Fahrkartenautomat der Deutschen Bahn: In immer weniger Reisebüros lassen sich Bahntickets buchen. Kunden bestellen ihre Fahrscheine meist online oder kaufen sie am Automaten. Foto: dpa

Jede dritte DB-Agentur hat seit 2008 den Vertrieb aufgeben. Das trifft vor allem ältere Reisende. Die Entwicklung könnte sich noch weiter beschleunigen.

Berlin - Es ist ganz einfach. Wer sich mit moderner Technik etwas auskennt, hat im besten Fall ein Bahnticket in wenigen Minuten mit dem Smartphone, am Computer daheim oder am Automaten im Bahnhof gebucht. Doch ältere Menschen kommen damit nicht immer klar. Und selbst Experten scheitern häufig, wenn sie ohne persönliche Beratung eine aufwändigere Bahnreise zum Beispiel ins Ausland oder mit Rad buchen sollen.

Hier helfen die Reisezentren oder Telefonberater der Deutschen Bahn, aber auch spezialisierte Reisebüros – wenn man eines findet. Denn viele Agenturen verkaufen keine Bahntickets mehr, weil die Deutsche Bahn trotz heftiger Kritik die Provisionen immer stärker gekürzt hat. Jede dritte DB-Agentur hat seit 2008 den Vertrieb von Fahrscheinen aufgeben. Im Frühjahr 2018 gab es bundesweit gerade noch 2136 aktive Reisebüros mit DB-Lizenz, 2008 waren es noch 3176. Mehr als 1000 Reiseverkäufer haben seither dem Konzern den Rücken gekehrt, gut 100 allein 2017. „Der Fahrkartenverkauf ist besonders für kleine und mittelständische Reisebüros schon jetzt wenig rentabel“, kritisiert der Deutsche Reiseverband (DRV) in Berlin. Denn die Beratung von Bahnkunden werde durch das komplexe Preissystem der Bahn, aber auch durch zahlreiche Zugverspätungen, Betriebsstörungen und Baustellen immer aufwändiger.

„Wenn es nicht zu einer auskömmlichen Entlohnung der Reisebüros für den Verkauf von Bahntickets kommt, wird die Anzahl der DB-Agenturen weiter sinken“, warnt der Verband. Das Nachsehen hätten nicht nur viele ältere Reisende, die ihre Tickets nicht online oder am Automaten kaufen können, sondern auch Menschen auf dem Land. Dort ist es oft weit bis zum nächsten DB-Reisezentrum in einem größeren Bahnhof.

Die Bahn kürzt die Provisionen für die Reisebüros

Der DRV, in dem pikanterweise auch der Bahn-Konzern Mitglied ist, kämpft seit vielen Jahren für bessere Konditionen der Agenturen beim Fahrscheinverkauf. Doch der staatliche Schienenriese kürzte stattdessen mit jeder Provisionsrunde die Umsatzvergütungen besonders für kleinere Reisebüros noch mehr. Als Vorbild dienen dabei offenbar auch die Airlines, die Vergütungen für den Flugticketverkauf schon vor Jahren rigoros gekappt haben.

Die DB verweist auf den starken Trend zum Onlinekauf. Angebote wie der DB Navigator fürs Smartphone oder die Internetseiten von bahn.de werden inzwischen von Millionen Kunden zur Information und zum Kauf digitaler Tickets genutzt. Allein zwischen 2015 und 2017 stieg der Anteil der digitalen Verkaufskanäle von 32,6 auf 39,4 Prozent und machte damit gut acht Milliarden Euro aus. Alle anderen Vertriebswege schrumpfen. So sank der Anteil der Einnahmen an Automaten von 27,5 auf 24,5 Prozent. Auch die noch 400 von einst mehr als 1000 Reisezentren in Bahnhöfen steuern nur noch 16,2 Prozent der Umsätze bei, 2015 waren es noch 17,9 Prozent. Mit hohen Investitionen in den digitalen Direktvertrieb beschleunigt der Staatskonzern diese Verlagerung.

Es gibt auch gegenläufige Entwicklungen. So eröffnen DB-Konkurrenten, die bei Ausschreibungen für Strecken im Regionalverkehr den Zuschlag erhalten, eigene Vertriebsstellen. Im Fernverkehr hat Flixtrain erste Ticketshops in einigen Bahnhöfen gestartet. Marketingprofis wissen, dass die kompetente persönliche Beratung die Kundenbindung enorm erhöhen kann. „Beim Verkauf von Bahntickets haben Reisebüros die zufriedensten Kunden“, betont der DRV. Umso weniger Verständnis hat man dort, dass die Bahn diesen Vertriebszweig immer mehr austrocknen lässt.