Im Gebiet Korntal-West sollen einmal rund 800 Menschen leben. Die große Frage lautet: Wann? Foto: factum/Weise

Die Arbeiten in Korntal-Münchingens neuem Baugebiet sollten längst begonnen haben. Stattdessen gibt es noch immer keinen Termin dafür. Schuld daran ist ein Bauunternehmen. Kein Einzelfall im Kreis Ludwigsburg.

Kreis Ludwigsburg - Die Ziele für das Baugebiet Korntal-West sind klar: Rund 800 Menschen leben einmal verteilt in 400 Wohneinheiten auf der elf Hektar großen Fläche. Günstigen Wohnraum soll es in dem Gebiet knapp 700 Meter westlich der Korntaler Stadtmitte auch geben. Die Erschließung des Areals, das noch Ackerland ist, hätte schon vor Jahren beginnen sollen, zuletzt war die Rede von diesem Frühjahr. Doch die Umlegung der Flächen stockt, weil sich ein Grundstückseigentümer quer stellt. Und ohne Umlegung keine Erschließung.

Beim Umlegungsverfahren, bei dem Grundstücke neu geordnet werden, damit sie sich für die Bebauung eignen, versuche ein Beteiligter „Sonderbedingungen zu erwirken“, die die Stadt nicht erfüllen werde, sagt Korntal-Münchingens Bürgermeister Joachim Wolf (parteilos). „Der Bebauungsplan liegt in der Schublade und zur Auslegung bereit. Umso frustrierender ist es, dass ein Einzelner dieses wichtige Projekt blockiert, um seinen Gewinn zu maximieren“, sagt Wolf. Der Eigentümer fordere sowohl Nachbesserungen bei den Umlegungsbedingungen als auch beim städtebaulichen Entwurf. Auf diesem fußt der Bebauungsplan.

Nach Informationen unserer Zeitung handelt es sich um das Wohnbauunternehmen Layher aus Besigheim. Es kaufte sich in Korntal-West ein, indem es Eigentümern Höchstpreise für ihre Flächen bot – eine Strategie zahlreicher Bauunternehmen. Als Eigentümer müssen sie dann mit dem Umlegungsverfahren einverstanden sein. Doch Streits mit den Kommunen und teils jahrelange Verzögerungen bei den Baugebieten sind dabei programmiert.

Es stockt auf mehreren hundert Hekar Bauland

„Die mangelnde Kooperationsbereitschaft der Grundstückseigentümer ist eines der großen Probleme bei der Entwicklung von Bauland“, sagt Thomas Kiwitt. Er ist der Chefplaner des Verbands Region Stuttgart (VRS), der Flächen für Wohnungsbau ausweist und die Bebauungspläne der Kommunen absegnet. Laut Kiwitt stockt in der Region die Entwicklung mehrerer hundert Hektar Bauland. Bei den Bauunternehmen gehe es immer ums Geld. „Die großen Immobilienentwickler wollen das Maximum rausholen und haben eine eigene Agenda, die sich nicht immer mit den Vorstellungen der Kommunen deckt“, sagt Kiwitt und betont: „Das ist aus regionalplanerischer Sicht weder verwerflich noch böse, zumal der Markt so funktioniert.“ Allerdings könne es Kommunen in eine Zwangslage bringen.

„Viele Städte und Gemeinden planen mit einer geringeren Dichte“, weiß Kiwitt. Dagegen wollten die Bauträger möglichst viel, hoch und kompakt bauen – vorteilhaft aus Sicht des VRS: „Dichteres Bauen nutzt die knappen Flächen optimal aus und passt zum Bedarf der Menschen, die zunehmend allein in kleinen Wohnungen leben“, sagt Kiwitt. Daher gibt der Verband bei der Bebauung eine Mindestdichte vor und motiviert Kommunen insgesamt für verdichtetes Bauen, also Geschosswohnungsbau.

Die Folgen bekommen die Kommunen zu spüren. „Die Ansage, dichter zu bauen, hat Layhers Zielen im Neubaugebiet Hälde in die Karten gespielt“, erinnert sich der Hemminger Bürgermeister Thomas Schäfer (CDU). Allerdings habe Layher schon zuvor seine Position als Umlegungsbeteiligter ausgenutzt, um seine Ziele zu erreichen. „Es wurde um viele Kleinigkeiten gerungen, etwa um die maximale Ausnutzung der Grundflächenzahl“, sagt Schäfer. So habe es letztlich neun Jahre gedauert, bis in der Hälde die Bagger anrollen konnten.

Auch günstiger Wohnraum schwer umzusetzen

Marbach indes ringt mit Unternehmen wie Layher um den Bau von bezahlbarem Wohnraum im Gebiet Kreuzäcker. „Wir verhandeln mit allen Bauträgern, die an der Umlegung beteiligt sind“, sagt der Erste Beigeordnete Gerhard Heim. Bis zum Jahresende will die Stadt den ersten Bauabschnitt umgelegt haben. Gelingt dies nicht, werde das Baugebiet „ad acta gelegt“.

Soweit kommt es aber selten. „Bei den Bauträgern geht es ums Austarieren. Das sind Geschäftsleute, die ihre Flächen vermarkten wollen“, sagt der Chefplaner Kiwitt. Gleichwohl könnten sich die Verhandlungen ziehen. Grundsätzlich aber schaffe die Gemeinde Baurecht. „Und das lässt sich weder erpressen noch einklagen.“

Korntal-Münchingen hält an Korntal-West fest. Ihre Handlungsmöglichkeiten kennt die Stadt. „Es ist aber zu früh, eine Option zu priorisieren“, findet der Bürgermeister, zumal alle Beteiligten Interesse daran hätten, dass das Baugebiet realisiert wird. Würde man sich jetzt einigen, könnte die Erschließung im Frühjahr 2019 starten, die ersten Häuser könnten 2021 entstehen.

Eine ausführliche Stellungnahme verweigert Layher unserer Zeitung. Auf Anfrage heißt es lediglich: Layher pflege ein gutes Verhältnis zu Gemeinden und Kommunen. „Dabei setzen wir auf konstruktive Lösungen und partnerschaftliche, vertrauensvolle Zusammenarbeit.“

Kommunen wehren sich gegen Bauträger

Aufkaufverfahren Im Jahr 2007 haben sich sieben Kreiskommunen (Ludwigsburg, Markgröningen, Sachsenheim, Ingersheim, Möglingen, Steinheim und Remseck) zusammengetan und beschlossen: Baugebiete werden nur noch dann beplant, wenn alle benötigten Grundstücke im Eigentum der Kommune sind. Remseck praktiziert das Verfahren seit den 1980er Jahren und galt als Vorbild für die Initiative. „Der Gemeinderat kann seine Planungshoheit ohne Berücksichtigung von Eigentümerinteressen ausüben“, begründet Thomas Hugger, der Leiter des Fachbereichs Liegenschaften in Ludwigsburg, die Entscheidung. Der in der Barockstadt 2013 erneuerte Beschluss soll vermeiden, dass Bauträger sich übertrumpfen mit den Kaufpreisen, die sie Grundstückseigentümern machen. Thomas Hugger: „Ohne das Instrument wäre es unmöglich, noch einigermaßen bezahlbaren Wohnraum zu erzielen.“

Herausforderung Beim Aufkaufverfahren muss eine Kommune alle Eigentümer überzeugen, an sie zu verkaufen. Ein hehres Ziel, zumal die Bauträger oft mehr Geld für Grundstücke zahlen. Zudem kommen Kommunen immer schwerer an Bauland heran, da die Bauträger alles daran setzen, schneller zu sein.