Foto: dpa

Autokino Kornwestheim: Eine Reise in die Vergangenheit und in die Fantasiewelt des Films.

Stuttgart - Längst ist es nicht mehr der Ort für ein heimliches Stelldichein - heute kommen die Gäste ins Autokino, um sich an diese zu erinnern. Es ist nicht nur eine Ausflug in die Fantasiewelt des Films, sondern eine nostalgische Reise.

Ein Mann steht auf dem riesigen, leeren Platz und wienert mit Hingabe seine Autofenster. Klar, es braucht freie Sicht, will man vom Auto aus einen Kinofilm verfolgen. In Kornwestheim bietet sich diese Möglichkeit noch: Dort gibt es eines der letzten Autokinos in Deutschland.

1969 flimmerten erste Filme über die Leinwand

"Das ist kein Gast, sondern einer unserer autoverrückten Mitarbeiter", sagt Adelheid Osenau, die Theaterleiterin, mit Blick auf den eifrig Putzenden. Männern und Frauen wie ihm verdankt das Autokino Kornwestheim sein Bestehen: Jeden Samstag findet auf dem Areal ein Automarkt statt, für den Eintritt verlangt wird. Diese Zusatzeinnahmen ermöglichen dem Autokino nicht nur das Überleben: Während andere schließen müssen, bekam das Drive-in-Kino 2005 sogar noch eine zweite Leinwand - zunächst eine aufblasbare, dann eine feste.

27 Freilichtspiele gab es, als 1969 in Kornwestheim erstmals Filme über die Leinwand flimmerten. Das deutschlandweit erste wurde vor genau 50 Jahren in Gravenbruch bei Frankfurt eröffnet. Inzwischen finden sich vergleichbare Angebote nur noch in München, Essen, Köln und Neu-Isenburg. "Schuld an dem Schwund sind DVDs und das Internet", sagt Osenau. Dann grinst sie verschmitzt: "Außerdem müssen Jugendliche heute ihr Stelldichein nicht mehr im Wagen arrangieren - früher wackelte hier aber noch manch ein Auto während der Filmvorführung."

Das ganze Jahr geöffnet

Osenau selbst hatte gar kein Auto, als sie sich 1983 im Drive-in-Kino anfing. "Ich wollte den Job nur vorübergehend machen - jetzt sind daraus 27 Jahre geworden", sagt sie. Die heute 47-Jährige war zunächst Assistentin, seit 2001 ist sie Theaterleiterin.

Die Sonne geht hinter der Leinwand unter, und mit den letzten Sonnenstrahlen verschwinden auch die letzten Schmutzstreifen an Autoscheiben. Es ist 20.30 Uhr, die Kasse öffnet, pro Person kostet die Karte sechs Euro. Karawanen von Autos aller Marken und mit den unterschiedlichsten Kennzeichen rollen auf den Platz. "Einige Gäste nehmen Anfahrtszeiten von zwei Stunden auf sich", sagt Osenau.

Das ganze Jahr geöffnet

Warum sie das tun? "Weil sie hier alle Freiheiten haben, solange sie niemand anderen stören." So können die Besucher im Jogginganzug oder in der Badehose kommen und ihre Babys oder Haustiere mitbringen. Nur hupen sollten sie nicht: Ein paar Anwohner leben oberhalb des Kinos am Hang, mit diesen gab es mitunter schon Ärger.

Der Himmel ist schwarz, nur am Horizont ist noch ein blaues Leuchten zu sehen. Der Werbefilm läuft an, die Bilder flackern tonlos über die 540 Quadratmeter große Leinwand. Nur durch die ein oder andere leicht heruntergelassene Autoscheibe dringen die Stimmen, die Musik. Während früher noch über kleine Lautsprecher, die von fest installierten Säulen aus ins Autoinnere geholt wurden, der Ton hörbar gemacht wurde, wird heute ein spezieller Kanal des Autoradios genutzt. Wer kein Radio hat, kann sich ein tragbares ausleihen - im Winter werden auch Heizlüfter angeboten.

Denn wenn auch im Sommer die meisten Gäste ins Autokino strömen, so ist es doch das ganze Jahr über geöffnet, nur am 24. und 31. Dezember bleibt die Leinwand weiß. "Und wenn plötzlich Nebel aufkommt, müssen wir die Vorstellung unterbrechen - dann bekommen die Besucher sogenannte Nebelkarten, die sie zu freiem Eintritt bei einer anderen Vorführung berechtigen", sagt Osenau. Nicht immer nämlich nutzen saubere Scheiben. Und früher, so steht zu vermuten, mag manch einem Gast der Nebel gerade recht gekommen sein . . .

Mehr Infos über das Autokino und das Programm finden Sie hier.