Auf dem ehemaligen Kaelble-Areal hat sich lange Zeit nichts getan. Der neue Eigentümer will das ändern. Foto: Frank Eppler

Die Riva-Holding hat Areale von sechs Hektar Fläche gekauft – kleine Mieter hoffen jetzt, dass die geplanten Sanierungen für sie nicht zu teuer ausfallen.

Backnang - Die Fenster erblinden, die Fassaden bröckeln – einen gewissen Charme versprüht es ja, das Areal am östlichen Ende der Backnanger Wilhelmstraße. Neben einem Transportunternehmen haben sich in dem Industriepark unter anderem eine Fotografin, eine Reklamefabrik und ein Maurermeister eingemietet, einige der Flächen stehen auch leer. Kaum zu glauben, dass hier einst im wahren Wortsinn einer der Backnanger Wirtschaftsmotoren brummte. Im Jahr 1903 hatte dort der Konstrukteur Carl Kaelble, nach dem das Areal später benannt wurde, seinen ersten selbst konstruierten schnelllaufenden Ottomotor präsentiert.

In Backnang ist von der früheren Größe heute nichts mehr zu spüren. Das einstige Firmengelände befand sich einige Zeit in der Hand eines Immobilienfonds mit Sitz in Luxemburg – nun hat die Backnanger Riva-Holding dieses und weitere Areale mit einer Gesamtfläche von rund sechs Hektar gekauft. Die Zukunft des Viertels stellen sich der Investor und seine Tochterfirma Riva Immobilen als „lebendiges Miteinander aus modernen Unternehmen und hochwertigen, aber bezahlbaren Wohnungen“ vor. Der Stuttgarter Architekt Martin Webler ist mit der Entwicklung des Backnanger Areals befasst. Wohnungen sollen am Murrufer entstehen, die Gewerbeobjekte will Riva nach und nach modernisieren und sanieren.

Der bisherige Eigentümer zeigte wenig Interesse am Kaelble-Areal

Einige der Flächen, welche die Holding gekauft hat, stehen leer. Aber nicht alle: Ein großer Komplex links und rechts der Murr ist teilweise von der Satellitenfirma Tesat und dem schwedischen Kommunikationsriesen Ericsson angemietet, der Mieter eines anderen Gebäudes ist der Technologiedienstleister Telent. Auf dem Ex-Kaelble-Areal hat das Transportunternehmen Rinker Flächen an mehrere kleinere Unternehmen untervermietet.

„Zunächst steht die verlässliche Fortführung der bisherigen gewerblichen Mietverhältnisse im Vordergrund“, heißt es in einer Mitteilung der Riva-Holding. Doch diese Formulierung lässt Raum für Spekulationen: Einer der Mieter auf dem Kaelble-Areal, der namentlich nicht genannt werden will, sieht dem Verkauf mit gemischten Gefühlen entgegen. Zwar habe der bisherige Eigentümer kein Interesse gezeigt, das Areal zu entwickeln. Aber auch eine Luxussanierung sei aus seiner Sicht nicht wünschenswert: „Zu stark sollten die Mieten nicht steigen. Hier sitzen viele kleine Start-ups, die sich keine luxuriösen Büros leisten können.“ Auch die Stadtverwaltung setzt sich für die Mieter ein: „Es ist im Interesse der Stadt, dass die Unternehmen, die im Areal sitzen, eine Zukunftsperspektive haben und überdies sogar neue Arbeitsplätze entstehen“, lässt der OB Frank Nopper verlauten.

Die Riva-Holding beruhigt: Alle Mieter könnten bleiben

Vonseiten der Riva Immobilien kommen beruhigende Töne: „Alle vier Ankermieter sollen in den Gebäuden bleiben. Die Unternehmen können so lange dort arbeiten, wie sie es selbst wollen“, wird der Immobilen-Chef Michele Bonfiglio in der Meldung zitiert. Auf Nachfrage verspricht er, dass auch die kleineren Mieter keinen Grund dazu hätten, sich Sorgen zu machen: „Wir wollen unsere Investitionen nicht von jetzt auf nachher wieder hereinholen.“ Und schließlich wolle die Riva-Gruppe gezielt versuchen, kleinere Hightech-Start-ups als Mieter zu gewinnen. „Für Backnang wäre das doch der Hammer“, meint Bonfiglio. Auch die Riva-Gruppe selbst will neue Arbeitsplätze in Backnang schaffen: 30 Labormitarbeiter der Tochter Riva Batteries sollen in einem der sanierten Objekte arbeiten – später könnten weitere Jobs dazukommen.

Die Firma Tesat Spacecom hatte sogar selbst auf die Grundstücke mitgeboten – jetzt ist man bei dem Satellitenunternehmen gespannt, wie die Zukunft aussieht. „Wir wollen weiterhin Mieter bleiben“, erklärt die Tesat-Sprecherin Nina Backes. Besonders bei dem großen Komplex an der Murr gebe es einiges zu tun: „Teilweise stehen die Räume hier ja leer, wir haben nur einzelne Etagen angemietet.“ Der Firma, die in Backnang zurzeit rund 1000 Mitarbeiter beschäftigt, sei auch die Verbindung von Wohn- und Industriebebauung wichtig – und natürlich die ausreichende Zahl an Parkplätzen für Mitarbeiter.

Etwa 1000 davon liegen derzeit auf dem ehemaligen Kaelble-Areal. Dort könnte aber gebaut werden – wo dann Autos stehen können, wird sich zeigen. „Selbst diese Stellplätze reichen bislang nicht aus“, erklärt Michele Bonfiglio. Die Immobilienfirma verspricht, für Parkplätze zu sorgen – möglich seien ein Parkhaus, Stellplätze oder eine Tiefgarage. Auch ein anderer Standort sei denkbar, Verhandlungen mit anderen Grundstückseigentümern liefen.

Die Riva-Holding

Riva
Das Hauptgeschäftsfeld der Riva-Holding ist der Bau von Fassaden aus Aluminium, Stahl und Glas in Modulbauweise.

Projekte
Entwicklungen des Backnanger Unternehmens stecken unter anderem im Berliner Reichstagsgebäude. Dort sind einige Glasgeländer der Firma Riva verbaut. Auch international hat sich das Unternehmen aus Backnang mit Großprojekten hervorgetan – unter anderem mit der Mitarbeit an der Al-Haram-Moschee in Mekka, dem weltweit größten islamischen Gotteshaus.

Gründer
Der Inhaber und Gründer von Riva ist der heute 77-jährige Hermann Püttmer. Sein Verhältnis zur Stadtverwaltung Backnang war nicht immer einfach: Eine nicht genehmigte Erdauffüllung im Garten seiner Villa Adolff verursachte Ärger, ein Jahr zuvor hatte die Stadt eine 10 000-Euro-Spende des Unternehmers abgelehnt. Im Juni war Püttmer mit seiner Idee, in Backnang ein Hochhaus zu errichten, auf wenig Gegenliebe im Rathaus gestoßen. Dennoch betont der Pressesprecher der Stadt, Hannes Östreich, im Zusammenhang mit den Grundstückskäufen durch Riva: „Persönliche Befindlichkeiten sind nicht das Maß der Dinge, auch wenn früher nicht alle leicht gelaufen ist.“ Jetzt komme es nur darauf an, gute städtebauliche Lösungen zu finden.