Bei den Triellen „leider nicht dabei“: FDP-Chef Christian Lindner auf dem Kronprinzplatz Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Der FDP-Chef greift in Stuttgart Armin Laschet und Markus Söder an. 2017 hätten die Liberalen mit einer Koalitionsabsage „auf Karrieren verzichtet“.

Stuttgart - Ganz zum Ende seiner 55 Minuten, die sich Christian Lindner am Mittwoch auf dem Kronprinzplatz nimmt, um die hier in der Mehrheit offensichtlich ohnehin von ihm überzeugten Menschen zu gewinnen, wird es persönlich. „Ich könnte hier auch als Vizekanzler vor Ihnen stehen“, sagt der FDP-Bundesvorsitzende in Stuttgart ins Rund, und hält kurz inne. Im Jahr 2017, bei den Jamaika-Gesprächen mit CDU und Grünen, hätten die Liberalen bewusst „auf Karrieren verzichtet“, um einen Linksruck in Deutschland zu verhindern. Er auf einen Spitzenposten. CDU/CSU sei die Abwehr auch jetzt nicht zuzutrauen. Die Botschaft ist klar: erst das Land, dann die Partei, dann die Person, nach dieser Maxime handele die FDP.

Der Verzicht scheint Lindner bis heute Phantomschmerzen zu bereiten. Bei den Triellen sei er „leider nicht dabei, weil wir keinen Kanzlerkandidaten haben“. Stattdessen muss er sich vor den Fernseher und später, im Fernsehstudio, quasi an den Katzentisch zu AfD und den Linken setzen. Dabei, auch diese Botschaft ist klar, könnte er die Kanzlerrolle mindestens genauso gut ausfüllen wie eine Kandidatin der Grünen.

Angriff auf Söder und Laschet

Vier Tage vor der Bundestagswahl sind von keiner Partei mehr inhaltliche Neuheiten zu erwarten. Lindner spult in Stuttgart sein Programm ab, beschreibt die FDP als Garant für Wirtschaftswachstum, solide Staatsfinanzen, Steuererleichterungen und Klimaschutz, der Arbeitsplätze schafft. Allerdings gewinnen seine Aussagen über die Konkurrenz an Schärfe. CSU-Chef Markus Söder unterstellt er, an der strengen Coronapolitik womöglich deshalb Gefallen gefunden zu haben, weil der Ausnahmezustand und manche Regeln nicht allein dem Gesundheitsschutz dienten, sondern „ Machtgefühl und Popularität“ gestärkt hätten. Aber das denke er nur „in dunklen Stunden“. Corona-Einschränkungen müssten zurückgenommen werden, fordert er, die diskutierte 2-G-Regel (mehr Freiheiten nur für geimpfte und genesene Personen) sei nicht notwendig, denn eine Überlastung der Kliniken drohe nicht.

Auch CDU-Spitzenkandidat Armin Laschet wird zur Zielscheibe. Der erinnere ihn mit seiner typischen Handbewegung an den Kamellenwurf im rheinischen Karneval, so Lindner. Wobei Laschet nicht Karamellbonbons, sondern gepumptes Geld unters Volk werfen wolle. Neue Schulden sind für Investitionen laut Lindner gar nicht nötig. Zum dringenden Ausbau des Glasfasernetzes könne der Staatsanteil von 20 Milliarden Euro an der Telekom eingesetzt werden.

Für den Windkraftausbau stünden Investoren wie RWE bereit, die kein Geld, aber Bürokratieabbau forderten. Sparen wäre laut Lindner auch eine Möglichkeit. Die Förderung elektrisch betriebener Dienstwagen können man streichen: „Die Autokonzerne nehmen die Subvention mit, sie brauchen sie aber nicht“, so der Porschefahrer. Das Steuerprivileg für Dieselkraftstoff sprach Lindner nicht an.

FDP-Spitze aus dem Land vor Ort

Die Stuttgarter Abgeordnete Judith Skudelny, FDP-Landesvorsitzender Michael Theurer und Landtags-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke hatten zuvor auf Lindner auch mit Autothemen eingestimmt. Rülke versprach, den „Faktenchecker“ zu geben. Wenn er nicke, dürfe man die Aussagen der Redner glauben. Bei der Behauptung von Skudelny, der Einsatz synthetische Kraftstoffe für Verbrennungsmotoren würden verhindert, was „schwachsinnig“ sei, hätte der Faktenchecker ein wenig den Kopf wiegen können. Technologien zur Erzeugung solcher Kraftstoffe werden gefördert, vom Bund mit 1,5 Milliarden, und auch vom Land. Der Einsatz von Öko-Sprit ist aber begrenzt. Er darf hierzulande nur beigemischt, nicht in Reinform verwendet werden.