Seit vielen Jahren immer wieder einmal als Baugebiet in der Diskussion: das Birkacher Feld (Bildmitte und links). Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Sollte das Birkacher Feld zum Großbaugebiet werden? Bevor man diese Frage beantwortet, soll nun doch erst einmal der Wohnungsbedarf gründlicher bestimmt werden. Letzteres fordern immer mehr Stimmen. Auch der Hausbesitzerverein meldet sich zu Wort.

Stuttgart - Die Landeshauptstadt soll ihre Wohnungsbaupolitik auf eine solidere Basis stellen und zunächst genau den Wohnungsbedarf ermitteln. Dafür haben sich jetzt mehrere Rathausfraktionen sowie der Haus- und Grundbesitzerverein ausgesprochen. Sie empfahlen dies gerade auch zum Amtsantritt von OB Frank Nopper (CDU) – und vor dem Hintergrund eines Rückgangs der Einwohnerzahl im vergangenen Jahr.

Der wird besonders vom Verein Haus und Grund überaus wichtig genommen, obwohl Einwohnerrückgänge früher oft von kurzer Dauer waren und diesmal die Spezialursache Coronapandemie Menschen vom Umzug nach Stuttgart abgehalten haben dürfte.

Statt ideologischem Aktionismus sei nun gründliche Analyse nötig, urteilte der Verein jedoch. Der „unerwartet starke und nicht vorhersehbare Einbruch“ der Bevölkerungszahl erfordere ein Überdenken bisheriger Ziele. Man müsse mit unterschiedlichen Einwohnerprognosen rechnen: mit weiterem Rückgang, mit Stagnation und mit Zunahme der Zahl. Wegen der bisher unzureichenden Politik von OB Fritz Kuhn (Grüne) und der öko-sozialen Ratsmehrheit gebe es dennoch einen Nachholbedarf in der Wohnraumversorgung, erklärten der Vereinschef Klaus Lang und der Geschäftsführer Ulrich Wecker, wenngleich der Verlust von 6339 Einwohnern den Bedarf an zusätzlichen Wohnungen um rund 3000 Einheiten senke. Man brauche nun eine solide Bedarfsprognose, ehe man über mögliche Bauprojekte entscheiden wolle oder dirigistische Maßnahmen wie Milieuschutzsatzungen oder rigide Leerstandsverfolgung fordere. Der Verein riet Nopper auch, ein neues Bündnis für Wohnen zu etablieren, das von allen Beteiligten wirklich ernst genommen werde. Darin sollten auch die Region und die Wirtschaftsförderung vertreten sein.

Haus und Grund will besseres Bündnis für Wohnen

Die CDU beantragte mit Stadträten der SPD, der FDP, der Freien Wähler und der Fraktionsgemeinschaft Puls eine Wohnungsbedarf-Analyse, die Ende Mai vorliegt. Damit solle die Verwaltung den Wohnungsbedarf in den nächsten 20 Jahren aufzeigen und auch Aussagen über das notwendige Wohnungsgemenge und mögliche Auswirkungen der Coronapandemie machen. Wenn man den tatsächlichen aktuellen Bedarf kenne, könne man besser beurteilen, ob die Wohnungsbaupotenziale in der Zeitstufenliste für die nächsten Jahre zu gering oder doch ausreichend seien, sagt CDU-Fraktionschef Alexander Kotz. Mitunterschrieben hat SPD-Fraktionschef Martin Körner, der sich kurz zuvor wieder für einen Bürgerentscheid über das Birkacher Feld ausgesprochen hatte. Die Grünen erteilten so einem Großprojekt im Außenbereichund einem Bürgerentscheid eine Absage: „Im Hinblick auf die Klimaanpassung und vor dem Hintergrund sinkender Einwohnerzahlen seit knapp anderthalb Jahren sollten Zeit und Kraft nicht in langwierige Flächenplanänderungen landwirtschaftlicher Flächen gesteckt werden, die anderweitige wichtige Funktionen haben.“ Das erklärten sie nach einem Bericht unserer Zeitung über ein etwaiges Bauprojekt Birkacher Feld.

Grüne raten Nopper zu einer Bestandsaufnahme

In der Wohnungspolitik sei die Schlagzahl auch mit der Innenentwicklung schon hoch, so die Grünen. OB Nopper sei gut beraten, sich Zeit für eine gründliche Bestandsaufnahme zu nehmen und zu prüfen, welche Prozesse beschleunigt werden könnten.

Die Grünen kritisierten Thomas Kiwitt vom Verband Region Stuttgart. Dieser hatte unserer Zeitung gesagt, die Problemlösung für Stuttgart sei schwierig, es wäre aber fatal, wenn die Stadt das Signal versenden würde, dass Stuttgart eigentlich schon komplett gebaut sei. So ein Signal, meinen dagegen die Grünen, habe es nicht gegeben.