Der Tunnel unter der Autobahn ist fertig, im September 2021 werden die Schienen darin verlegt. Foto: /Horst Rudel

Viereinhalb Jahre lang mussten die Fahrer auf der A8 bei Denkendorf einen Haken um die Bahn-Baustelle schlagen – jetzt ist der Eisenbahntunnel fertig. Eine Besichtigung vor Ort.

Denkendorf - Warum der Denkendorfer Eisenbahntunnel, „So-da-Tunnel“ heißt? Ben Denk, der Projektleiter des Bauabschnitts bei Denkendorf lacht. „Jetzt, wo er fertig ist, wird er erst einmal ein, zwei Jahre so dastehen.“ Denn die Schienen der Intercity-Strecke von Stuttgart nach Ulm werden erst vom Jahr 2021 an verlegt. Doch weil der Tunnelbau nahezu abgeschlossen ist, hatte die Bahn am Donnerstag zur Baustellen-Besichtigung eingeladen.

Vielen Autofahrern dürfte nicht bewusst gewesen sein, warum sie seit viereinhalb Jahren auf der A 8 bei Denkendorf zwei Haken schlagen mussten – auf jeweils drei verengten Fahrspuren. Denn unter der Autobahn wurde der 768 Meter lange Tunnel für die Schnellbahnlinie in Tagebauweise erstellt. „Wir haben hier nur zwei bis drei Meter Deckenhöhe“, berichtet Projektleiter Denk, „deswegen konnten wir unseren Tunnel nicht in der bergmännischen Bauweise angehen.“

Ein Bankett gewährleistet den Fluchtweg

Überhaupt gilt der Tunnel nach der Definition der Deutschen Bahn nicht als Tunnel, sondern eher als Autobahn-Unterquerung. „Wir sprechen erst ab einem Kilometer Länge von einem Tunnel“, sagt Ben Denk. Deswegen gibt es keine gesonderten Rettungstunnel oder -schächte, ein Bankett an der Seite gewährleistet den Fluchtweg. Nicht vergessen darf man, dass die Intercity-Züge selbst bis zu 400 Meter lang sind, das würde bedeuten, der Zug verschwände in den meisten Fällen bei einem Nothalt sowieso nicht gänzlich im Tunnel.

Warum der Tunnel unter der Autobahn ganze 768 Meter lang ist, liegt an der hohen Geschwindigkeit der Züge. Denn die Trasse muss in möglichst spitzem Winkel unter der Autobahn durch. Würde sie eine Kurve beschreiben, dann könnte der Zug seine Geschwindigkeit von 250 Stundenkilometern nicht halten und müsste abbremsen.

Insgesamt wurden auf der Baustelle rund 4600 Tonnen Stahl verbaut und rund 35 000 Kubikmeter Beton gegossen. Der Tunnel ist elf Meter hoch und zehn Meter breit. Die Kosten für das Bauwerk betrugen 40 Millionen Euro. In der Nacht vom kommenden Montag, 16. Dezember, auf Dienstag, 17. Dezember, werden die Fahrspuren auf der Autobahn wieder in der gewohnten Breite geradeaus laufen.

Bis zu 150 Bauarbeiter vor Ort

Die vergangenen viereinhalb Jahre waren täglich bis zu 150 Bauarbeiter vor Ort. Damit der Tunnel gebaut werden konnte, musste die Autobahn stückweise jeweils nach Süden, dann nach Norden ausweichen. „Insgesamt sieben Mal haben wir die Fahrbahn verschwenkt“, berichtet Ben Denk. Auch jetzt sieht man vom Überweg der Raststätte Denkendorf aus, dass die Fahrspuren über das Ackerland der Filderbauern gehen. Diese Spuren werden noch zurückgebaut, dann geht der Verkehr wie gewohnt in beiden Fahrtrichtungen weiter. Für Ben Denk ist dann seine Zeit an der Bahn-Baustelle vorüber, und er wird ein anderes Projekt in der Bauwirtschaft anpacken.

Die meisten Autofahrer rechnen damit, dass die Staus auf der Autobahn am Flughafen in den Morgen- und den Abendstunden abnehmen würden. Ben Denk allerdings nicht: „Wir haben das von der Verkehrsbehörde durchrechnen lassen, der Stau hatte mit unserer Baustelle nichts zu tun, es war einfach ein zu hohes Verkehrsaufkommen.“