Der Schlossberg im Jahr 2008 fotografiert, seither hat sich wenig geändert. Foto: factum/Archiv

Sein Vorvorgänger Alexander Vogelgsang war mit den Plänen im Gemeinderat und bei der Bevölkerung gescheitert. Nun versucht es Stefan Belz. Böblingen Oberbürgermeister will den Schlossberg bebauen. Die Frage ist: Lässt sich der Entwurf vom Jahr 2002 für eine andere Nutzung recyceln?

Böblingen - Recycling passt zwar zu einem grünen Oberbürgermeister. Trotzdem ist es ungewöhnlich, dass Stefan Belz alte Pläne für eine Bebauung des Schlossberg-Plateaus wieder auf die Tagesordnung des Gemeinderats bringt. Er will den Entwurf des Architektenbüros Barkow Leibinger für eine Umnutzung prüfen lassen. Denn statt einer Galerie, einer Kinderakademie und eines Bürgerhauses, wie von seinem Vorvorgänger Alexander Vogelgsang geplant, sollen, die Gebäude als provisorische Unterkunft für die stark sanierungsbedürftige Paul-Lechler-Schule dienen und danach als neues Domizil der Musik- und Kunstschule. „Der Schlossberg bleibt weit hinter seinen Möglichkeiten zurück“, findet Stefan Belz.

Siegerentwurf eines Architektenwettbewerbs

Der Entwurf, der im Jahr 2002 als Sieger aus einem Architekturwettbewerb hervorging, ist dem Oberbürgermeister offenbar zu schade für die Schublade. „Er hat nichts eingebüßt und überzeugt durch seine Qualität“, findet er 17 Jahre später. Durch den Neubau würde der Schlossberg wieder zu einem attraktiven Ort in der Altstadt und die „lückenhafte Silhouette der Stadt wird wieder hergestellt“; schwärmte Stefan Belz in der Ausschusssitzung des Gemeinderats. Das Architekturbüro habe auch ein großes Interesse an der Weiterbearbeitung seiner Pläne. Dass es dabei zum jetzigen Zeitpunkt nicht um deren Umsetzung gehe, sondern lediglich um „die Prüfung der Machbarkeit einer Musik- und Kunstschule“ in den Gebäuden, betonte er in der Sitzung. Der damals mit Kosten von 19 Millionen Euro taxierte Entwurf soll außerdem um einen Baukörper abgespeckt werden.

„Herzlichen Glückwunsch für die herausragend gute Idee“, lobte Jochen Reisch (SPD) das Recycling der Pläne. Auch Helmut Kurtz ließ sich überzeugen: „Ich war mal gegen die Schlossbergbebauung, aber man wird klüger“, sagte der FDPler, der schon zu Zeiten von Alexander Vogelgsang in dem Gremium saß. Der Bau einer elitären Galerie habe ihm nicht behagt, bei einer Einrichtung für die Jugend würde er anders entscheiden. „Eine Schule ist dem Allgemeinwohl dienlicher“, stimmte Friedrich Ruoff (CDU) zu.

Allerdings ist der neue Rathauschef in der Ausschusssitzung auch mit den gleichen Argumenten gegen das Projekt konfrontiert worden wie der ehemalige SPD-OB Alexander Vogelgsang. Dass auch die Musik- und Kunstschule größtenteils wie die Galerie leer stehe, kritisierte Willi-Reinhart Braumann (fraktionslos). Er brüstete sich in der Sitzung damit, das Projekt damals zum Kippen gebracht zu haben. Im Jahr 2005 wollte er einen Antrag auf einen Bürgerentscheid über die Schlossbergbebauung stellen, aber der damalige Rathauschef zog die Pläne vorher zurück. Der Grund dafür seien die hohen Kosten gewesen, erklärte er. Die Erreichbarkeit einer öffentlichen Einrichtung auf dem Schlossberg stellt Willi-Reinhart Braumann allerdings weiterhin in Frage.

Postareal ebenfalls als Standort im Gespräch

Möglicherweise kommen den Plänen für Böblingens schönsten Aussichtspunkt Vorschläge eines weiteren Ex-Oberbürgermeisters in die Quere: Wolfgang Lützner (CDU) hatte als neuen Standort für die Musik- und Kunstschule sowie für die Galerie das Gelände des Postareals am Bahnhof vorgeschlagen. Damit hatte nicht nur Bärbel Ferkinghoff-Wiese (Grüne) „geliebäugelt“, sondern auch ihre Fraktionskollegin Dorothea Bauer. „Am Bahnhof kommen alle an, dort oben ist es bei Weitem nicht so einfach“, sagte sie. Willi-Reinhart Braumann hält das Postgebäude ebenfalls für „viel geeigneter“. Rainer Kropf versuchte, den Stadträten noch die Zweifel zu nehmen. Leerstände gebe es in der Musik- und Kunstschule selten, sagte deren Leiter. Er erinnerte daran, dass der Unterricht derzeit auf drei Standorte in der Stadt verteilt sei. „Ich würde mich sehr freuen, wenn der Vorschlag vorangetrieben wird“, sagte er.