Viele Jugendliche suchen sich den Arbeitgeber in der Autoindustrie. Foto: dpa

Die schlechtere Konjunktur wirkt sich noch nicht auf den Lehrstellenmarkt aus. Doch durch die Digitalisierung sind vielfach andere Ausbildungsberufe gefragt.

Stuttgart - Die konjunkturelle Abkühlung hinterlässt noch keine Spuren bei der Zahl der neuen Ausbildungsverträge. Dies erklärte die Präsidentin der Industrie- und Handelskammer (IHK) Region Stuttgart, Marjoke Breuning. Breuning, die auch stellvertretende Präsidentin des Baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertages ist, zeigte sich auch für das kommende Jahr optimistisch. Auch 2020 werde die Zahl der Ausbildungsverträge im Bereich der südwestdeutschen IHKs wohl wieder die Höhe der Abschlüsse in diesem Jahr erreichen. Die Unternehmen wollten sich auch mit Blick auf die demografische Entwicklung ihren Nachwuchs sichern, meinte Breuning.

Zu Beginn des neuen Ausbildungsjahres am kommenden Montag seien bei den Industrie- und Handelskammern im Südwesten 40 500 neue Verträge abgeschlossen worden, sagte Breuning. Die Kammern rechnen damit, dass die Zahl der Abschlüsse bis zum Ende des Jahres noch steigen wird.

Andererseits würden manche junge Menschen, die schon einen Vertrag unterschrieben hätten, sich kurzfristig doch noch für ein Studium entscheiden. Entscheidend für die Gewinnung des Nachwuchses seien Bekanntheit und der Ruf eines Unternehmens. Kleinere Firmen täten sich deshalb oft schwerer als große. In der Region Stuttgart beginnen am Montag 9400 junge Menschen ihre Ausbildung, etwa ähnlich viele wie im Vorjahr.

Abiturienten zeigen mehr Interesse

Auch Abiturienten zeigten ein wachsendes Interesse an einer beruflichen Ausbildung, erklärte die Kammerpräsidentin. Von den im September neu dazukommenden Auszubildenden im Lande habe ein Drittel die Berechtigung für ein Hochschulstudium. Vor zehn Jahren seien dies erst 20 Prozent gewesen. In der Region Stuttgart hätten 3420 der neuen Azubis eine Berechtigung für ein Hochschulstudium. Breuning räumte ein, diese aus Sicht der Unternehmen positive Entwicklung liege auch daran, dass der Anteil der Abiturienten an einem Jahrgang heute höher als noch vor zehn Jahren sei. Nach den Angaben der Stuttgarter IHK absolvieren auch immer mehr Flüchtlinge eine Ausbildung in einem IHK-Beruf. In Baden-Württemberg liege deren Zahl mit 3000 um rund 600 höher als noch vor einem Jahr. Im ganzen Land gibt es noch zahlreiche offene Stellen für Azubis, so etwa rund 560 bei der Lehrstellenbörse der IHK Stuttgart.

Jedes dritte baden-württembergische Unternehmen gibt an, seine Ausbildungsplätze nicht alle besetzen zu können. In der Region Stuttgart melden 20 Prozent der Betriebe unbesetzte Ausbildungsplätze. Unternehmen berichten auch von einer teilweise mangelhaften Ausbildungsreife. Bei einer Online-Umfrage der IHK hatten 94 Prozent von 1900 Unternehmen im Land darüber geklagt. Ein Hindernis sei neben Sprachproblemen oft auch eine mangelnde Motivation.

Mehr junge Leute wollen in IT-Berufen tätig werden

Eine stärkere Nachfrage nach Ausbildungsplätzen melden Unternehmen, die Angebote im Bereich der Digitalisierung machen können. So stieg die Nachfrage nach Ausbildungsplätzen als Fachinformatiker für die Systemintegration und als Elektroniker für die Automatisierungstechnik. Nicht signifikant gewachsen ist nach den Angaben von Andrea Bosch, Geschäftsführerin für Aus- und Weiterbildung bei der Stuttgarter IHK, das Interesse junger Frauen an gewerblich-technischen Berufen. Dies könne auch daran liegen, dass sich junge Frauen eher für ein technisches Studium als für eine derartige Ausbildung entschieden, meinte Bernd Engelhard, der stellvertretende Hauptgeschäftsführer der Stuttgarter IHK.

Das Handwerk in der Region Stuttgart meldet ein Plus bei den neuen Lehrverträgen um 1,5 Prozent auf 4123 Abschlüsse. 17 Prozent der neuen Azubis besäßen die Hochschulreife, so Thomas Hoefling, der Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Stuttgart. Der Baden-Württembergische Handwerkstag hatte kürzlich von über 13 600 neuen Ausbildungsplätzen berichtet, das waren 1,6 Prozent weniger als im Vorjahr.