Die Kreissparkasse in Leinfelden war am 2. August überfallen worden Foto: Archiv Norbert J. Leven

Ein 36-Jähriger muss sich wegen eines Raubüberfalls auf die Kreissparkasse in Leinfelden verantworten.

Leinfelden - So recht hat der 36-jährige Mann auf der Anklagebank selbst nicht daran geglaubt, dass die Sache gut ausgehen werde. „Ich treffe immer nur Fehlentscheidungen“, klagte der türkischstämmige Bauarbeiter am Dienstag vor Gericht. Eine gehörige Portion Unverstand muss auch am 2. August 2011 im Spiel gewesen sein: An diesem Dienstagmorgen marschierte der Mann in die Leinfeldener Filiale der Kreissparkasse, fuchtelte dort vor drei Kundinnen und den Angestellten mit einer Schreckschusspistole herum und verlangte in harschem Ton „Geld her!“ Keine halbe Stunde später stellten Polizisten die Beute von 60 940 Euro samt der Tatwaffe sicher: Der Räuber war mit der S-Bahn geflüchtet und konnte an der Haltestelle Schwabstraße festgenommen werden.

„Wieso ich das gemacht hab’, weiß ich nicht“, sagte er nun zum Vorwurf der Anklage, die von erpresserischem Menschenraub in Tateinheit mit schwerer räuberischer Erpressung ausgeht. Seine Situation zur Tatzeit schilderte der gebürtige Istanbuler als eine lähmende Mischung aus finanziellen und psychischen Schwierigkeiten. Wenige Tage vor dem 2. August war er aus einer Klinik entlassen worden, wo er wegen Suchtproblemen und einem möglichen Selbsttötungsversuch behandelt worden war. Er habe schon früher mehrfach probiert, sich das Leben zu nehmen, berichtete er. Nun hätten sich auch noch die Schulden aus Unterhaltsrückständen für seine beiden Töchter auf 25 000 bis 30 000 Euro summiert.

Chronische Geldnot

„Obwohl ich immer auf dem Bau gearbeitet habe, zum Teil in mehreren Jobs gleichzeitig, bin ich nicht über die Runden gekommen“, stellte der Vorarbeiter fest. Die Gründe für die chronische Geldnot wollten den Richtern der 16. Großen Strafkammer allerdings nicht so recht einleuchten: Taschengeld und Einkaufszuschuss für die Kinder samt üppiger Ausgaben im Fastfood-Restaurant vermochten die Dauerebbe nicht hinreichend zu erklären. Doch der Angeklagte blieb dabei: Nur der regelmäßige Vorschuss seines Arbeitgebers habe ihn über Wasser gehalten. „Dabei bin ich kein Bettler, ich nehme von niemandem was“, betonte er. „Nur die Bank, die war was anderes.“

Den Überfall dort will der Mann kaum geplant haben, wenngleich er zugibt, am Tag zuvor die Schreckschusswaffe bei einem Kollegen geholt zu haben mit dem vagen Gedanken: „Morgen mach ich’s.“ Die Sturmhaube, die ebenfalls zum Einsatz kam, habe er sich schon früher als Arbeits- und Ohrenschutz gekauft. Am Morgen des 2. August, dem Tag seines 36. Geburtstages, rauchte der Mann erst Haschisch, trank dann im nahen Supermarkt einen Kaffee, bevor er gegen 10 Uhr die Bankfiliale ansteuerte. Eine Frau wollte den Vorraum eben verlassen, wurde aber wie zwei weitere Kundinnen vom Angeklagten mit den Worten „Alle rein!“ zurückgedrängt. Dass die Waffe kein Magazin hatte, war nicht zu erkennen. Deshalb wanderten am Bankschalter die Geldscheine sofort in die gelbe Plastiktüte des Mannes. Er habe selbst Angst gehabt und nicht gedacht, dass er heil herauskomme, behauptete der 36-Jährige vor Gericht. Die Filiale habe er zuvor noch nie betreten und nur deswegen ausgewählt, weil er nach seiner Klinikentlassung bei einem Leinfeldener Kollegen untergekommen war.

Kein Schwarzfahrer

In der S-Bahn Richtung Stuttgart überlegte der Bankräuber noch, ob er besser wieder aussteigen solle, blieb aber doch sitzen, bis um 10.37 Uhr die Bahn gestoppt und der Mann abgeführt wurde. Immerhin befand sich ein gültiges Ticket in seiner Tasche: Das hatte er vorsorglich noch vor dem Überfall gelöst.

Der Prozess wird am 6. Februar um 9.15 Uhr mit Zeugenvernehmungen fortgesetzt.