Was wäre der FC Bayern ohne seinen top-Torjäger? Foto: dpa

Der Rekordmeister kann einen Ausfall seines besten Stürmers nicht kompensieren.

München - Dieses Mal durfte Kwasi Okyere Wriedt (23) nicht ran. 90 Minuten lang saß der Deutsch-Ghanaer, den sie in München alle „Otschi“ nennen, am Samstagabend im Bundesliga-Spitzenspiel gegen RB Leipzig (2:0) auf der Bank. Wriedt ist ein Hamburger Jung, er kickte einst für den SC Concordia und den FC St. Pauli II, ehe er zum VfL Osnabrück wechselte, von wo er wiederum in diesem Sommer zum FC Bayern II in die Regionalliga kam. Wriedt fiel dem Trainer Jupp Heynckes auf, als die Nationalspieler kürzlich unterwegs waren und er im Training ein paar Jungs der zweiten Mannschaft einsetzte.

Dort hat Wriedt immerhin schon neun Tore geschossen in dieser Saison – und am Mittwochabend, bei diesem epischen DFB-Pokalduell bei RB Leipzig, durfte er erstmals für die Profis ran. Nach seiner Einwechslung setzte er in der Verlängerung einen Kopfball an die Unterkante der Latte. Hinterher wurde der Bayern-Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge im Bauch der Leipziger Arena zu Wriedt befragt.

Rummenigge kennt „Otschi“ nicht

Er selbst musste dann erst mal fragen, wer dieser „Otschi“ sei, über den er hier gerade sprechen soll.

Wriedt war auch am Samstag in der Münchner Arena ein Thema. Sein Name fiel immer wieder. Weil es immer wieder um Robert Lewandowski ging. Der Starstürmer musste gegen RB kurz vor der Pause raus. Verletzt! Ein größeres Drama kann es im Grunde gar nicht geben beim Rekordmeister. Denn Lewandowski ist der einzige echte Stoßstürmer im Kader, dazu noch einer von Weltklasseformat. Lewandowski verletzt? Dann können sie in München gefühlt gleich die Arena abreißen und den Spielbetrieb einstellen.

Auf seine Ballsicherheit, seine Torgefährlichkeit und Wucht ist das ganze Bayern-Spiel zugeschnitten. Wenn er ausfällt, klafft vorne eine Lücke, die so groß ist wie die Strecke von München nach Hamburg. Und ja, nur dieser bullige Wriedt ist dann eben noch da aus der Kategorie Stoßstürmer. Sonst keiner. Man muss sich das vor Augen halten: Der größte deutsche Club, der Serienmeister, der auch in der Champions League wieder ein Wort um den Titel mitreden will, der Club, der die allerhöchsten Ansprüche hat, hat in der ersten Angriffsreihe nur diesen einen Ersatzmann: Kwasi Okyere „Otschi“ Wriedt.

Gegen Leipzig probierte es der Trainer Jupp Heynckes am Samstag nach Lewandowskis Auswechslung wahlweise mit Thiago oder Arturo Vidal in vorderster Front. Mit Spielern also, die vom Typus Stoßstürmer so weit entfernt sind wie Arjen Robben von der Innenverteidigerposition. Immerhin, Lewandowski gab am Sonntag Entwarnung. „Ich wollte kein Risiko eingehen. Es war wie ein Krampf, aber nicht so schlimm“, sagte er über seine Oberschenkelblessur. Den Einsatz an diesem Dienstag in der Champions League bei Celtic Glasgow (20.45 Uhr) sieht Lewandowski nicht gefährdet: „Für mich ist Glasgow genauso wichtig wie das anschließende Spiel am Samstag bei Borussia Dortmund.“

Lewandowski wirbt um Ersatz für sich selbst

Kollektives Aufatmen herrschte an der Säbener Straße – was aber nichts an der grundsätzlichen Münchner Sturmproblematik ändert. Lewandowski selbst wirbt mittlerweile sogar für Ersatz – Ersatz für sich selbst. „In dieser Saison ist es wirklich schwer für mich“, sagt der polnische Torjäger: „Ich spiele derzeit bei Bayern und in der Nationalmannschaft alle drei Tage von Anfang an. Kein Spieler kann aber in einer Saison in jedem Spiel 90 Minuten spielen.“

Der Sportdirektor Hasan Salihamidzic sagte daraufhin, dass sich der Club auf dem Transfermarkt auf jeden Fall umschaue, während der Trainer die Ursache für Lewandowskis Verletzung zu kennen glaubte: „Das hat mit der Belastung der letzten Wochen zu tun“, sagte Heynckes: „Robert hat permanent gespielt, muss sich immer mit zwei bis drei Gegenspielern rumschlagen. Irgendwann zwickt dann der Muskel.“

Die Debatten um Lewandowski werden die Bayern durch die Saison begleiten. Die Angst vor seinem Ausfall ist fast zu greifen. Mit Schaudern erinnern sie sich in München an das Hinspiel im Champions-League-Viertelfinale gegen Real Madrid im Frühjahr. Lewandowski war vorher in Topform, dann verletzte er sich an der Schulter. Thomas Müller versuchte sich in vorderster Front – und zerschellte an der spanischen Mauer um Sergio Ramos. Lewandowski wurde schmerzlichst vermisst. Weshalb es umso mehr überraschte, dass die Bayern bei der Kaderplanung vor dieser Saison bewusst auf einen Ersatzmann für den Polen verzichtet hatten.

Kwasi Okyere Wriedt übrigens könnte am Dienstag in Glasgow nicht weiterhelfen. Der FC Bayern hat ihn nicht für die Champions League gemeldet. Wriedt ist daher nicht spielberechtigt.