Wurst, Fleisch und Co. werden nun auch nach Hause geliefert. Foto: dpa/Maurizio Gambarini

Der Einzelhandel möchte auch Senioren und Menschen in Quarantäne versorgen.

Bottwartal - Das Thema Coronavirus bringt immer tief greifendere Veränderungen mit sich. Am Montag empfahl der Kabinettsausschuss der Bundesregierung den Bundesländern einzelne Maßnahmen, um die sozialen Kontakte im öffentlichen Leben zu minimieren. Wenig später am Nachmittag verkündete die Landesregierung Baden-Württemberg ihre ab sofort geltende Rechtsverordnung: Demnach sind Veranstaltungen mit mehr als 100 Teilnehmern verboten, der Betrieb von Gaststätten ist untersagt – außer die Tische stehen mindestens 1,50 Meter voneinander entfernt. Kinos, Bibliotheken, Schwimmbäder, Fitnessstudios – alles bleibt geschlossen. Läden, die nicht dem täglichen Bedarf dienen, sollen folgen, wie die Bundesregierung am Montagabend in Vereinbarung mit den Landesregierungen entschieden hat. Geöffnet bleiben demnach nur noch Lebensmittelläden, Wochenmärkte, Apotheken, Drogerien, Banken, Baumärkte oder auch Tankstellen. Auch den Lieferdiensten wird nun eine immer wichtigere Rolle zukommen, besonders wenn es darum geht, Senioren und Menschen in Quarantäne zu versorgen. Im Bottwartal gibt es erste Angebote:

Schon vor Corona mit dem Gedanken gespielt, „vor allem ältere Kunden, die nicht mehr zum Einkaufen kommen können, zu beliefern“, hat Jürgen Sommer von der Metzgerei Sommer in Kleinbottwar. „In den vergangenen Tagen kam dann die Nachricht via Facebook, dass die Handballer des Zweitligisten TV Hüttenberg in ihrer jetzigen Handballpause einen Einkaufsservice anbieten. Als mich dann auch noch Kunden auf die Sache mit dem Liefern angesprochen haben, und auch einige Bekannte sich derzeit in Quarantäne befinden, haben wir uns entschieden, den Lieferservice anzubieten“, sagt Sommer. Auf seiner Homepage wirbt er nun mit dem Angebot. Per Telefon oder E-Mail kann man seine Bestellung abgeben, nach Absprache findet dann eine kontaktlose Lieferung statt. Ähnlich wie bei anderen Lieferanten wird dafür eine Anfahrtspauschale erhoben.

Am Sonntag entschied sich auch die Metzgerei Zum Ochsen in Oberstenfeld dazu, ab sofort einen Lieferservice anzubieten. „Außergewöhnliche Ereignisse erfordern außergewöhnliche Maßnahmen. Wir machen das aus Solidarität, weil wir helfen wollen. Wir müssen da ja alle miteinander durch“, sagt Brigitte Betz-Kori und weist darauf hin, dass die Maßnahme ordentlich Mehraufwand für ihre Metzgerei bedeute. Unter anderem müsse jemand fahren. Deshalb erhebe man eine Anfahrtspauschale. Geliefert wird wie bei Sommer ab einem Einkaufswert von 20 Euro. „Man kann vormittags bis 11 Uhr bestellen, die Waren werden dann ab 15 Uhr gebracht. Die Übergabe erfolgt kontaktlos. Die Rechnung wird mit in die Tüte gelegt und kann dann überwiesen werden“, erklärt Betz-Kori.

Bereits seit 1984 liefert Getränke Apfelbach aus Großbottwar Durstlöscher nach Hause, aktuell machen die Brüder Stefan und Mark Apfelbach aber noch einmal extra auf diesen Service aufmerksam. „Wir sind in einer Situation, in der es andere Maßnahmen erfordert. Ich denke, die Lage wird sich in den kommenden Tagen auch noch einmal verschärfen“, meint Mark Apfelbach, der bislang zwar noch keinen sprunghaften Anstieg neuer Kunden bemerkt hat, sich aber gut vorstellen kann, dass sich dies in den nächsten Tagen noch ändern wird. „Aktuell ist es aber so, dass unsere Kunden deutlich mehr kaufen als sonst.“ Was das Liefern an sich angeht, so haben die Brüder die Vorsichtsmaßnahmen noch einmal erhöht. „Wir haben ja viele Kontakte und wollen Ältere nicht gefährden. Deshalb findet zum Beispiel ein Geldaustausch fast immer nur einseitig statt. Wir nennen den Betrag zuvor“, so Apfelbach.

Auch beim etablierten Lieferservice der Bäckerei Hofmann aus Murr an Seniorenheime geht es in diesen Tagen um das Vermeiden von Kontakt: „Die Ware stellen wir inzwischen an die Türe. Das ist so vereinbart“, sagt Gabi Hofmann. Auch in der Bäckerbranche seien durch Corona Veränderungen spürbar. „Die Menschen kaufen jetzt mehr Brot“, hat sie beobachtet, weshalb mehr produziert werde. Es sei aber schwierig, die richtige Menge abzuschätzen. „Wir leben von Tag zu Tag und wollen ja auch nicht zu viel produzieren“, so Hofmann weiter. Spannend werde nun, ob sich das Kaufverhalten erneut ändert, wenn Kindergärten und Schulen geschlossen sind. „Vielleicht wird dann mehr Frühstücksware gekauft.“Angefasst wird die Backware nur noch mit Handschuhen und Greifzange. „Das Personal wäscht sich und desinfiziert natürlich auch sonst die Hände. Das passiert jetzt aber noch mal verstärkt“, sagt Gabi Hofmann, die auch von Veränderungen im Backcafé berichtet: Kunden sagen Treffen wie Geburtstage oder ein gemeinsames Brunchen ab. „Und die Selbstbedienung an der Theke gibt es vorerst nicht mehr.“

Die Situation im Kaufland in Steinheim
Hamsterkäufe sind in diesen Tagen – obwohl laut Bundesregierung absolut unnötig – ein Problem. So auch beim Kaufland in Steinheim, das  – anders als kursierende Gerüchte behaupten –   ganz normal geöffnet hat und auch weiter geöffnet haben wird. „In den vergangenen Tagen wurden in unseren Filialen Grundnahrungsmittel wie Nudeln, Mehl und Konserven sowie Hygieneprodukte teilweise sehr stark nachgefragt. Daher kann es derzeit bei einzelnen Produkten kurzfristig zu Engpässen kommen“, teilt Andrea Kübler von der Pressestelle in Neckarsulm auf Nachfrage mit. Angst müsse jedoch keiner haben. Denn:  „Aufgrund unseres großen Sortiments ist die Warenversorgung  grundsätzlich gewährleistet. Unsere Filialen werden laufend mit neuer Ware beliefert, sodass die Warenversorgung auch weiterhin sichergestellt ist.“
Was das Thema Hygiene in diesen Tagen angeht, so „haben wir unsere Mitarbeiter diesbezüglich noch einmal sensibilisiert sowie unsere regulären Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen intensiviert“, erklärt Kübler. So würden bis auf Weiteres keine Mehrwegbehältnisse von Kunden mehr an den Frischetheken befüllt. „An der Kasse bieten wir unseren Kunden an, bevorzugt mit Karte zu bezahlen“, so Kübler.