Michael Huppert, Hans R. Zeisl und Andreas Haas (v. li.) sind sich einig. Foto: Hans-Dieter Wolz

Die Vorstandsmitglieder der Kerner Volksbank und der Volksbank Stuttgart sind sich über den Verschmelzungsvertrag einig. In Kürze stimmen die Vertreter in getrennten Sitzungen darüber ab. Die kostenlose Kontoführung ist weiterhin möglich.

Stuttgart/Kernen - Es ist schon eine gewisse Ironie: Am gleichen Tag, Dienstag, den 18. April, befragen die Kerner Volksbank ebenso wie die Fellbacher Bank im Bürgerhaus und in der Schwabenlandhalle ihre Vertreterversammlungen fast zeitgleich, ob die Institute fusionieren dürfen, aber nicht miteinander: Die Kernener haben sich die Volksbank Stuttgart für die große Bankenhochzeit ausgesucht, die Fellbacher die Untertürkheimer Volksbank. Ein zuerst anvisierter flotter Dreier scheiterte schon nach dem ersten Date: „Ein Zusammenschluss zu dritt hätte Kompromisse erfordert, die nicht zugunsten der Kunden gewesen wären“, sagt das Kernener Vorstandsmitglied Andreas Haas.

Näher will sich der Banker nicht äußern: „Es besteht zu unseren Kollegen weiterhin ein freundschaftliches Verhältnis, wir wünschen ihnen alles Gute.“ In den Vertragsverhandlungen mit der Volksbank Stuttgart haben die Kernener für ihre Kunden immerhin eine Regelung mit Symbolcharakter und Kostenvorteil fortgeschrieben, die es in Fellbach nicht gibt: Bestehende Konten mit gebührenfreier Führung werden noch mindestens fünf Jahre so weiterlaufen. Es dürfte kein großes Ringen gewesen sein, den Stuttgartern dieses Zugeständnis abzuringen. „Auch die Volksbank hat ein kostenloses Konto für Mitglieder, das Bankierskonto“, sagt der Vorstandsvorsitzende der Volksbank Stuttgart,Hans Rudolf Zeisl.

„Wir sind alles Leute, die genossenschaftlich denken“

Tatsächlich war der Schritt nach Stuttgart für die Kernener Vorstandsmitglieder Andreas Haas und Michael Huppert genauso naheliegend, wie es die Partnerwahl in der Nachbarschaft gewesen wäre: „Es gab immer wieder Überschneidungen“, sagt Haas, und Zeisl bekennt: „Wir sind seit acht Jahren im Gespräch und wissen, dass wir miteinander können. Wir sind alle Leute, die genossenschaftlich denken.“

Von Zeisl ist, wie es heißt, sogar der erste Schritt in Richtung einer potenziellen Fusion gekommen. Der Beobachter mag daraus schließen, dass die traditionell mit geringen Kosten bei guten Erträgen geführte Kerner Volksbank eine schmucke Braut darstellt und die versprochene Fusion bei beiderseitiger Zuneigung auf Augenhöhe geschieht – trotz der unterschiedlichen Größe: Die Kerner Volksbank hat zwei Bankstellen und etwa 75 Mitarbeiter für 16 000 Kunden , die Stuttgarter haben über 90 Filialen und 1044 Angestellte bei 270 000 Privat- und Firmenkunden.

Kunden müssen sich eine neue IBAN merken

Bankenzusammenschlüsse haben für Kunden häufig Nachteile: Die IBAN für den Zahlungsverkehr, in der die Kontonummer und die Bankleitzahl zusammen mit Prüfziffern erscheinen, wird sich für sie ändern, weil das Institut hinterher nur eine Bankleitzahl und einen Bank-Identifikations-Code BIC haben soll. Dies wird sich indes kaum auswirken, glaubt Vorstandsmitglied Michael Huppert, weil die Kunden ohnehin ihren Zahlungsverkehr übers Internet abwickeln: „Das Kundenverhalten hat sich geändert. Im Giroverkehr läuft mehr als die Hälfte der Vorgänge bereits online.“ Hilfe kommt von der Bank selbst. Andreas Haas sagt: „Die Kundenberater nehmen unsere Kontoinhaber bei der Umstellung an die Hand, schreiben auch Lastschriftempfänger an.“ Der fusionserprobte Hans Rudolf Zeisl ergänzt: „Die Kontonummern umzustellen, war nie das große Problem.“

Bisher selbstständige Bank wird Regionaldirektion

Was die Kunden weitaus mehr betrifft: „Das Gesicht der Volksbank“ bleibt erhalten, sagt Michael Huppert. „Die Ansprechpartner vor Ort werden auch nächstes Jahr noch da sein. Die Kundennähe wird aufrechterhalten.“ Auch die Entscheidungskompetenz bleibt vor Ort. Angesiedelt ist diese in der Volksbank Stuttgart in Regionaldirektionen: „Der Sitz der achten Regionaldirektion Kernen-Fellbach wird hier in Kernen sein“, kündigt Andreas Haas an. Haas und Huppert sind als Regionaldirektoren vorgesehen. „Wir dürfen die Nähe zum Kunden nicht verlieren“, begründet Zeisl diese Personalpolitik. „Beide Regionaldirektoren können, nicht anders als bisher als Vorstandsmitglieder, die Entscheidungen über Kundenanliegen fällen.“

„Das hat auch Vorteile für die Fellbacher Mitglieder der Volksbank“, betont Hans R. Zeisl. Sie profitieren davon, in einer größeren Einheit mit mehr spezieller Kompetenz bedient zu werden. Die Fellbacher Filialen der Volksbank Stuttgart und die Kerner Volksbank zusammen „sind für sich schon eine mittelgroße Genossenschaftsbank.“ Weitere Vorteile ergeben sich durch das größere Geschäftsgebiet: „Die Kunden, die in Stuttgart oder anderswo auswärts arbeiten, können künftig in der Mittagszeit in 90 Filialen ihre Geldgeschäfte erledigen“, sagt Hans Rudolf Zeisl.

Daher zeichnet sich laut Andreas Haas ab, dass trotz Rationalisierungseffekten in den Abteilungen ohne Kundenkontakt in Zukunft eher mehr Bankkaufleute in Kernen tätig sein werden als vorher. Seit die Zahnarztpraxis aus dem Rommelshauser Bankgebäude ins Römer Carré umgezogen ist, werden die Räume umgebaut, um Platz für weitere Arbeitsplätze zu schaffen. Fusionsbedingte Filialschließungen wird es nicht geben: Die Volksbank Stuttgart betreibt in Kernen seit Jahren nur noch einen Geldautomaten und berät Kunden nach Terminvereinbarung.

Beschäftigungsgarantie für die Mitarbeiter

Breite Unterstützung haben die Fusionspläne laut Vorstandsmitglied Haas in der Mitarbeiterschaft: „Eine Beschäftigungsgarantie ist ausgehandelt.“ Und Michael Huppert ergänzt: „Mitarbeiter mit Karrierezielen finden in der Volksbank Stuttgart bessere Aufstiegsmöglichkeiten.“ Diese bieten sich vor allem in der Fortbildung für Positionen mit seltenem Spezialistenwissen, wie sie immer häufiger eingerichtet werden.