Landgerichtsschild in Ravensburg. Foto: dpa

Kann die Wirtschaftskriminalität weniger rasch aufgeklärt werden, als es möglich wäre? Die Grünen im Land beklagen diesbezüglich einen Richtermangel – vor allem was die komplexeren Fälle betrifft.

Stuttgart - Die Grünen im baden-württembergischen Landtag zweifeln an, dass die Richter im Bezirk des Oberlandesgerichts (OLG) Stuttgart für komplexe Verfahren der Wirtschaftskriminalität ausreichen. Wie Justizminister Guido Wolf (CDU) in einer Antwort auf einen Antrag der Grünen erklärt, wurden im vergangenen und in diesem Jahr 16 neue Stellen bei der Staatsanwaltschaft Stuttgart zur Verfolgung von Wirtschaftskriminalität geschaffen – für anstehende Verfahren im Zusammenhang mit der Manipulation von Abgaswerten, mit Korruption und Abrechnungsbetrug im Gesundheitswesen und mit Internetkriminalität. Die Wirtschaftsstrafkammern des Landgerichts Stuttgart erhielten allerdings keine neuen Richter. „Die Verfolgung von Wirtschaftskriminalität muss mit höchster Priorität stattfinden“, sagt Jürgen Filius, rechtspolitischer Sprecher der Grünen: „Wir hatten erwartet, dass auch in den Wirtschaftsstrafkammern im Bezirk des OLG Stuttgart Stellen eingesetzt werden.“

Die Grünen fürchten, dass die Justiz bei der Stellenverteilung falsch vorgeht

Die Grünen fürchten, dass Wolf und die Justiz bei der Stellenverteilung die falschen Prioritäten setzen. Der Justizminister hatte zuletzt angekündigt, die sogenannte Bagatellgrenze von 25 Euro zu streichen, damit jeder Ladendiebstahl in Baden-Württemberg strafrechtlich konsequent verfolgt wird. Zuvor galt: Lag der Wert der gestohlenen Ware unter 25 Euro, wurden Verfahren gegen nicht vorbestrafte Täter wegen Geringfügigkeit eingestellt. Filius sagt, es dürfe nicht sein, dass „die verstärkte Verfolgung von Kleinstkriminalität auf Kosten der Verfolgung schwerer Straftaten“ gehe. Man werde beobachten, ob Stellen dort verwendet würden, wo sie gebraucht würden. Minister Wolf entkräftet Filius‘ Befürchtungen. Die Entscheidung über die Verteilung der Neustellen sei zeitlich bereits vor Beginn der Planungen, die 25-Euro-Grenze abzuschaffen, getroffen worden.

Für Wirtschaftskriminalität gibt es im Südwesten Schwerpunktstaatsanwaltschaften in Stuttgart und Mannheim. Obwohl die Mammutverfahren zunehmen und die durchschnittliche Zahl der Verhandlungstage sich seit 2007 fast verdoppelt hat auf 11,4 Tage, sieht Wolf die Strafverfolgungsbehörden durch die zuletzt neu geschaffenen Stellen gut aufgestellt. Es sei festzustellen, dass „die Stellenzahl auch zur Bewältigung umfangreicher Ermittlungsverfahren im Bereich der Wirtschaftskriminalität ausreicht“.