Das Team von Torqk (v. li.): Armin Müller, Bernd Kußmaul, Andreas Brandt, Thomas Ottmayer, Deniz Herkert, Christian Dau Foto: Torqk

Es ist ein ungewöhnliches Start-up: Fünf der sechs Gründer sind über fünfzig, genauso viele haben unter Ex-Porsche-Chef Wendelin Wiedeking gearbeitet. Und das halten sie für ihren Trumpf als Berater.

Stuttgart - Es gab in Stuttgart einmal einen Autohersteller, der tief in der Krise steckte. Ohne schnelle Anpassung und neue Ideen war die Firma bedroht. Es war aber auch ein überschaubares Unternehmen mit flachen Hierarchien und einem überaus ehrgeizigen Chef, der sich um das Althergebrachte nicht scherte. Der radikale Umbruch, den Porsche zwischen 1993 und 2009, in der Zeit des selbstbewussten Firmenchefs Wendelin Wiedeking bewältigte, erinnert an die Herausforderungen, vor denen zurzeitnicht nur die Autobranche steht.

Einige Veteranen aus der Wiedeking-Zeit haben sich jetzt in Stuttgart zu einem Start-up der besonderen Art zusammengefunden. Sie haben nach Wiedekings Abschied und der Integration in den VW-Konzern ihrerseits Porsche verlassen, unter anderem weil sie große Strukturen zu einschnürend finden. Einige waren genau deshalb ursprünglich von Daimler zu Porsche gewechselt. Fast alle haben inzwischen selber Firmen gestartet, die sie weiterhin betreiben wollen. Ihr im Sommer 2018 gegründetes Start-up Torqk soll nun zusätzlich gerade kleine und mittelständische Unternehmen in ähnlichen Umbrüchen wie einst bei Porsche beraten.

Porsche als Symbol für einen radikalen Umbruch

„Diese Zeit hat uns tief geprägt, und daher kennen wir uns auch“, sagt Christian Dau, einstiger Porsche-Pressesprecher und heute mit eigener Innovationsagentur für Unternehmen unterwegs. Sie sehen sich auch als Erben von Wiedekings hemdsärmeligem Stil: diskussionsfreudig und manchmal streitlustig, weniger interessiert an Strukturen und Modellen als an pragmatischen Lösungen. Es wird gemeinsam entschieden, welche Aufträge man annimmt. „Alles basiert auf gegenseitigem Vertrauen“, sagt Dau. Das passt wohl eher zu Entscheidungswegen in einem mittelständischen Unternehmen als in einem Großkonzern, auch wenn man solche Kunden nicht ausschließt.

Fünf der sechs Beteiligten haben eine Porsche-Vorgeschichte. Bemerkenswert ist zudem die Tatsache, dass ebenfalls fünf von sechs die 50 klar überschritten haben. Dass man gemeinsam agiere und alle Berater zugleich eigene Unternehmer seien, unterscheide Torqk von üblichen sogenannten Senior-Beratern, also Experten, die erst nach einer Berufslaufbahn ins Beratergeschäft einsteigen. Auf Wunsch bieten die Firmen der Beteiligten zusätzliche Leistungen jenseits des Beraterprogramms an. Damit will man sich auf einem Markt behaupten, wo man heute lieber vom digitalen Kulturbruch redet als von Erfahrung.

Näher an der Erfahrungswelt von Unternehmenschefs

Neben dem 58-jährigen Kommunikator Dau bringt der 55-jährige Thomas Ottmayer Expertise im Einkauf bei Porsche mit, der 56-jährige Andreas Brandt war bei Porsche im Vorstand und hat sich beim Maschinenbauer Voith mit Lieferketten beschäftigt, der 59-jährige Armin Müller war bei Porsche für Innovation und Fahrzeugkonzepte zuständig, der 56-jährige Bernd Kussmaul agiert als Zulieferer für die Autobranche. Mit dem Jüngsten im Team, dem 29-jährigen Deniz Herkert, den Dau einst als Praktikant bei Porsche kennenlernte, hat man digitale Kompetenz angedockt. Es sei schon ungewöhnlich, wenn man zu zweit aufkreuze, wo andere Beraterfirmen gleich im großen Pulk unterwegs seien, sagt Dau. Unternehmenschefs sei es aber oft lieber, ein Gegenüber aus ihrer eigenen Erfahrungswelt zu haben als einen Jungdynamiker.

Die bei Porsche kampferprobten Manager, die dort höhere Hierarchiestufen erreicht hatten, dürften allerdings ihren Preis haben. „Aber Geld ist für den Mittelstand oft gar nicht der Punkt“, sagt Thomas Ottmayer: „Kleine und mittlere Unternehmen haben Geld, aber sie wollen das nicht für 08/15-Themen ausgeben.“ Viele Beratungsfirmen entwickelten ihre Konzepte weitab von der Praxis. „Wir haben unsere Erfahrung mit Menschen und können einschätzen: Bekommen die das hin?“, sagt Armin Müller: „Und dann können sie ein Organigramm nicht mehr einfach so zeichnen.“

Macht vielleicht einmal Wiedeking selber mit?

Ein Start-up aus dem Silicon Valley, das eine App für die Parkplatzsuche entwickelt hat, ließ sich schon bei der Frage beraten, wie man für Autokonzerne interessant werden könne. „Wir haben ihnen beispielsweise geraten, sich nicht nur auf die Parkflächen entlang der Straßen zu konzentrieren, sondern unbedingt auch Parkhäuser einzubeziehen“, sagt Herkert.

Einen Hersteller von Wasserspendern aus Baden-Württemberg begleitete man bei der Umstellung auf die Massenproduktion: „Die mussten den Sprung weg von einer handwerklichen Fertigung schaffen“, sagt Andreas Brandt. Ein bisschen klingt das nach Porsche in den neunziger Jahren, wo man knallhart von einer Automanufaktur zum Volumenhersteller wurde. Die Frage schwebt im Raum, ob derimmer noch umtriebige, in Bietigheim-Bissingen lebende Wendelin Wiedekingeinmal mitmachen könnte. „Er weiß davon“, sagt Dau und lässt durchblicken, dass der Ex-Porsche-Chef etwa als Beirat willkommen wäre. „Aber vorher zeigen wir erst einmal, dass wir etwas auf die Beine stellen können.“

https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.porsches-neues-e-modell-viele-tesla-fahrer-interessieren-sich-fuer-taycan.c84cef6c-4461-4dc3-b1a2-69613825b472.html