Der Blick von der Yburg aus über die Weinlage Brotwasser Foto: Horst Rudel/Rudel

Als Wohnsitz ist die Yburg schon während das Baus ausgeschlossen worden. Der seit gut 250 Jahren dachlose Steinbau am Remstalrand ist ein touristischer Magnet der Weinbaukommune Kernen. Was macht ihn so besonders?

Markant thront der der kantige Steinbau über Stetten und wirklich idyllisch in den Weinbergen – die Yburg. Die Herren von Stetten haben einst in den Anfangsjahren des 14. Jahrhunderts ein neues Herrenhaus gesucht. In ihrer alten Bleibe war es wohl zu eng geworden. So entstand zwischen 1300 und 1310 unter der Kuratel der Truchsessen von Stetten und deren Vettern von Yburg das heutige Wahrzeichen des Kernener Ortsteils Stetten. Puristisch gebaut, aber abgelegen, umgeben von Weinlagen, die wenige Jahrhunderte später als Stettener Brotwasser oder Pulvermächer Weltruf erlangen sollten.

Yburg – ein oben offenes Wahrzeichen Die Bauherren der Burg am Berg führten das Projekt an der Hangkante über Stetten zunächst einmal nicht vollständig aus. Die Truchsessen entschieden sich als tatsächlichen Wohnsitz gegen die Yburg, als der auffällige Rechteckbau oberhalb von Stetten bereits weitgehend erstellt war. Mit ein Grund: die Burg hatte nie einen eigenen Brunnen, und das Wasser musste mühselig von Hand oder per Esel die steilen Treppen der Burgsteige hinaufgetragen werden. Stettens Hofbeamte bauten sich stattdessen eine bequemere Residenz im Tal. Und das neue, ortsnahe Schloss bekam unter anderem sogar eine damals aufwendig herzustellende hauseigene Wasserleitung. Über viele Jahrhunderte hinweg entstand – beginnend wohl mit dem Bau eines Wasserschlosses um 1384 – unten im Tal schließlich eine Schlossanlage, in der im Laufe der folgenden Jahrhunderte im heutigen Schloss mitten im Ort viele Baustile vereint wurden. Und die als zeitweiliger Witwensitz derer von Württemberg sowie viel später als Zentrale der einstigen Heil- und Pflegeanstalt für Epileptische und Schwachsinnige und heutigen Diakonie Stetten mehr Bekanntheit erreichte als die dafür deutlich markanter in der Remstallandschaft postierte Yburg.

Aufstockung 1650 – Teilabriss 1760 Um das Jahr 1650 erhielt die Yburg noch ein drittes Stockwerk. In dieser Zeit war laut der Stettener Annalen der Bau am Berg im Besitz der Familien Bonn, Liebenstein und Stetten, die sich aber in jenen Jahren einen erbitterten Erbstreit lieferten. Mitglieder der Familie Bonn nutzten die Yburg während dieser Epoche als Domizil. Ab dem Jahr 1690 lebte dann offenbar niemand mehr in den Gemäuern am Hang. 1759 entschied Herzog Carl-Eugen von Württemberg schließlich, die Yburg bis auf die vier Außenwände abzubrechen.

Platane wird nach 100 Jahren gefällt 1832 pflanzte der Hofgärtner Gugler in den Innenbereich eine Platane, die aber 1931 gefällt werden muste, weil sie das Mauerwerk durch den starken Wurzelbewuchs zu sprengen drohte. 1960 ging die Burg in den Besitz der damals noch selbstständigen Gemeinde Stetten über und wurde bei der Gelegenheit grundlegend saniert. Eine weitere Frischzellenkur für das gut 700 Jahre alte Mauerwerk erfolgte vor vier Jahren rechtzeitig zur Remstal-Gartenschau im Jahr 2019.

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Neue Bewohner nach 700 Jahren Seit April 2011 ist die optisch nach wie vor markant ins Remstal ragende Yburg auch wieder bewohnt – zumindest symbolisch. 15 Bronzeplastiken des Strümpfelbacher Bildhauers und Kunstprofessors Karl Ulrich Nuss aus dem benachbarten Weinstadt sorgen an exponierter Stelle für ein ganz besonderes Kunsterlebnis und locken seitdem Kunstliebhaber aus ganz Deutschland auf die Stettener Halbhöhenlage. Mit dabei ist etwa die am inneren Treppenaufgang postierte Burghexe mit Katze auf der Schulter.

Kulisse für Kunst und Kulinarik Seit vielen Jahren bildet die Yburg unter anderem auch eine beeindruckende Kulisse für vielerlei Veranstaltungen. Etwa für den jeweils zu Pfingsten angelegten viertägigen „Kulinarischen Weinweg“ mit mehreren Stationen rundum in den Weinbergen. Es gab auch schon Hochzeiten und Kleintheateraufführungen – und am kommenden Sonntag lockt nach zweijähriger coronabedingter Zwangspause unter neuer Regie der Weinkellerei Kern wieder die traditionelle Weinprobe der Stettener Weinmacher zum Genuss rund um das historische Gemäuer.

Wie man zur Yburg kommt

Anreise
Nach Kernen-Stetten gelangt man mit den S-Bahn-Linien 2 und  3 bis Waiblingen und weiter mit den Buslinien 211 oder X 20. Von den Bushaltestellen Diakonie oder Kelter ist die Yburg zu Fuß über die 2019 sanierte und mit Trockenmauern flankierte Burgsteige in 30 Minuten erreichbar. Der Treppenaufgang führt direkt am von Wengerter Jochen Beurer vor gut zehn Jahren eingerichteten Museumsweinberg mit alten einheimischen Rebsorten vorbei.