Die Hochhäuser der Banken in Frankfurt am Main. Foto: dpa

Wer soll künftig bei Bankenpleiten zahlen? Nicht mehr der Steuerzahler, lautet die Antwort der Europäer. Die EU-Kassenhüter einigen sich auf ein kompliziertes System zur Lastenteilung. Noch-Finanzminister Schäuble setzt deutsche Forderungen durch.

Wer soll künftig bei Bankenpleiten zahlen? Nicht mehr der Steuerzahler, lautet die Antwort der Europäer. Die EU-Kassenhüter einigen sich auf ein kompliziertes System zur Lastenteilung. Noch-Finanzminister Schäuble setzt deutsche Forderungen durch.

Brüssel - Die EU-Finanzminister verständigten sich in Brüssel auf Eckpunkte eines gemeinsamen Regelwerks zur Schließung von Pleitebanken. Damit kommt Europa nach Jahren der Krise dem Ziel eines wetterfesten Finanzmarktes deutlich näher. Deutschland setzte in 14-stündigen Marathonverhandlungen zwar zentrale Forderungen durch, machte jedoch auch Zugeständnisse.

Der amtierende Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble nannte die Kompromisslinien "einen großen Schritt". Künftig sollten für Bankenkrisen nicht mehr die Steuerzahler, sondern Aktionäre und Gläubiger die Kosten tragen. In der Finanzkrise hatten die EU-Länder insgesamt rund 1,6 Billionen Euro in ihre maroden Geldhäuser gepumpt.

Der komplizierte Text zur Bankenabwicklung soll nach juristischer Feinarbeit bei einem Sondertreffen der Kassenhüter am Mittwoch kommender Woche besiegelt werden. Am Donnerstag darauf beginnt dann der EU-Gipfel, der die Vollendung der Bankenunion feiern will.

Das neue System zur Bankenabwicklung soll von 2016 an kommen - und damit ein Jahr später als zunächst geplant. Es ergänzt die bereits vereinbarte europäische Bankenaufsicht, die im November 2014 als erster Pfeiler der Bankenunion starten wird. 2016 soll auch ein separates EU-Gesetz zur "Hackordnung" bei Bankenschieflagen in Kraft treten. In der Pflicht sind dabei vor allem Aktionäre und Gläubiger.

Gemeinsamer EU-Abwicklungsfonds

Besonders umstritten in den Verhandlungen war ein gemeinsamer EU-Abwicklungsfonds, der nun stufenweise aufgebaut wird. Er soll sich zunächst aus bestehenden Krisentöpfen von Mitgliedstaaten zusammensetzen. Diese bleiben zunächst als solche erkennbar und den Staaten zugeordnet.

Innerhalb von zehn Jahren soll der Fonds dann zu einem gesamteuropäischen Instrument ausgebaut werden, in dem nationale Abschottungen fallen. Angepeilt ist ein Umfang von bis zu 55 Milliarden Euro. Spekuliert wird, dass Deutschland davon 10 Milliarden beisteuert.

Deutschland fuhr insbesondere beim Fonds eine harte Linie, um eine übermäßige Inanspruchnahme deutscher Banken zu verhindern. "Deutschland befürchtet, für die Schulden anderer Länder aufkommen zu müssen", kommentierte der italienische Ressortchef Fabrizio Saccomanni.

EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier konnte gegen Berliner Widerstand durchsetzen, dass alle Banken unter das Abwicklungssystem fallen, allerdings in abgestufter Weise. Die Letztentscheidung für die Schließung eines Geldhauses wird zwar formal der EU-Ministerrat treffen - das hatte Schäuble gefordert. In der Regel haben aber die EU-Kommission und ein neues Abwicklungsgremium mit Vertretern nationaler Aufseher das Sagen. "Das ist zu kompliziert", kritisierte der Franzose Barnier die Beschlussregeln. Er erinnerte daran, dass die Europaparlamentarier dem fertigen Kompromiss noch zustimmen müssen.

Auch bei der lange umstrittenen rechtlichen Basis gab es erhebliche Fortschritte. Grundlage ist die Artikel 114 im EU-Vertrag - ergänzt um eine zwischenstaatliche Vereinbarung für den Abwicklungsfonds.

Kritik von der Opposition aus Grünen und der Linken

Für die deutsche Kreditwirtschaft sind neue Belastungen durch den europäischen Abwicklungsfonds möglich. Dessen Finanzierung wird sich laut Bundesfinanzministerium bei der schon bisher von deutschen Instituten abgeführten Bankenabgabe niederschlagen. Es sei davon auszugehen, dass sich die Bankenabgabe ändern werde, sagte eine Ministeriumssprecherin. Wie genau, sei offen.

Während der Bundesverband deutscher Banken die EU-Kompromisslinien begrüßte, kam heftige Kritik von der Opposition aus Grünen und der Linken. Die deutschen Sparkassen wehren sich. Sie wollen nicht zum Mitfinanzierer für einen europäischen Banken-Abwicklungsfonds werden, wie der Präsident des Sparkassen- und Giroverbandes, Georg Fahrenschon, kritisierte.

Deutsche Banken zahlen bereits seit drei Jahren in einen nationalen Krisenfonds zur Abwicklung angeschlagener Geldhäuser - 2013 rund 520,1 Millionen Euro, im Vorjahr belief sich die Bankenabgabe auf 692,4 Millionen Euro. Im dritten Jahr der Abgabe befinden sich erst rund 1,8 Milliarden Euro in dem Fonds. Angepeilt werden mittelfristig 70 Milliarden Euro.