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Am Tag nach dem Bahngipfel von Offenburg stellt sich die Frage: Woher soll das Geld kommen?

Stuttgart - Auf den ersten Blick wirkt die Ankündigung, dass die Deutsche Bahn bis 2014 rund 5,2 Milliarden Euro in die Verbesserung der Infrastruktur in Baden-Württemberg investieren will, wie mehrere Sechser im Lotto auf einmal. Endlich, so scheint es, wird manches Nadelöhr im Südwesten beseitigt. Doch am Tag nach dem Bahngipfel von Offenburg, wo Bahnchef Rüdiger Grube und Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) die frohe Botschaft vom warmen Geldregen verkündet hatten, stellt sich die Frage: Woher soll das Geld kommen?

Die Reaktionen auf die Versprechungen von Offenburg fallen deshalb ganz unterschiedlich aus. Beispiel Guio Wolf, Landrat im Kreis Tuttlingen und zugleich Chef des Interessenverbandes Gäu-Neckar-Bodensee-Bahn. Wolf zeigte sich am Dienstag hoch erfreut, dass Grube sowie Umwelt- und Verkehrsministerin Tanja Gönner tagszuvor in Offenburg eine Planungsvereinbarung für den Ausbau der Gäubahn im Abschnitt Horb-Neckarhausen unterzeichnet hatten. "Dies ist ein weiterer, wichtiger Schritt, der beweist, dass unsere Forderungen nach einem baldigen Ausbau der Gäubahn Gehör finden", sagte Wolf. Er forderte Bund und Bahn aber zugleich auf, die 12,6 Millionen Euro für diesen ersten von insgesamt drei Bauabschnitten nun alsbald zur Verfügung zu stellen. "Wenn die ersten Züge bereits ab 2016 über die ausgebaute Strecke fahren sollen, müssen wir dran bleiben", betonte der Landrat und erinnerte daran, wie wichtig die Gäubahn zwischen Stuttgart und Zürich künftig mit Blick auf den neuen Gotthard-Basistunnel ist.

Grünen-Bundestagsabgeordneter Hermann attackiert Bahn

Aus Sicht von Landrat Wolf dürfen die Kosten für den Ausbau der Gäubahn von zusammen rund 150 Millionen Euro deshalb kein K.o.-Kriterium mehr sein. "Das ist doch ein überschaubarer Betrag. Alle Beteiligten wären mit dem Klammerbeutel gepudert, wenn dieses Geld nicht bereitgestellt wird."

Das Problem: So wichtig der Ausbau ist und so sehr die Gäubahn mit dem Vermerk "vordringlicher Bedarf" im Bundesverkehrswegeplan steht, so sehr ist die Finanzierung noch ungeklärt. Ein Sprecher von Ministerin Gönner sagte am Dienstag, Bund und Bahn würden derzeit den Investitionsrahmenplan für den Zeitraum 2011 bis 2015 erarbeiten. Man sei guter Dinge, dass dabei die Mittel für den Ausbau der Gäubahn bereitgestellt werden. "Für uns war es deshalb ein wichtiges Signal, dass Bund und Land über die Planung einig sind", blickte der Sprecher auf die Vereinbarung vom Montag zurück.

Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Winfried Hermann, Vorsitzender des Verkehrsausschusses im Bundestag ist, traut der Sache aber nicht. "Immer wieder ist der Ausbau der Gäubahn in den vergangenen zehn Jahren von der Bahn versprochen worden, aber bis heute ist nichts finanziert", sagte Hermann am Dienstag unserer Zeitung. Das gleiche Problem gebe es auch für die in Offenburg angekündigte Elektrifizierung der Südbahn zwischen Ulm und Lindau. "Bis heute hat die Bahn keinen konkreten Zeit- und Finanzierungsplan vorgelegt." Mit Skepsis sieht der Grünen-Verkehrsexperte auch die Finanzierung für den Ausbau der Rheintalstrecke zwischen Karlsruhe und Basel auf vier Gleise. Die Kosten seien mit vier Milliarden Euro veranschlagt, aber noch seien nur 117 Millionen Euro dafür reserviert. Hermann hat deshalb inzwischen eine offizielle Anfrage an den Bund gestellt, bis wann und für welche konkreten Maßnahmen Mittel bereitgestellt werden.

Seine Sorge: Die elf Milliarden Euro, die der Bund zwischen 2011 und 2020 für den Ausbau der Schieneninfrastruktur zur Verfügung stellen will, sind bereits weitgehend verplant - vor allem für Großprojekte wie Stuttgart 21 und die Neubaustrecke nach Ulm oder die ICE-Neubaustrecke Halle-Erfurt und Erfurt-Nürnberg. Für viele andere Projekte wie die Strecke Frankfurt-Mannheim, den Rhein-Ruhr-Express oder die Gäubahn würden die Mittel nicht reichen. Hermann hält deshalb Bahnchef und Ministerpräsident vor, am Montag "leere Versprechungen" gemacht zu haben.