Foto: AP

Wer im Profigeschäft tätig ist, der weiß: Das Leben ist eine Achterbahn. Wie schnell die sein kann, ist dann aber doch immer wieder überraschend. Besonders im Fall Markus Babbel.

Stuttgart - Wer im Fußball-Profigeschäft tätig ist, der weiß: Das Leben ist eine Achterbahn. Wie rasant die unterwegs sein kann, ist dann aber doch immer wieder überraschend. Ganz besonders im Fall Markus Babbel.

Was waren das für Tage, als Markus Babbel noch all das repräsentierte, was ein erfolgreiches Fußball-Team ausmacht. Erfrischendes Auftreten, neue Ideen, eine klare Linie und diesen unbändigen Mut und Willen, es gegen alle Widerstände hinweg zu schaffen. Wer Markus Babbel heute sieht, muss denken: Oh Mann, dass alles liegt Jahre zurück. Doch der Eindruck täuscht. Gerade einmal ein Jahr und zwölf Tage sind vergangen, seit der heute 37-jährige Münchner beim VfB Stuttgart zum Teamchef befördert wurde. Doch dieses Jahr hat ihn gezeichnet - weil es alles bot, was dieser Job zu bieten hat.

Bis zum 22. November 2008 war Markus Babbel im Anschluss an seine Spielerkarriere als Co-Trainer bei den Roten tätig. Er beobachtete, redete, lernte. "In kleinen Schritten", betonte er, wollte er in den Trainerberuf hineinwachsen. Doch dann übersprang er quasi die Pubertät. Oder anders gesagt: Der Trainer Babbel musste viel schneller erwachsen werden als geplant. Die Roten steckten in der Krise, Chefcoach Armin Veh musste gehen - und Babbel übernahm am 23. November die Verantwortung.

Man nennt so etwas einen kalten Sprung ins Wasser. Doch seine immense Erfahrung als Spieler unter anderem beim FC Bayern und in England diente Babbel als eine Art Schwimmweste, dazu kamen Geschick und Glück. Der Neuling, offiziell als Teamchef angestellt, verschärfte das Training, wiederbelebte den Konkurrenzkampf im Team und stellte das System um. Es waren genau drei Maßnahmen - und jede einzelne davon saß perfekt. Dazu kam Babbels erfrischende Art, die Dinge darzustellen, seine goldrichtigen Entscheidungen aus dem Bauch heraus, sein Mut, sein unbändiges Streben nach Erfolg und die passende Ansprache an die Spieler. Die Folge: Babbel hievte die Roten aus dem Tief und ließ die beste Rückrunde folgen, die jemals eine VfB-Mannschaft gespielt hat. Das Ende vom Lied: Platz drei - dank eines wahrhaften Erfolgstypen.

Ein Coach, der schon verglichen wurde mit den Großen der Szene. Mit Ottmar Hitzfeld, seinem einstigen Lehrmeister in München. Oder mit Josip Guardiola, der mit ähnlich dünnem Haar und ähnlich gut gekleidet den FC Barcelona an Spaniens Spitze hält.

Sicher, das war ein wenig übertrieben, es waren erst Ansätze, die überzeugend wirkten, aber zusammenfassend galt: Besser kann es ein Neuling nicht machen. Doch dann riss der Faden.

Es kam der Sommer, es kam die Trainerausbildung, und alles, was Babbel zuvor richtig entschieden hatte, misslang plötzlich. Die verheerendste Idee war die der Rotation, die ein ohnehin schon schwankendes Team mehr und mehr verunsicherte. Babbels Linie und Konsequenz im Umgang mit dem Team waren dahin, der Leistungsgedanke quasi außer Kraft gesetzt - und die Frische war dem Coach auch abhanden gekommen. Er musste plötzlich Misserfolg um Misserfolg erklären, seine Maßnahmen gingen ins Leere und der Teamchef war keiner mehr, der erfreulich herausstach aus dem Gros der Phrasendrescher in der Bundesliga - Markus Babbel war plötzlich einer von vielen. Mit den Problemen der anderen.

Immerhin: Der Kampfgeist, den er nicht nur auf dem Fußballplatz, sondern auch während seiner schweren Nervenkrankheit erworben hat, hatte Markus Babbel bis zuletzt nicht verlassen. Zumindest, wenn man der Fassade glauben mag, die er präsentierte. Unermüdlich gab er den Optimisten, bot seinem Team zu jeder Zeit ausreichend Schutz und stellte nie einen einzelnen öffentlich an den Pranger. Das ehrt Markus Babbel. Sein Problem aber ist: Gedankt hat es ihm seine Mannschaft nie.

Und so kannte seine Achterbahn am Ende nur noch eine Richtung - die nach unten. Nun ist Markus Babbel angekommen, und es heißt: Bitte aussteigen.