Jahrelanger Zankapfel: Um den Radweg an der Marbacher Straße wurde heftig gestritten, Kritiker befürchteten mehr Staus. Seit wenigen Wochen ist er fertig. Foto: factum/Archiv

Die Radwegeinitiative Ludwigsburg ist mit dem Armin-Zeeb-Preis ausgezeichnet worden, obwohl der Bau neuer Radrouten sehr umstritten ist. Im Interview erklärt Tina Murphy, warum sich der Kampf lohnt – und wann es für Radler im Straßenverkehr ungemütlich wird.

Ludwigsburg - Der prominente Gast kam passend zum Thema: Beim Neujahrsempfang des Grünen-Kreisverbands am Freitagabend wurde unter den Augen von Verkehrsminister Winfried Hermann die Ludwigsburger Radwegeinitiative mit dem Armin-Zeeb-Preis ausgezeichnet. Seit zehn Jahren kämpft die Gruppe für bessere Bedingungen für Radler in der Barockstadt – und stößt bei dem Thema noch heute auf viele Widerstände. Warum sich der Kampf trotzdem lohnt, erzählt Tina Murphy.

Frau Murphy, hat Sie die Auszeichnung für die Radwegeinitiative überrascht?

Nein, weil ich finde, dass wir eine zukunftsgewandte Arbeit machen. Radfahren ist mit das Nachhaltigste, was man tun kann. Außerdem ist der Preis eine Ehrung für Roswitha Matschiner, die die Initiative gegründet hat und nach zehn Jahren sehr intensiver Arbeit nun kürzer tritt. Sollte ich denn überrascht sein?

Naja, immerhin ist in Ludwigsburg der Bau von Radrouten ein heißes politisches Eisen. Um den Radweg an der Marbacher Straße gab es zum Beispiel jahrelangen Streit.

Ja, das ist leider so. Aber nur, weil nicht jeder Gemeinderat vom Thema Radwegebau begeistert ist, heißt das ja nicht, dass es unwichtig wäre. Es gibt immer Eigeninteressen – zum Beispiel, dass kein Parkplatz vor dem eigenen Ladengeschäft wegfällt. Das macht unsere Arbeit nicht leichter, und leider ist in Ludwigsburg der Gegenwind bei Radwegen besonders stark. Unter Radfahrern heißt es aber: Gegenwind formt den Charakter. Wir nehmen die Herausforderung an, Überzeugungsarbeit zu leisten und für das Radeln zu begeistern.

Wie ist die Zusammenarbeit mit der Stadt?

Zeitweise war sie eher konfrontativ, aktuell arbeiten wir sehr gut zusammen. Die Mitarbeiter gehen auf uns zu und haben für unsere Vorschläge ein offenes Ohr.

Ein oft gebrauchtes Argument der Kritiker: Für neue Radwege müssen die Straßen auf vielen Strecken schmaler werden, manchmal fallen Spuren weg. Dadurch gebe es mehr Staus. Was entgegnen Sie?

Dass das so pauschal nicht stimmt. Jeder Radfahrer ist ein Auto weniger im Stau. Das Rad ist das Verkehrsmittel der Zukunft, ich persönlich würde mir wünschen, dass wir in zehn Jahren den Autoverkehr um mindestens 20 Prozent reduziert haben. Ich höre von vielen, die gern aufs Rad wechseln wollen, sich im Ludwigsburger Straßenverkehr aber nicht sicher fühlen. Daran muss sich etwas ändern. Klar ist aber auch: Wir zwingen niemanden zum Umstieg.

Macht Radfahren in Ludwigsburg Ihnen persönlich denn Spaß?

Meistens ja, denn für mich ist Radfahren die schönste Art, unterwegs zu sein. Leider gibt es aber auch unschöne Momente im Straßenverkehr, wenn zu eng überholt oder gehupt wird. Man bekommt auch einiges zu hören von manchen Autofahrern. Da braucht es schon eine Kuttel, wie man auf Schwäbischen sagt. So schlimm, wie manche denken, ist es aber nicht.

Was hat die Initiative mit dem Preisgeld vor?

Wir wollen für den Umstieg aufs Rad werben und planen eine Plakataktion. Da sind wir in guten Gesprächen mit der Stadt. Damit alle Radfahrer Platz haben, muss natürlich der Ausbau des Radnetzes vorangehen. In der Vergangenheit ist in Ludwigsburg die Rad-Infrastruktur nicht derart gefördert worden wie die für Autos.

Klingt nach neuen Konflikten.

Uns ist wichtig zu zeigen: Wir sind nicht gegen etwas, in dem Fall das Auto. Wir sind vielmehr für etwas: Den Umstieg aufs Rad. Wir sind keine Problemschaffer, sondern wir sind die Lösung.

Anfänge Gegründet wurde die Radwegeinitiative vor gut zehn Jahren, maßgeblich beteiligt war Roswitha Matschiner. Sie saß bis 2009 für die Grünen im Ludwigsburger Gemeinderat, zeitweise als Fraktionschefin. Inzwischen leiten Tina Murphy und Markus Schneid die Initiative.

Ehrung Der Armin-Zeeb-Preis wird alle zwei Jahre ausgelobt vom Ludwigsburger Kreisverband der Grünen und der grünen Kreistagsfraktion. Er wird in zwei Kategorien verliehen und ist mit insgesamt 1000 Euro dotiert. Ebenfalls geehrt wird dieses Jahr die Ökumenische Hospizgruppe Schwieberdingen-Hemmingen.