Sparkassenverbandspräsident Peter Schneider warnt vor dem Regulierungswahn der EU Foto: dpa

Sparkassen gelten eigentlich als solide Finanzinstitute. Doch die aktuelle Niedrigzinsphase, die Digitalisierung und Regulierungszwänge machen auch den Sparkassen im Südwesten zu schaffen.

Stuttgart - Niedrigzinsphase, Digitalisierung und Regulierungszwänge – die Sparkassen im Südwesten geraten immer mehr unter Druck. „Wir sind nicht die Ersten, die es packt, aber das Ergebnis geht Schritt für Schritt runter“, sagte der baden-württembergische Sparkassenpräsident Peter Schneider am Dienstag in Stuttgart. Dabei spricht er von einem „guten, soliden Ergebnis“ im vergangenen Jahr – 1,07 Milliarden Euro Gewinn erzielten die 53 Sparkassen 2015 im Land, im Vorjahr lag der Gewinn mit 1,10 Milliarden Euro um drei Prozent höher.

Schneider warnte davor, dass sowohl die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank als auch die „ausufernde Regulierung“ den Sparkassen immer mehr abverlange und auf die Zahlen drücke. Hintergrund sind strenge Auflagen der EU, die die Geldhäuser stärker kontrollieren und so eine erneute Finanzkrise verhindern sollen. „Wir erleben einen regelrechten Regulierungswahn, der voll auf die Kosten durchschlägt“, sagte Schneider.

Niedrigzinsphase werde wohl noch jahrelang weitergehen

Auch im Hinblick auf die Niedrigzinsphase sieht Schneider keinen Grund zur Entwarnung. Er gehe davon aus, dass diese Phase noch Jahre andauern werde, sagte er. Während die Niedrigzinspolitik der EZB die Sparkultur untergrabe, haben die niedrigen Zinsen den Sparkassen ein Plus beim Kreditgeschäft beschert. Dennoch haben die Sparkassen im Land im letzten Jahr noch ein Einlagenplus erwirtschaftet. Dies zeige, dass man schnell auf die veränderte Zinssituation reagiert habe: „Unsere Häuser sind wie eine Gruppe von Schnellbooten unterwegs“ – die großen Privatbanken täten sich dagegen schwerer.

Die schwierigen Rahmenbedingungen erfordern aber auch Sparmaßnahmen. „Ja, wir haben Personal abgebaut, und ja, wir haben Filialen gestrafft. Das wird auch weitergehen“, so der Sparkassenverbandschef. Darunter fällt beispielsweise die Fusion der Sparkasse Singen-Radolfzell mit der Sparkasse Stockach, wodurch es in Baden-Württemberg nun insgesamt noch 52 Sparkassen gibt. Insgesamt sank die Zahl der Filialen in den vergangenen zehn Jahren um zehn Prozent auf nunmehr 1927 Filialen im Land.

Online-Bezahlverfahren Paydirekt soll ab April kommen

In diesem Jahr werde man mit Hochdruck an der Digitalisierung arbeiten – zum Beispiel an der Einführung des Online-Bezahlverfahrens Paydirekt. „Ab April wird Paydirekt nutzbar sein“, sagte Verbandsgeschäftsführer Joachim Hermann.

Aus Sicht der Sparkassen, die 40 Prozent an der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) halten, könnte LBBW-Chef Hans-Jörg Vetter noch länger auf seinem Chefsessel bleiben. „Wenn er morgen sagt, ich mache noch weiter, wäre ich hocherfreut“, sagte Schneider. „Der Herr Vetter ist ein erfolgreicher Vorstandsvorsitzender, der vollumfänglich die Unterstützung der Sparkassenseite hat.“ Der Sparkassenpräsident, der im Aufsichtsrat der LBBW sitzt, wies aber auch auf das Alter des 63-jährigen Vetter hin. Irgendwann gehe jeder, in der Bankenbranche gehe es mitunter schneller als gedacht, sagte Schneider. Die Frage nach einem Nachfolger stelle sich derzeit aber nicht.