden den Schulen nach den Sommerferien 565 zusätzliche Lehrerstellen für Vorbereitungsklassen und Vorqualifizierungskurse zur Verfügung, teilte Staatssekretärin Marion von Wartenberg am Dienstag mit. Davon erhielten die beruflichen Schulen über 300 Stellen. In diesen Klassen sollen Schüler ohne oder mit wenigen Deutschkenntnissen die Sprache so lernen, dass sie den regulären Unterricht besuchen oder eine Ausbildung absolvieren können. Dazu erhalten die Schüler an den beruflichen Schulen 40 oder mehr Stunden Unterricht pro Woche.