Diese Stelle zwischen Rettersburg und Oppelsbohm wird zum Biotop erklärt und geht in kommunalen Besitz über. Foto: Stoppel

Kristin Landwehr kann der Flurneuordnung nichts Gutes abgewinnen und kritisiert das Landratsamt wegen zerstörerischer Auswirkungen in der Natur.

Berglen - Zu kahl, zu künstlich, zu zerstörerisch: Kristin Landwehr aus Berglen lässt an der Flurneuordnung kein gutes Haar: „In Berglen werden weit über 200 Bäume gerodet, auch kerngesunde Obstbäume. An Biotopvernetzung wird nicht gedacht, was vom Naturschutz von jeher angeprangert wird. Den begrünten Flächen stehen verlorene Wiesen gegenüber, die zu Äckern wurden. Und was die Gewässer anbetrifft, so soll ein Feuchtgebiet entwässert sowie mehrere Gräben, obwohl sie voll funktionsfähig sind, als Ausgleichsmaßnahme ,modernisiert’ werden.“ So schreibt die Rentnerin in ihrem Leserbrief an unsere Zeitung, nachdem sie die Artikel zum Themenschwerpunkt Flurneuordnung entdeckt hatte.

Massive Kritik am amtlichen Vorgehen

Das ist massive Kritik am Vorgehen des Amts für Vermessung und Flurneuordnung des Landratsamtes und Grund genug nochmals genauer hinzuschauen. Beim Vor-Ort-Termin führt die kritische Leserin die Journalistin und den Fotografen an zwei beispielhafte Stellen und erklärt, was ihr und laut ihren Aussagen auch manch anderem in dem idyllischen Fleckchen gegen den Strich geht.

Wir stehen zwischen Rettersburg und Oppelsbohm auf einem Wiesenweg. Hinten breiten sich Maisfelder aus, doch worauf wir sehen, ist ein mehrere Meter breiter breiter Graben im Bereich „Lange Äcker“, wo früher Lehmabbau betrieben wurde. „Am besten sollte alles hier so bleiben wie es ist“, sagt Kristin Landwehr. Sie bemängelt die Pläne des Landratsamts: „Es ist nicht nötig, hier den Wasserlauf zu ändern, eine Mauer zu bauen und ein spezielles Biotop für den Großen Feuerfalter anzulegen“, sagt die 77-Jährige. Der Falter würde jetzt ohnehin schon in den Böschungen des Grabens leben. Dafür müsste man nichts tun. Landwehr schüttelt dazu nur verständnislos den Kopf.

Gerd Holzwarth, Leiter des Amts für Vermessung und Flurneuordnung, kann diese Kritik nicht nachvollziehen: „Eine Mauer wird hier nicht entstehen. Nach unseren aktuellen Planungen werden wir nur in geringem Umfang hier eingreifen“, sagt Holzwarth. Das Amt plane gemeinsam mit einem Wasserbauingenieur eine geordnete Wasserableitung, um auch einer Erosion vorzubeugen. Zudem solle dieser breite Graben als Biotop ausgewiesen und in den Besitz der Gemeinde übergeben werden. Was daran falsch sein soll, kann er sich nicht vorstellen.

Bäume im Gewann Mailand gerodet

Wir fahren zwei Kilometer weiter. Auf der anderen Seite von Rettersburg, unterhalb von Öschelbronn, liegt das Gewann Mailand. „Hier gab es einen richtigen Urwald am Fuß des Hügels“, sagt Kristin Landwehr. Dazu einen natürlichen, normalen Bachlauf und eine verwilderte Christbaumkultur. „Das ist alles aufgeräumt worden“, so die Kritikerin, die sich auch im Vorstand der Teilnehmergemeinschaft am Flurneuordnungsverfahren beteiligt. In ihren Augen war die Aktion unnötig und zu teuer. Nun gebe es weniger Wildtiere und zu viele Bäume seien gerodet worden.

Auch diese Situation sieht das Landratsamt anders: „Der im Gewann Mailand fließende Fronwiesenbach ist kein normaler Bachlauf“, erklärt Holzwarth. Vielmehr handele es sich um einen sehr wertvollen Kalksinterbach, der viel Kalk führt, der sich an verschiedenen Stellen ablagert. Im Lauf der Jahrzehnte sei der Bach stark beeinträchtigt worden. „Es war eine wichtige ökologische Aufwertungsmaßnahme, im Bach an mehreren Stellen Steine so einzubringen, dass sich die natürliche Sinterbildung wieder einstellen kann“, betont Holzwarth. Zudem werde im Herbst nun ein zusätzliches Habitat für Neuntöter angelegt – mit Brombeeren, Schlehen und Wildrosen. Bäume sind auch nur dort gefallen, wo es unbedingt nötig gewesen sei.

Zufrieden ist Kristin Landwehr damit nicht. Die Liste ihrer Kritikpunkte ließe sich noch ohne Weiteres fortführen. „Eigentlich müsste ein Umdenken stattfinden“, sagt Landwehr. Gerd Holzwarth setzt wiederum auf das Verständnis der Betroffenen: „In den Sitzungen des Vorstandes der Teilnehmergemeinschaft erklären wir immer wieder, was wir tun und warum.“ Man mache sich schließlich Gedanken über die Planung und handele nicht „wie die Axt im Walde“.