In Backnang müssen die Bürger künftig mehr Steuern bezahlen für ihre Wohnungen und Häuser (Symbolbild). Foto: dpa/Monika Skolimowska

Die Backnanger Stadträte quälen sich am Donnerstagsabend während einer Mammutdebatte über Steuererhöhungen zu einem Kompromiss, der niemandem wirklich schmeckt. Sie müssen siebenmal abstimmen.

Backnang - Er würde sich am liebsten wegbeamen oder wegzaubern, sagt der Backnanger Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU) zu Beginn der Sitzung des Gemeinderats am Donnerstagabend. Ganz ähnlich dürfte es den meisten Stadträten in Laufe der Mammutdebatte über Steuererhöhungen gehen. Niemand mag dieses Thema, und doch wissen wohl die meisten Kommunalpolitiker, dass die Murrstadt mehr Einnahmen benötigt, um auch künftig die vielen Aufgaben zu stemmen – etwa die Finanzierung der Kinderbetreuung, die im nächsten Jahr rund 12,3 Millionen Euro kosten wird.

Im Laufe des Abends quälen sich die Stadträte rund zweieinhalb Stunden lang. Erst nach sieben Abstimmungsrunden wird ein Kompromiss gefunden – ein fauler Kompromiss, könnte ein Beobachter einwerfen, denn kaum jemandem schmeckt das Resultat: Die Grundsteuern werden von 385 auf 405 Punkte erhöht, die Gewerbesteuer auf 400 Punkte. Dieser Dreh an der Steuerschraube spült laut einer flugs erstellten Berechnung des Finanzbürgermeisters Siegfried Janocha jährlich rund 1,1 Millionen Euro in die Kasse – das ist etwas weniger als geplant. Die Verwaltung hatte die Grundsteuern noch ein bissschen stärker anheben wollen – um rund 1,3 Millionen Euro zusätzlich einzunehmen. Doch dieser Vorschlag fällt krachend durch, einzig und allein der Oberbürgermeister stimmt dafür.

Höchster Steuersatz im Landkreis

Im Gemeinderat gibt es zwei grundsätzlich verschiedene Denkweisen: Ein Teil der Kommunalpolitiker wünscht sich einheitliche Steuersätze für die Grund- und die Gewerbesteuer. Der andere Teil will unbedingt verhindern, dass Backnang die Stadt im Rems-Murr-Kreis ist, die den höchsten Gewerbesteuersatz verlangt. Der jetzt gefundene Kompromiss – erreicht nach drei Sitzungsunterbrechungen mit Beratungen in Kleingruppen – erfüllt beide Wünsche nicht. Laut einer Aufstellung der Stadtverwaltung hat Backnang nun den höchsten Hebesatz, nämlich die beschlossenen 400 Punkte, gefolgt von Fellbach (395) und Schorndorf (390). Beim Grundsteuerhebesatz liegt die Stadt indes im Mittelfeld, in Schorndorf zum Beispiel beträgt der Wert 440 und in Weinstadt sogar 450.

Für Otto-Normalverbraucher werde sich die Erhöhung der Hebesätze laut Auskunft der Verwaltung nicht stark auswirken. Selbst bei dem zunächst vorgeschlagenen Hebesatz von 420 bei der Grundsteuer müssten Besitzer einer kleinen Wohnung nur mit jährlichen Mehrkosten von knapp sieben Euro rechnen, Besitzer eines größeren Einfamilienhauses mit rund 60 Euro. Zudem würden alle Grundeigentümer, Mieter und Pächter durch die Senkung der Abwassergebühren ein wenig entlastet, so der OB. Frank Nopper sagt aber auch, dass der Kompromiss bei ihm keine Glücksgefühle auslöse.

AfD und Bürgerforum Backnang sagen Nein

Gegen den Kompromiss stimmen die Stadträte der AfD und des Bürgerforums. Sie plädieren vergeblich dafür, die Anhebung der Steuersätze erst im nächsten Jahr wieder auf die Tagesordnung zu bringen. Charlotte Klinghoffer (Bürgerforum) erklärt mit Blick auf den hohen Gewerbesteuersatz und mit Grollen in der Stimme: „Wir Backnanger sind jetzt die Deppen.“