Ferne Länder und fremde Kulturen begeistern den Künstler Bertl Zagst seit Jahrzehnten. Foto: Horst Rudel

In seiner neuen Ausstellung zeigt der Esslinger Maler Bertl Zagst auf 40 kleinen Stoffquadraten allerlei Motive, die das Fernweh wecken. Die Bilder spiegeln das Leben und die Leidenschaft des pensionierten Kunstlehrers wider.

Plochingen - Kraftvoll vertreiben Strandlandschaften mit Booten, Fischen und exotischen Früchten die Melancholie eines dunklen und nassen Märzabends im Café Steiner am Fluss in Plochingen. „Der Stoff auf dem die Träume sind“, so lautet der Titel der jüngsten Ausstellung des Esslinger Künstlers Bertl Zagst, die jetzt eröffnet wurde. Der Stoff, das sind Taschentücher, die dem Künstler als Leinwand dienen. Als Motive hat Zagst Ostseelandschaften, Horizonte, Land, Meer und Himmel gewählt.

„Das ist genau die Größe, in der man eine Serie bewältigen kann“, erklärt der Künstler, warum er 40 Stofftaschentücher bemalt hat. Große Formate würden ihm nicht liegen. Bearbeitet wurden die – wohlgemerkt nie für ihren ursprünglichen Zweck eingesetzten – Taschentücher zunächst mit einer Dispersionsfarbe. Anschließend hat Bertl Zagst die Stoffe noch ein wenig eingefärbt, beispielsweise mit etwas Rotwein oder Granatapfelsaft, bevor er sich an die eigentlichen Motive gemacht hat. „Ich kann nicht auf einer weißen Fläche malen“, sagt der 69-Jährige. Die eigentlichen Bilder wurden dann mit Aquarellen, Wasserfarben und Grafitstiften umgesetzt.

Ein wiederkehrendes Motiv ist der Granatapfel

Die Motive spiegeln das Leben und die Leidenschaft des pensionierten Kunstlehrers am Esslinger Georgii-Gymnasium wider. „Ich bin gerne am Meer“, verrät er. Ferne Länder und fremde Kulturen begeistern Zagst bereits seit Jahrzehnten. Viel sei er in arabischen Ländern unterwegs gewesen, in Ägypten habe er sogar von 1989 bis 1995 gelebt. „Das hat mich verändert“, sagt er rückblickend. Reisen und das Entdecken anderer Kulturen erweitere den geistigen Horizont. Neben dem Mittelmeer sei er gerne an der Ostsee, wo er regelmäßig segle.

Das Betrachten seiner Bilder weckt unweigerlich das Fernweh. Erinnerungen oder Fantasien von Eindrücken an einsamen Stränden mit dem Blick auf das weite Meer werden geweckt. Schnell schweifen die Gedanken ab. Wohin könnten die Boote fahren? Wird die Brandung vom grellen Geschrei der Möwen durchschnitten oder lauscht der Betrachter dem Meeresrauschen aus einer großen Muschel?

Ein wiederkehrendes Motiv ist der Granatapfel. Während seiner Zeit in Ägypten habe es zum Mittagessen stets ein Glas frisch gepressten Granatapfelsaft gegeben, erinnert sich Zagst. Seitdem habe ihn die Frucht nicht mehr losgelassen und einen Einzug in seine Kunst gefunden. „Es ist eine sehr sinnliche Frucht“, so der Maler.

Die Sehnsucht nach der Ferne

Martin Schalhorn, ein einstiger Lehrerkollege von Zagst, der bei der Vernissage nicht selbst anwesend sein konnte, sein Grußwort aber per Tonband abgespielt wurde, sagte: „Auf den Alltags- und Gebrauchsgeweben haben sich Träume niedergelassen“. Es seien Bilder von besonderer Zartheit, rätselhafte Projektionen aus dem Inneren entstanden. Sie weckten Assoziationen, der Betrachter sehe sich an Seekarten, die Umrisse einer Küste oder einer Insel erinnert.

Bertl Zagst ist mit seiner Sehnsucht nach der Ferne nicht allein. So viele Menschen ziehen hinaus in die weite Welt. Sie kommen aus exotischen Ländern in die Region Stuttgart oder ziehen aus dem Schwabenland bis in die letzten Winkel des Planeten. Gemein ist ihnen meist die Suche nach dem Glück, nach der Erfüllung ihrer Träume. Dabei könnten sie es doch viel einfacher haben: Der Stoff auf dem die Träume sind, Bertl Zagst hängt ihn an die Wand.

Die Ausstellung „Der Stoff auf dem die Träume sind“ ist bis zum 11. April bei Steiner am Fluss im Bruckenwasen 11 in Plochingen zu sehen. Die Öffnungszeiten sind täglich von 12 bis 18.3o Uhr.