Justitia vor der schwierigen Frage: War es eine Vergewaltigung oder einvernehmlicher Sex? Foto: dpa

Zwei Männer gingen mit einer Zufallsbekanntschaft in ein Erotikkino – und sollen die stark alkoholisierte 25-Jährige dort vergewaltigt haben. Die beiden Angeklagten bestreiten die Tat.

Stuttgart - Zwei Männer sollen im Juli 2017 eine betrunkene Frau in einem Stuttgarter „Erlebnis- und Erotikkino“ vergewaltigt haben. Seit Freitag stehen sie wegen dieser Anklage vor dem Landgericht Stuttgart. Die beiden 25-Jährigen, im Irak geboren und als Flüchtlinge im Jahr 2015 nach Deutschland gekommen, erzählen hingegen von einvernehmlichem Geschlechtsverkehr.

Die Verständigung ist schwierig. Im Gerichtssaal müssen etliche Fragen des Vorsitzenden Richters Ulrich Tormählen und der Staatsanwaltschaft wiederholt werden. Die Angeklagten sprechen nur bruchstückhaft Deutsch, sind auf die Übersetzung ins Arabische angewiesen, verstehen aber auch den Dolmetscher nicht recht.

Die Klägerin war stark alkoholisiert

Den beiden wird zur Last gelegt, ihre flüchtige Bekanntschaft in ein Erotikkino geführt und dort gleichzeitig und abwechselnd vergewaltigt zu haben. Die Geschädigte sei stark alkoholisiert und nicht mehr in der Lage gewesen, dem Geschehen beim vollem Bewusstsein zu folgen. Sie habe zu Beginn außerdem mit einem Schrei ihre Ablehnung bekundet. Die Angeklagten hätten den Zustand des Opfers erkannt. Zudem werden einem Angeklagten der Besitz einer kleinen Menge Marihuana und das Unterschlagen einer Bankkarte vorgeworfen. Beides war bei seiner Festnahme im August bei ihm gefunden worden. Die Frau tritt als Nebenklägerin auf und wird wegen einer starken psychischen Betroffenheit nicht aussagen.

Die Angeklagten sind in Mossul aufgewachsen. Der eine unterstützte seinen Vater in dessen Friseursalon, nachdem er kurz vor dem Abschluss die Schule abgebrochen hatte. Ab 2011 arbeitete auch der zweite Angeklagte im Friseursalon. Nach Ausbruch des Krieges verließen sie Mossul zeitversetzt und trafen sich in Deutschland wieder – in Stuttgart. Beide lebten erst im Asylbewerberheim in Birkach und später in einer Unterkunft im Stuttgarter Westen. Sie berichten vom Krieg in ihrer Heimat und Terroristen, die nach ihnen gefragt hätten.

Die Frau hatte am nächsten Morgen noch 0,7 Promille

Von der fraglichen Nacht erzählen die Angeklagten bis ins kleinste Detail. Der Friseurssohn Ammar A., der zuletzt in einem Friseursalon in der Stuttgarter Innenstadt angestellt war, hat sich an dem Tag mit seinem „besten Freund“ am Rathaus getroffen. Gemeinsam wollen die beiden zwischen fünf und sechs Bierflaschen pro Mann geleert und das Treiben beim Christopher Street Day beobachtet haben. Nach Ende der Veranstaltung seien sie mit einer Unbekannten ins Gespräch gekommen. „Wir wollten nach Hause gehen, sie hat uns verfolgt und gefragt, ob wir schwul seien. Als wir uns auf eine Bank gesetzt haben, hat sie sich in die Mitte gesetzt und uns mit den Händen berührt. Sie ist an uns geklebt und wollte mit uns nach Hause kommen“, schildert Ammar seine Version des Hergangs.

Da der eine bei seiner Verlobten, der andere im Asylbewerberheim lebte, entschieden sich die Angeklagten, mit ihrer Bekannten ins Erotikkino zu gehen. „Ich wollte aber gar nicht mit ihr schlafen“, sagt Ammar A. Auf wiederholte Nachfrage gab der 25-Jährige dennoch zu, nach Geschlechtsverkehr gefragt zu haben: „Sie hat eine Atmosphäre gemacht, die mich dazu gebracht hat.“ Die beiden Männer wollen nichts von der Trunkenheit ihrer Begleiterin bemerkt haben, obwohl bei ihr noch am Morgen nach dem Vorfall 0,7 Promille im Blut festgestellt wurden. Zum Geschlechtsverkehr seien sie gedrängt worden. (Der Prozess wird fortgesetzt.)