Der Koch Alexandre Mazzia aus Marseille hat vom Guide Michelin seinen dritten Stern bekommen. Foto: dpa/Christophe Simon

Mitten in der Corona-Pandemie zeichnet der Guide Michelin Spitzenköche aus und erntet dafür einige Kritik

Paris - Der Guide Michelin trotzt der Krise. Der Gastronomieführer hat mitten in der Corona-Pandemie die Spitzenrestaurants im Stammland Frankreich mit seinen Sternen ausgezeichnet. Einer der großen Gewinner ist in diesem Jahr der Koch Alexandre Mazzia aus Marseille. Dessen Restaurant „AM“ mit nur 22 Sitzplätzen wurde überraschend mit einem dritten Stern dekoriert.

Ein neues Drei-Sterne-Restaurant

Die Zahl der Edellokale mit drei Sternen in Frankreich und Monaco erhöht sich damit auf 30. Als Tribut an die Pandemie blieben Herabstufungen in der gastronomischen Topliga dieses Mal aus. Ebenfalls wegen Corona wurde die Vergabe der Auszeichnungen in diesem Jahr auf dem Eiffelturm unter Ausschluss der Öffentlichkeit vollzogen und nur über die sozialen Netzwerke übertragen.

Kritik an solch einer elitären Veranstaltung in Zeiten der Krise wurde von Gwendal Poullennec, dem Chef des Guide Michelin, gekontert. Natürlich habe man sich diese Frage auch in seinem Hause gestellt. Aber gerade in diesen schweren Zeiten sei es wichtig, dass die Gastronomen jede Unterstützung bekämen. „Mit der Veröffentlichung unseres Gastronomieführers wollen wir den Küchenteams Mut machen, an sich selbst zu glauben und weiter zu arbeiten.“

Köche mit kreativen Ideen in der Krise

Einige der Spitzenlokale bieten inzwischen einen Liefer- oder Abholservice an. Und selbst bekannte Sterneköche zögern nicht, außerhalb ihrer angestammten Edellokale zu arbeiten. Der mit dem dritten Stern dekorierte Alexandre Mazzia besorgte sich kurzerhand einen umgebauten Lieferwagen und zieht nun mit diesem Foodtruck durch die Straßen von Marseille. Ein Star der Branche, Mauro Colagreco vom „Mirazur“ in Menton an der Côte d’Azur, richtete mit einem Unternehmer einen Feinkoststand in einer Markthalle in Monaco ein. „Wir müssen uns anpassen, Lösungen suchen“, sagte der aus Argentinien stammende Drei-Sterne-Koch der Zeitung „Le Figaro“ und fügte hinzu: „Das hilft, die Mannschaft in Schwung zu halten, die Hersteller zu beschäftigen, mit der Kundschaft in Kontakt zu bleiben und nicht die Hoffnung zu verlieren.“

Ein Stern ist nicht nur eine Ehre

Eine Auszeichnung vom Guide Michelin ist nicht nur eine Ehre, sondern auch ein wirtschaftlicher Faktor. Eric Tronchon, im Jahr 2019 mit einem Stern dekoriert, erinnert sich daran, wie er sich in seinem Lokal „Solstice“ in Paris plötzlich vor Reservierungen kaum mehr retten konnte. „Wir haben die Zahl unserer Essen von einem Tag auf den anderen praktisch vervierfacht“, sagt der Spitzenkoch. Zuvor hatte er allerdings fast eine halbe Million Euro investiert, um seine Küche auf den neusten Stand zu bringen. Nun bekommt er in der Pandemie vom Staat jeden Monat rund 10 000 Euro Unterstützung, allerdings muss er davon mehrere Tausend Euro Miete und sein Personal bezahlen. Mit den Sternen werde in diesem Jahr nicht nur das Talent der Gastronomen ausgezeichnet, erklärt Gwendal Poullennec, sondern vor allem auch der Kampfgeist, sich gegen diese Krise zu behaupten.