Hunderte warten vor dem Wahllokal in Stuttgart Foto: Fotoagentur Stuttgart

Bei der Stichwahl um das Amt des rumänischen Staatspräsidenten ist es am Sonntag in Deutschland und anderen europäischen Ländern erneut zu chaotischen Verhältnissen gekommen.

Stuttgart - Bei der Stichwahl um das Amt des rumänischen Staatspräsidenten ist es am Sonntag in Deutschland und anderen europäischen Ländern erneut zu chaotischen Verhältnissen gekommen. Bereits beim Wahlgang vor zwei Wochen hatten Tausende Auslandsrumänen teils vergeblich stundenlang vor den wenigen Wahllokalen in langen Schlangen gewartet. Einige Wahllokale wurden geschlossen, ohne dass viele Wähler ihre Stimme abgeben konnten. Diese Szenen haben sich jetzt noch gesteigert.

In Stuttgart reihten sich die ersten Auslandsrumänen bereits um 3 Uhr nachts vor der L-Bank am Börsenplatz auf. Die diente als Wahllokal, weil L-Bank-Vorstandsmitglied Manfred Schmitz-Kaiser als Honorarkonsul des Landes für Baden-Württemberg fungiert. Am Nachmittag warteten laut Polizei bis zu 2500 Menschen vor dem Gebäude. Eine Straße musste gesperrt werden.

Martin Rill, Leiter des rumänischen Verbindungsbüros bei der L-Bank, berichtete am Abend von schwierigen Verhältnissen. „Pro Stunde können nur 200 Menschen wählen. Es geht sehr langsam, weil es keine Wählerlisten gibt.“ Derzeit sei dem Büro nicht einmal bekannt, wie viele Rumänen überhaupt in Baden-Württemberg lebten. Zum Stichtag 31. Dezember 2013 seien es rund 50 000 gewesen. Man vermute aber, dass im Zuge der Freizügigkeit in den vergangenen Monaten bis zu 35 000 Menschen zusätzlich in den Südwesten gekommen sind. Die seien aber nirgendwo erfasst. Man wisse deshalb überhaupt nicht, mit wie vielen Wählern zu rechnen sei.

Beim ersten Wahlgang haben in Stuttgart 2583 Menschen gewählt. Am Sonntag, so Rill, seien ungefähr doppelt so viele gekommen. Am Abend standen noch 1500 Menschen vor der Tür. Damit jeder seine Stimme abgeben konnte, wurden zur Schließung des Wahllokals um 21 Uhr nicht etwa die Türen abgesperrt, sondern geöffnet. „Wir haben wie schon beim ersten Mal alle Schotten geöffnet, um die Leute reinzulassen, weil wir nicht wollen, dass welche übrig bleiben“, sagte Rill. Hunderte strömten in die Bank, um doch noch zum Zug zu kommen.

In Stuttgart reagiert man mit Kopfschütteln auf das Chaos. „Die Bundesregierung hat der rumänischen Regierung angeboten, die Zahl der Wahllokale zu erhöhen“, sagte Rill. Die habe das aber abgelehnt. So blieb es am Sonntag bei den fünf Lokalen in Stuttgart, München, Berlin, Hamburg und Bonn. Im europäischen Ausland, so Beobachter, spielten sich überall ähnliche Szenen ab. In Paris und London hatten aufgebrachte Rumänen bereits beim ersten Wahlgang versucht, die Vertretungen ihres Landes zu stürmen. In München musste vor zwei Wochen am Abend die Polizei den Wartenden vor dem Wahllokal mitteilen, dass sie umsonst gekommen waren.

Der Unmut unter den angereisten Rumänen war am Sonntag auch in Stuttgart groß. „Neulich schon das Chaos, und jetzt noch mehr – das kann doch nicht wahr sein“, sagte einer in der Warteschlange, der am Abend bereits 15 Stunden für den Versuch, seine Stimme abzugeben, aufgewendet hatte. Viele Wartende waren sich einig, dass das Chaos kein Zufall ist. „Die Regierung will nicht, dass wir wählen“, sagte eine Frau.

Unter den zahlreichen Auslandsrumänen gilt der sozialistische Ministerpräsident und Präsidentschaftskandidat Victor Ponta als unbeliebt. Bei ihnen stehen die Chancen des nationalliberalen Bürgermeisters von Sibiu, Klaus Iohannis, besser. Der deutschstämmige Kandidat war im ersten Wahlgang auf 30, Ponta auf 40 Prozent gekommen.

In der L-Bank und den anderen Wahllokalen dauerten Stimmabgabe und Auszählung bis in den Morgen. Ausbaden mussten das Chaos nicht nur die Wähler, sondern auch die Wahlhelfer – in Stuttgart etwa 24 Mitglieder von rumänischen Kulturvereinen.