Die Schönbuchbahn fährt vorerst nur zwischen Dettenhausen und Holzgerlingen. Foto: factum/Granville

Die Schönbuchbahn pendelt seit Sonntag auf einem ausgebauten Teilstück. Der Endzustand sollte eigentlich seit Dezember erreicht sein. Einen neuen Termin gibt es nicht.

Böblingen - Den guten Teil der Nachricht verbreitete das Landratsamt schriftlich: Seit Sonntag fährt die Schönbuchbahn wieder. Nach anderthalb Jahren der Bauarbeiten und Streckensperrungen konnten um 7.46 Uhr erstmals wieder Fahrgäste in einem Zug statt einem Ersatzbus Platz nehmen. Allerdings nur auf einem Teil der Strecke, zwischen Holzgerlingen und Dettenhausen.

Gemessen an den Zielen, die der Landrat Roland Bernhard (parteilos) noch im vergangenen Sommer formuliert hatte, ist schon dieser Trassenteil mit Verzögerung wieder in Betrieb gegangen. Im Juli war, trotz immer neuer Schwierigkeiten, für Bernhard „die Zielmarke nach wie vor Dezember 2018“. Und dieses Ziel bezog sich nicht nur auf einen Teil, sondern auf die gesamte Schönbuchbahn-Strecke zwischen Dettenhausen und Böblingen. Der schlechte Teil der Nachricht ist, dass die Schönbuchbahn erst im Spätsommer wieder den Streckenstück zwischen Böblingen und Holzgerlingen befahren kann – „voraussichtlich“, wie es in der jüngsten amtlichen Mitteilung heißt. Mit einem genauen Termin hält die Kreisbehörde sich inzwischen zurück.

Die Erfahrungen der Vergangenheit sind leidvoll

Dies dürfte den durchaus leidvollen Erfahrungen der Vergangenheit geschuldet sein. Im März vergangenen Jahres hatten die Projektverantwortlichen bei einer Rundfahrt erstmals über Probleme am Bau berichtet, damals allerdings noch mit einem zuversichtlichen Schlusswort: Trotz aller unerwarteter Schwierigkeiten seien die Arbeiten im Zeitplan. Alle Verzögerungen seien wieder aufgeholt worden.

Eidechsen entlang der Trasse hatten den Fortgang ebenso behindert wie die Befürchtung, unter dem Gelände der neuen Wartungshalle am Böblinger Bahnhof werden man auch Bomben aus dem Zweiten Weltkrieg stoßen. In Holzgerlingen wiederum war der Untergrund felsiger als erwartet. Mit den üblichen Verfahren konnte er nicht beseitigt werden. Überdies verbarg sich Arsen im Erdreich. Zwischen Böblingen und Ehningen stießen die Arbeiter hingegen auf Schlamm. Der Boden am Fuß eines neuen Tunnels musste erst verfestigt werden. Auch die Masten für die elektrische Oberleitung ließen sich nicht plangemäß im Erdreich verankern.

Weitere Verzögerungen beklagten die Verantwortlichen, weil 80 der insgesamt 457 Strommasten fehlerhaft konstruiert und damit untauglich waren. Die Lieferfirma soll bei der Berechnung geschlampt haben. „Wir vergraben viel Geld“, sagte Bernhard. In der Tat: Einschließlich der neuen Elektroloks war der Ausbau der 17 Kilometer langen Bahnstrecke auf rund 145 Millionen Euro kalkuliert. Zwei Millionen Euro kamen hinzu. Doch im Zeitplan schien es nur geringfügige Verschiebungen zu geben. Statt Anfang Dezember 2018 sollte die Schönbuchbahn zum Jahreswechsel wieder in Betrieb gehen.

Die Verbindung zum Bahnkonzern stockt noch immer

Daraus wurde nichts. Doch zum Grund der nunmehr neunmonatigen Verzögerung gibt sich das Landratsamt eher wortkarg. Bei der Lösung der jüngsten Probleme „ist man ein bisschen auf die Bahn angewiesen“, sagt der Pressesprecher Benjamin Lutsch. „Es gibt noch keinen Termin für eine endgültige Lösung.“ Es geht um technische Schwierigkeiten. Am Böblinger Bahnhof regelt ein Stellwerk, das mehr als 50 Jahre auf dem Buckel hat, den Zugverkehr. Nur alte Eisenbahner wissen noch, wie es funktioniert. Entsprechend schwierig ist es, die Uralt-Technik mit der modernen für die Schönbuchbahn zu vereinen. Selbst wenn dies gelingt, erlischt die Betriebsgenehmigung des Eisenbahnbundesamts und muss erst neu beantragt werden.

Ungeklärt ist außerdem, wie die künftig elektrische Schönbuchbahn mit Strom versorgt werden soll. Die naheliegende Lösung wäre ein Anschluss an das nächste Umspannwerk des Bahnkonzerns. Den einen Kilometer Strecke bis zum Beginn der Schönbuchtrasse mit einer Leitung zu überbrücken, erwies sich allerdings als unerwartet kompliziert. Dies nicht zuletzt deshalb, weil „Absprachen mit der Bahn immer etwas schwierig sind“, wie es der Eisenbahn-Ingenieur Kurt Retter formulierte: „vorsichtig formuliert“.