Hohe Kunst, die hervorgegangen ist aus unbefriedigenden Verhältnissen in der John-Cranko-Schule: Drei Tänzerinnen am vergangenen Sonntag bei der Benefiz-Matinee im Opernhaus. Foto: Stuttgarter Ballett

Die Differenzen um den Neubau der John-Cranko-Schule sind offenbar ausgeräumt. Die Architekten aus München haben ihre Mitwirkung zugesagt bei der Begrenzung der Baukosten auf 44,9 Millionen Euro. Weitere Verzögerungen müssen daher nicht mehr befürchtet werden.

Die Differenzen um den Neubau der John-Cranko-Schule sind offenbar ausgeräumt. Die Architekten aus München haben ihre Mitwirkung zugesagt bei der Begrenzung der Baukosten auf 44,9 Millionen Euro. Weitere Verzögerungen müssen daher nicht mehr befürchtet werden.

Stuttgart - Das Ringen um den Neubau der John-Cranko-Schule, das den Auftakt der Arbeiten erneut zu verzögern drohte, ist beendet. Finanzstaatssekretär Ingo Rust (SPD) hat sich Ende vergangener Woche mit den Architekten Stefan Burger und Birgit Rudacs darauf verständigt, dass man 900.000 Euro einspart – und wie das geschehen soll.

Damit scheint die Gefahr ausgeräumt, dass die Sieger des Architektenwettbewerbs für den Neubau der Ballettschule verärgert abspringen. Wäre dieser Fall eingetreten, hätte das Land entweder ein anderes Büro aus Architektenwettbewerb beauftragen oder sogar einen neuen Wettbewerb ausschreiben müssen. Für die Lehrer und Schüler der John-Cranko-Schule, die in der Marstallstraße und in Außenstellen unter schwierigsten Bedingungen Kunst auf höchstem Niveau schafft, hätte das ein noch längeres Warten bedeutet.

Foto: Burger und Rudacs

Bei den Differenzen ging es darum: Der Bauherr Land pochte auf die Senkung der Baukosten um 900.000 Euro und wollte dafür die vergleichsweise aufwendige doppelschalige Sichtbetonfassaden mit innenliegendem Dämmkern opfern – die Münchner Architekten verteidigten den Sichtbeton unter Berufung auf ihr Urheberrecht am Entwurf. Sie fürchteten um die gewünschte Anmutung des terrassenartig gegliederten Neubaukomplexes und damit um die Seele ihres Entwurfs. Allerdings mussten sie selbst auch Interesse haben, dass sie nach all den Vorarbeiten den Auftrag behalten.

„Präzise Sichtbetonbauten“

In einem Telefongespräch zwischen Rust und den Architekten ist die Konfrontation nun aufgelöst worden. Die neue Übereinkunft: Durch eine weniger aufwendige Schalungskonstruktion sollen 120.000 Euro gespart werden, ohne die Sichtbetonoptik zu opfern. Die restlichen 720.000 Euro wollen und sollen die Architekten durch sparsamere Ausführungen von Bauelementen im Gesamtkomplex einsparen, sagte ein Sprecher des baden-württembergischen Finanz- und Wirtschaftsministeriums unserer Zeitung. Er fügte hinzu: „Für uns ist damit alles klar.“ Mit dieser Übereinkunft könne man die Baukosten auf 44,9 Millionen Euro begrenzen, worin ein Kostenpuffer von knapp fünf Millionen Euro zur Finanzierung von außerplanmäßigen Kosten enthalten sei.

Der Kompromiss dürfte so recht nach dem Geschmack von Wolfgang Riehle sein. Der Präsident der Architektenkammer Baden-Württemberg war der Vorsitzende des Preisgerichts, das 2011 den Entwurf des Büros Burger Rudacs zum Wettbewerbssieger gekürt hatte. „Dieser Entwurf ist einfach sehr gut. Ihn auszutauschen, wäre schade“, hatte Riehle noch vergangene Woche den Stuttgarter Nachrichten gesagt. Das Münchner Büro stehe für „präzise Sichtbetonbauten“, wie auch einer für die Crankoschule, eine Ballettschule und Akademie von höchstem Rang, vorgeschlagen wurde. Auf einem Hanggrundstück zwischen Urbansplatz und Werastraße solle demnach „ein Monolith aus gegossenem Material“ entstehen, der sozusagen „eine harte Schale vor sich her trägt“, sagte Riehle.

Bedenken bei Wärmedämmsystem

Dagegen wäre das Wärmedämmsystem mit Verbundplatten, das vom Land vorgeschlagen wurde, „wie ein weicher Strickpulli“, meinte Riehle. Hier handle es sich um eine ganz andere Idee. Bezüglich der Haltbarkeit hätten die Architekten auch berechtigte Bedenken erhoben. Beim dramatischen Hagelunwetter Ende Juli dieses Jahres hätten die Eisklumpen im Raum Reutlingen den Putz heruntergeschlagen und an vielen Gebäuden den Vollwärmeschutz zerstört, gab Riehle zu bedenken. Man tue gut daran, die Kosten über den ganzen Lebenszyklus der Gebäude zu betrachten, nicht nur die Erstinvestition. Andererseits hätten Architekten auch eine Mitwirkungspflicht und sollten den Wunsch des Bauherrn respektieren.

Übrigens hätten nicht Burger und Rudacs von 35 Millionen Euro gesprochen, als es nach der Preisgerichtssitzung um die voraussichtlichen Kosten ging. Schon vor dem Wettbewerb seien Zahlen im Umlauf gewesen, sagte Riehle. Man könne sich nur wünschen, dass künftig die Planung wieder vor den Kostenschätzungen komme.