Gegen Schwarz-Weiß-Klischees: Szene aus Foto: James Gregory Atkinson

Erwachsenwerden als unabgeschlossener Prozess, als unablässiges Aushandeln von Anpassung und Abweichung: Das ist Thema der neuen Ausstellung in der Esslinger Villa Merkel – im Spiegel aktueller Kunst, versteht sich.

Vielleich hätten wir da gleich ein schönes Sinnbild dessen, um was es in dieser Kunst-als-Leben-Ausstellung geht. Da fotografiert sich die Künstlerin Asli Özdemir aus Erbach im Odenwald gleich zwei Mal in der Küche, den Kopf nach hinten gewendet, der Blick aufmerksam und leicht herausfordernd. Die Künstlerin als Hausfrau (oder umgekehrt), velazquezhaft für einen Moment abgewandt vom Abwasch, als wär’s die Leinwand auf der Staffelei. Indes: Es ist die gleiche Pose, der gleiche Raum, aber bei aller Ähnlichkeit doch nicht die gleiche Frau, die da in die Kamera schaut. Zwischen Original und Replik, Mutter und Tochter liegen 30 Jahre, die wie ausgelöscht erscheinen in der Identität desselben Moments. Was lernen wir daraus? Hier gilt es nicht dem Fortschreiten und dem Fortschritt, nicht der vergehenden und vergangenen Zeit, sondern der Wiederkehr, Rundung statt Linie, zyklisch verblassende und dann wieder konturenscharfe Erinnerung, ein Modus fortwährenden Dämmerns. Deshalb markieren auch die geschmackvoll gesampelten Geschmacklosigkeiten zwischen Sex, Botticelli und Häkeldeckchen – Erregungsware, Kunstkitschabhub, Behaglichkeitsfetische – eine hermetische Gegenwart, der man in tausend Jahren nicht entkommt.