Der Weg schlängelt sich im Wildbader Baumwipfelpfad in Serpentinen nach oben. Foto: Stefan Jehle

Auf dem einzigen Baumwipfelpfad im Schwarzwald geht es bei Bad Wildbad hoch hinaus. Die Seitenpfade sind nur für schwindelfreie Besucher geeignet. Doch schon der Hauptweg entlockt vielen Ausflüglern Begeisterungsrufe.

Bad Wildbad - Auf dem Holzsteg am Eingang geht es noch vergleichsweise ruhig, gemächlich und unspektakulär zu. Doch das ändert sich schnell. Der Weg führt gleich hoch hinaus, 20 und mehr Meter über dem Grund, und er wartet mit weit reichenden Ausblicken auf. Das ist ein Vorgeschmack auf die Welt der Baumkronen, über der man gleich wandeln wird. Ein Goethe-Zitat kommt einem in den Sinn: „Über allen Gipfeln ist Ruh“, schreibt der Dichterfürst in seinem berühmten „Wandrers Nachtlied“.

Im Hintergrund ist das Aufheulen von Motoren zu hören. Eine Gruppe junger Franzosen setzt sich auf ihre Motorräder. „Incroyable!“ – „Unglaublich!“, hatte eine Bikerin im Vorbeigehen ausgerufen – vermutlich vor Begeisterung über die Perspektiven in den Höhen des Nordschwarzwalds. Aber jetzt geht es für die Motorradfahrer weiter vom Parkplatz aus, der unterhalb des Baumwipfelpfads von Bad Wildbad den Besuchern zur Verfügung steht.

Sommer und ein Hauch von Abendsonne

Den Parkplatz, von dem man auch zur neuen Hängebrücke Wildline gelangt, müssen auch die mit öffentlichen Verkehrsmitteln anreisenden Besucher queren. Zu Fuß kommt man von Wildbad aus ebenfalls gut auf den Sommerberg, den oberhalb der Kurstadt gelegenen Höhenzug – oder aber bequem mit der Sommerbergbahn, die bereits seit 1908 in Betrieb ist. Es ist eine der ältesten Standseilbahnen im Land, die regulär im 30-Minuten-Takt verkehrt, bei Bedarf auch öfter. Zur Einstiegsstelle gelangt man etwa per S-Bahn aus Richtung Pforzheim: Die Haltestelle Uhlandplatz in der Stadtmitte Wildbads ist nur wenige Meter von der Talstation entfernt.

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Andreas Hülsheger aus Karlsruhe ist zum dritten Mal in seinem Leben auf einem Baumwipfelpfad unterwegs. Seine „Erstbegehung“ war in Neuschönau, mitten im Bayerischen Wald. Hier im Schwarzwald – im Vergleich zu Neuschönau der merklich höhere Pfad – spaziert der 47-Jährige nun schon das zweite Mal in luftiger Höhe. Beim ersten Mal in Wildbad war er mit der Familie da, nun ist er allein. Die Stimmung sei damals aber ganz ähnlich gewesen, sagt er: „Sommer, ein Hauch Abendsonne.“

Schwindelfreiheit empfiehlt sich auf den Seitenpfaden

Hülsheger, der ursprünglich aus dem Rheinland stammt und beruflich in Nordbaden hängen blieb, genießt die ersten Meter auf dem laut den Angaben der Betreiber 630 Meter langen Holzsteg. Der Weg ist mit Geländern gut abgesichert und verläuft im Schnitt 20 Meter über dem Waldesgrund. Er passiert einen von Spechten durchlöcherten Nadelbaum zur Rechten, zur Linken sind Futterstellen für Waldvögel zu sehen. Als weiteren Vorgeschmack auf den Höhenweg im Baumwipfelpfad gibt es Seitenpfade, die Tritte sind ganz schön wackelig. Immerhin: Man kann sich an den Seilen festhalten. Schwindelfrei muss man dort trotzdem sein. Und Hülsheger findet: „Solche Pfade gehören zur Dramaturgie dazu.“

Als er zum Übergang vom Holzsteg in den Turm mit seinem serpentinenartigen Weg kommt, sagt Hülsheger: „Das sieht aus wie die Kuppel des Berliner Reichstags.“ Im Kreis herum mäandert der Besucher allmählich, Schritt für Schritt, nach ganz oben. Nur gebe es auf dem Sommerberg „keinen parlamentarischen Unterbau“, sagt der 47-Jährige und lacht verschmitzt. Stattdessen: „Rundherum nur Natur.“ Herrlich! Und anders als auf dem Zulaufsteg ist es plötzlich vorbei mit Ruhe. Dutzende Menschen haben inzwischen den gleichen Weg angetreten, sind teils schon auf dem Rückweg – und geben immer wieder lauthals ihre Begeisterung kund.

Die Besucher halten das Holzkonstrukt in Bewegung

Acht Wendeschleifen weit – im Reichstag sind es nur fünf – führt der Weg nach oben. Rund 40 Meter hoch über den Grund. Man merke jetzt „ein ganz leichtes Schwanken des Turms, wenn man sich drauf konzentriert“, sagt Hülsheger. Das liegt auch an den vielen Besuchern, denn sie halten mit ihren Schritten das Holzkonstrukt in Bewegung. Der Ausblick ganz oben belohnt den Besucher für den Aufstieg – er ist phänomenal. Im Süden, in gut 20 Kilometer Entfernung, erblickt man die Windräder von Simmersfeld/Seebach. Im Nordosten, etwa 50 Kilometer weiter, könnte Stuttgarts Fernsehturm zu sehen sein, wenn es nicht so diesig wäre. Sonntags, sagt Hülsheger, würde er den Turm „allerdings weniger gern besteigen“. Er habe gehört, dass da oft „Hunderte Menschen“ gleichzeitig oben seien. Mit all dem dazugehörenden Trubel.

„Man befindet sich auf etwa demselben Niveau wie der umgebende Wald – und kann daher ringsum in das Umland schauen“, schwärmt Hülsheger. Dadurch können man „eine unglaubliche Weite genießen“. Anders als im niedrigeren Baumwipfelpfad im Bayerischen Wald, wo benachbarte Höhenzüge den Blick begrenzten. Trotzdem sei man hier in Wildbad körperlich nicht allzu sehr gefordert: „Man kann den Fußmarsch in die oberste Schleife des Turms ganz entspannt angehen.“ Andreas Hülsheger kann das einschätzen, er ist ein gut trainierter Wanderer und hat schon lange Wanderungen durch die Alpen gemeistert, herausfordernde Klettersteige inklusive. Wie würde er also den Baumwipfelpfad in einem Satz beschreiben? „Hier bekommt der Besucher familientauglichen Nervenkitzel geboten“, sagt Hülsheger. Vielleicht kommt er daher das nächste Mal wieder mit der Familie.

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