Der ehemalige Flüchtlingskoordinator Peter Altmaier (CDU) weist jede Kritik in der Bamf-Affäre von sich. Foto: AFP

Die Unregelmäßigkeiten beim Bamf haben das Vertrauen der Bürger in die Behörde schwer erschüttert. Der ehemalige Flüchtlingskoordinator Altmaier sieht sich selbst nicht im Zentrum dieser Affäre.

Berlin - Der ehemalige Flüchtlingskoordinator Peter Altmaier (CDU) will mit der Affäre um manipulierte Asylbescheide in Bremen nichts zu tun haben. Eine Befragung dazu im Innenausschuss des Bundestages lehnt er jedoch nicht kategorisch ab. Der ehemalige Leiter des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf), Frank-Jürgen Weise, ließ am Freitag mitteilen, er habe kein Problem damit, Auskunft zu geben.

In der Bremer Bamf-Außenstelle sollen zwischen 2013 und 2016 mehr als 1200 Menschen ohne rechtliche Grundlage Asyl erhalten haben. Es gibt deshalb Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Bremen und des Bundesamts gegen die frühere Leiterin der Außenstelle, weitere Mitarbeiter, einen Dolmetscher und Anwälte. Der Dolmetscher steht im Verdacht, von Asylbewerbern Geld genommen zu haben. Das Bamf erteilt ihm inzwischen keine Aufträge mehr, wogegen er sich mit einer Kündigungsschutzklage wehrt.

Weise: Werde Rede und Antwort stehen

Altmaier wies jegliche Mitverantwortung für die Missstände in der Behörde zurück. In einer schriftlichen Stellungnahme für die „Bild“-Zeitung (Samstag) schrieb er: „Das Bamf ist eine nachgeordnete Behörde des Bundesinnenministeriums (Fach- und Rechtsaufsicht). Die Zuständigkeit für das Bamf lag und liegt daher während der gesamten Zeit beim Bundesministerium des Innern.“ Vorgänger des aktuellen Innenministers Horst Seehofer (CSU) war der CDU-Politiker Thomas de Maizière. Altmaier schrieb: „Von den derzeit diskutierten Vorwürfen mit Blick auf die Außenstelle in Bremen habe ich durch die Berichterstattung in der Presse erfahren.“

Weise, der das Bamf von September 2015 bis Ende 2016 geleitet hatte, ließ nach Angaben von Zeitungen der Funke-Mediengruppe über einen Sprecher mitteilen, er werde, falls er eingeladen werde, „im Innenausschuss die Fragen der Abgeordneten beantworten“.

Seehofer unter Druck

Derzeit versucht der Innenausschuss des Bundestags, Licht in die Affäre zu bringen. Er hat bereits eine weitere Sondersitzung eingeplant. Eine Sprecherin von Bundeswirtschaftsminister Altmaier antwortete auf die Frage, ob Altmaier bereit sei, im Ausschuss zu seiner früheren Tätigkeit Auskunft zu geben, derartige Anträge aus dem Bundestag würden im Ministerium „zügig geprüft“.

Die SPD verlangt von Bundesinnenminister Horst Seehofer mehr Tempo bei der Aufklärung der Affäre. „Wir könnten bei der Aufklärung schon viel weiter sein“, sagte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil der „Augsburger Allgemeinen“ (Freitag).

Manipulierte Akten

Unterdessen wurde bekannt, dass wegen einer Sicherheitslücke im elektronischen Aktensystem Maris des Bamf theoretisch Tausende Mitarbeiter Asylunterlagen manipulieren können. Zu diese Einschätzung gelange die Innenrevision des Bundesflüchtlingsamts in ihrem Revisionsbericht 2018, schreibt der Berliner „Tagesspiegel“ (Freitag). Die Prüfer fanden demnach heraus, dass rund 3800 Bamf-Mitarbeiter - fast jeder zweite - Asylakten in dem Aktensystem weitreichend umprotokollieren können. „Faktisch wäre es möglich, dieses Recht zu missbrauchen“, heißt es demnach in dem Bericht. Dieses Eingriffsrecht sollte laut „Tagesspiegel“ ursprünglich nur wenigen Mitarbeiter zustehen. Auch die Ex-Leiterin der Bremer Außenstelle habe nach Ansicht der Kontrolleure so Akten manipuliert.

Mehrere Personen im Fokus der Kritik

Das Bundesinnenministerium wollte diese Angaben nicht bestätigen. Eine Sprecherin sagte jedoch, es werde überprüft, „ob jeder, der Zugriff auf dieses Maris-System hat, diesen auch haben sollte“.

Bamf-Präsidentin Jutta Cordt hatte in zehn Außenstellen, deren Schutzquoten stark vom Bundesdurchschnitt abweichen, eine stichprobenartige Überprüfung angeordnet. Diese betrifft nach Auskunft des Bamf rund 8500 Fälle. Zu den betroffenen Außenstellen gehört auch das Bamf in Bingen. Hier sollen laut internen Emails etliche Rücküberstellungen von Asylbewerbern in ein anderes EU-Land nach den sogenannten Dublin-Regeln nicht erfolgt sein, weil Sachbearbeiter Fristen verstreichen ließen. Das Bundesamt teilte auf Anfrage mit, es könne „angesichts der laufenden Prüfungen“ aktuell nicht auf Detailfragen eingehen.

Der in Bremen beschuldigte Dolmetscher hält sich nach Darstellung seines Anwalts für unschuldig und weiß nicht, was ihm vorgeworfen wird. Dies erklärte sein Rechtsvertreter bei einem Gütetermin im Bremer Arbeitsgericht zur Kündigungsschutzklage gegen das Flüchtlingsamt. Der Mann übersetzte als Freiberufler von 2016 bis 2018 für das Bamf Arabisch und Kurdisch. Aus seiner Sicht bestand ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis, was das Amt bestreitet. Das Gericht will nun zunächst klären, ob die Klage zulässig ist.