In dem Kampagnenfilm der Modemarke GCDS kocht Sophia Loren für ihre Freunde. Foto: Screenshot/Youtube

Der Nudelgigant Barilla hat eine limitierte Edition herausgebracht: In manchem Supermarkt ist die Nudelverpackung pink und nicht mehr blau. Von einem Video mit Sophia Loren und einigen Drag-Queens, in dem die pinke Pasta angepriesen wird, distanziert sich das erzkonservative Familienunternehmen allerdings vehement.

Rom/Mailand - Nichts bleibt verschont: Selbst die Nudel ist in diesen Tagen politisch. Den italienischen Pasta-Hersteller „Barilla“ hat man bislang immer mit einer tiefblauen Verpackung assoziiert – und mit erzkonservativen Ansichten. Seit Anfang Oktober liegen nun aber in den „Esselunga“-Supermärkten Norditaliens Nudelpackungen des Familienunternehmens in Schock-Pink in den Regalen. Die guten alten Spaghetti No. 5 haben ein neues Gewand bekommen. Damit nicht genug. In einem Werbespot kocht keine geringere als Schauspiel-Ikone Sophia Loren Pasta für ihre Freunde. Am Ende des fast zweieinhalbminütigen Filmchens ruft die Loren „è pronto“, es ist angerichtet, knallt eine Schüssel Pasta auf den Tisch und die Tafelrunde, darunter etliche Drag-Queens im Outfit der 1950er Jahre, applaudiert begeistert.

Pink? Drag-Queens? Diversität? Bedeutet der neue Anstrich der Nudelpackung etwa auch einen Mentalitätswandel beim Pasta-Hersteller? Schließlich hatte der Chef der Firma, Guido Barilla, 2013 noch klargemacht, dass schwule Paare niemals in seiner Werbung vorkommen würden. Das sagte er in einem Interview mit dem italienischen Radiosender „Radio24“. „Wir unterstützen die traditionelle Familie. Wenn Homosexuellen das nicht gefällt, können sie gern die Nudeln eines anderen Herstellers essen.“ Ein internationaler Shitstorm samt Boykottaufruf war die Folge.

In der Ursprungsidee stand die Tradition im Vordergrund

Barilla entschuldigte sich, blieb dabei aber seinen konservativen Prinzipien treu. Es gehe nicht darum, dass er Homosexuelle nicht respektiere, wurde erklärt. Die Barilla-Werbung ziele aber nun einmal auf die traditionelle Familie, so der Nudel-Chef, der das von seinem Urgroßvater 1877 gegründete Familienunternehmen heute leitet. Barilla wolle die zentrale Rolle der Frau in der Familie betonen.

Wie passt das mit der aktuellen Kampagne zusammen? Die Erklärung: Gar nicht. Die pinke Nudelverpackung ist das Ergebnis einer Kooperation zwischen Barilla und dem jungen Modedesigner Giuliano Calza von der Marke GCDS. Die man sich im Hause Barilla, man kann nur mutmaßen, anders vorgestellt haben dürfte.

Der Werbefilm mit Sophia Loren geht gerade viral. Doch auf der Internetseite des Pasta-Herstellers findet man ihn nicht – auch keine pinke Nudelverpackung wird hier angepriesen, die Kampagne eher ausgesessen, so scheint es. Auf Nachfrage stellt ein Sprecher des Unternehmens vehement klar: „Der Film mit Sophia Loren: Das ist kein Werbespot von Barilla!“ Das Video sei eine Kampagne von GCDS, der Nudelkonzern habe damit nichts zu tun. Die Kooperation, ja, die gebe es. „Essen und Mode haben doch vieles gemeinsam – zum Beispiel stehen beide für die Exzellenz des Made-in-Italy“, so der Sprecher über die Ursprungsidee der Zusammenarbeit.

Eine ungewöhnliche Kooperation ungleicher Partner

Das Pink sei die typische Farbe der Kollektion von GCDS, in der aktuell – dank der Kooperation – Kapuzenpullover und Strickmützen mit dem Barilla-Logo verkauft werden. Für 250, respektive 150 Euro. Damit endete für Barilla wohl die Kooperation. Dass das Modelabel nun diesen Film herausgebracht hat, damit habe man, das wird noch einmal wiederholt, nichts zu tun. Da hat sich der Nudelgigant wohl schlicht im Partner geirrt, das soll ja in den besten Familien vorkommen.

Das 2015 in Mailand gegründete Modelabel GCDS setzt von Anfang an auf Diversität und Toleranz. Bei den Modeschauen der Brüder Giuliano und Giordano Calza sieht man schon mal Frauen mit einer dritten Brust. Die Mode der beiden ist prinzipiell geschlechtsneutral. In einem Interview mit der Modezeitschrift „Vogue“ sagte Kreativdirektor Giuliano Calza, er dachte, als Barilla ihn anfragte, das sei ein Scherz. Doch da er Pasta liebe, habe er eben zugesagt. Dann fügt er noch seine Sicht der Welt hinzu: „Heute ist die Familie nicht nur die, in die du geboren wurdest. Es ist die, die du wählst, mit der du wächst, mit der du deine Erfahrungen machst.“ Er wolle die ungewöhnliche Pasta in pink in die Mitte eines Tisches stellen, um alle aufzufordern, außerhalb ihres Schemas zu denken.

Die pinke Verpackung ist eine limitierte Edition, heißt es bei Barilla noch, es werde sie nur noch wenige Tage geben. Dann ist wieder alles beim Alten. Zumindest sind die Nudeln dann wieder blau.