Strom statt Sprit: Bislang ist das Netz von Ladepunkten in Deutschland sehr lückenhaft. Das soll sich in den kommenden Jahren grundlegend ändern. Foto: imago//Florian Gaertner

Die Erhöhung der Kaufprämie findet nicht überall Zustimmung. Für die Verbraucher und Beschäftigten hat sie dennoch Folgen. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Berlin - Angesichts schärferer Abgas- und Klimavorgaben investieren die Autohersteller Milliarden in die Elektromobilität. Um der Technologie in Deutschland zum Durchbruch zu verhelfen, will sich auch der Staat nicht lumpen lassen: Die bereits bestehende Kaufprämie für E-Fahrzeuge wird verlängert und erhöht, zugleich soll die Zahl der Ladesäulen deutlich steigen. Das sind die zentralen Ergebnisse des Autogipfels, zu dem sich Vertreter der Bundesregierung, der Länder und der Branche am Montagabend bei Kanzlerin Angela Merkel (CDU) trafen. Wir erläutern, was jetzt auf Verbraucher und Beschäftigte zukommt.

Was geschieht mit der Kaufprämie für E-Fahrzeuge? Eigentlich sollte der sogenannte Umweltbonus 2020 auslaufen. Nun wird er bis 2025 verlängert. Zugleich steigt der Betrag, den Bund und Hersteller obendrauf legen, wenn sich ein Kunde für den Kauf eines Neuwagens mit Elektroantrieb entscheidet: Der Bonus wird für Fahrzeuge bis zu einem Nettolistenpreis von 40 000 Euro um 50 Prozent erhöht. Für reine Stromer steigt er damit auf 6000 Euro, für Plug-in-Hybride, die neben einem Elektromotor auch einen Verbrenner haben, auf 4500 Euro. Für Fahrzeuge mit einem Listenpreis von 40 000 bis 65 000 Euro erhöht sich der Zuschuss um 25 Prozent. Bund und Industrie tragen die Prämie wie bisher zur Hälfte, die Kosten werden bei deutlich mehr als zwei Milliarden Euro liegen. Wie bisher kann der Zuschuss beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (www.bafa.de) beantragt werden.

Ab wann wird der erhöhte Bonus gezahlt? Die Erhöhung soll noch in diesem Monat wirksam werden. Wie der Verband der Automobilindustrie (VDA) mitteilte, wird überdies geprüft, wie eine staatliche Förderung beim Kauf gebrauchter E-Autos aussehen könnte. Dies würde aber nur Fahrzeuge betreffen, für die es beim Ersterwerb keinen Zuschuss gegeben hat.

Was soll die Erhöhung der Kaufprämie bringen? Das Instrument ist bislang nur bedingt wirksam. Der Absatz von E-Fahrzeugen steigt schnell, gleichwohl handelt es sich noch um einen Nischenmarkt. Ursprünglich hatte die Regierung bis 2020 eine Million E-Autos auf die Straße bringen wollen. Tatsächlich waren es zuletzt lediglich rund 220 000, bei einem Bestand von 47 Millionen Pkw. Die Regierung hofft, bis zu 700 000 weitere Autos zu fördern. Um die Klimaziele einzuhalten, müssten bis 2030 in Deutschland bis zu zehn Millionen E-Autos zugelassen sein. Der Grünen-Politiker Cem Özdemir sagte: „Verkehrswende heißt nicht, dass wir 47 Millionen fossile Verbrenner durch 47 Millionen Elektromobile ersetzen.“ Es gebe dann zwar weniger Abgase und weniger Lärm, der Verkehrsinfarkt lasse sich so aber nicht vermeiden.

Ist das Instrument überhaupt sinnvoll? Regierung und die Autobranche bejahen das. Unabhängige Fachleute sehen das anders. Ferdinand Dudenhöffer, Professor für Automobilwirtschaft an der Uni Duisburg-Essen, beklagte im Gespräch mit unserer Zeitung, dass der Regierung nichts anderes einfalle, als Steuergeld zu verteilen. Es handle sich um „Subventionsgedöns, bei dem die 90-jährige Oma den Umstieg zahlt“, sagte Dudenhöffer. Viel sinnvoller wäre gewesen, im Rahmen des Klimapakets die richtigen Anreize zu setzen. Der Startpreis beim Emissionshandel solle nicht bei zehn Euro, sondern bei 50 Euro pro Tonne Kohlendioxid liegen. Das würde den Sprit um 20 bis 30 Cent je Liter verteuern. Im Gegenzug könnten Autofahrer steuerlich entlastet werden, sagte der Wissenschaftler. Umstritten ist der Bonus auch, weil davon auszugehen ist, dass die Hersteller ihren Anteil nicht komplett an die Kunden weitergeben – sondern mit dem Rabatt verrechnen, der beim Neuwagenkauf in der Regel fällig wird. Die Vorsitzende des ökologischen Verkehrsclubs Deutschland, Kerstin Haarmann, sagte am Dienstag: „Das ist kein Konzept für die Verkehrswende. Das ist ein Konzept für die Industrieförderung.“

Wie geht es weiter beim Thema Ladesäulen? Die Sorge, liegenzubleiben und das Auto nicht aufladen zu können, hält viele Verbraucher vom Kauf eines E-Autos ab. Bislang gibt es in Deutschland 20 000 öffentliche Ladepunkte. Industrie und Regierung haben nun vereinbart, in den nächsten zwei Jahren zusätzlich 50 000 öffentliche Ladesäulen zu errichten. 15 000 davon wollen die Hersteller bezahlen. „Außerdem ist eine spürbare Förderung privater Ladeinfrastruktur zentral für den Hochlauf der Elektromobilität. Die geplante Finanzierung in Höhe von 50 Millionen Euro ist bei Weitem nicht ausreichend“, sagte VDA-Präsident Bernhard Mattes. Im kommenden Jahrzehnt müsse die Infrastruktur weiter wachsen: „Notwendig bis 2030 sind eine Million öffentliche Ladepunkte, zusätzlich 100 000 Schnellladepunkte und mehrere Millionen private Ladepunkte.“

Was wird aus den Beschäftigten in der Autobranche? Der Umstieg auf die E-Mobilität dürfte etliche Jobs überflüssig machen. Um die Auswirkungen zu begrenzen, will die Regierung prüfen, ob Instrumente wie das Kurzarbeitergeld „nachgeschärft und angepasst“ werden können. Zentrale Themen sind überdies Qualifizierung und Weiterbildung. Dazu soll es im Frühjahr ein weiteres Spitzentreffen geben. IG-Metall-Chef Jörg Hofmann sagte, die Beratungen am Montag seien hier konstruktiv gewesen, das Ergebnis aber noch zu unkonkret. Wichtig sei auch eine „aktive und konzertierte Strukturpolitik“, um Jobs in Regionen zu sichern, die besonders vom Wandel betroffen sind.