Unter dem Namen Filder-Segtours werden touristische Rundfahrten auf dem Stehroller angeboten – wie hier im Siebenmühlental. Foto: rchiv Judith A. Sägesser

Mitte Juli ist die Segway-Produktion eingestellt worden. Kritiker schelten das Gefährt als unnütz und unpraktisch. Ist das so? Wir haben es bei Filder-Segtours ausprobiert.

Filder - Worauf habe ich mich nur eingelassen? Wer zum ersten Mal auf einen Segway steigt, muss dem Impuls widerstehen, sofort wieder abzuspringen. Es wackelt. Der Körper versteift sich, die Finger krallen sich in den Lenker. Bloß keine falsche Bewegung, denn was, wenn das komische Ding plötzlich losbraust? Helmut Butter lächelt. Er weiß: Aller Anfang ist schwer, und auf dem Segway spielt der Kopf verrückt. „Die Überwindung ist da, bei 90 Prozent“, sagt er und nickt ermunternd.

Helmut Butter aus Stetten bietet unter dem Namen Filder-Segtours touristische Rundfahrten auf dem Stehroller an. In Kleingruppen geht es ins Grüne: durchs Siebenmühlental, nach Waldenbuch, in die Weinberge über dem Max-Eyth-See oder zur Grabkapelle. Neu ist eine Marbach-Tour: mit dem Segway hin, mit dem Boot zurück. Die Angebote seien gefragt. Jugendliche ab 14 Jahre dürfen mitfahren, aber „wir haben auch viele Senioren, die sagen: Ich probiere das mal“, berichtet Helmut Butter.

Die Produktion wird eingestellt, ist der Segway gefloppt?

Dieser Tage ist es den E-Mobilen allerdings an den Kragen gegangen. Mitte Juli hat der chinesische Mutterkonzern Segway-Ninebot die Produktion des Segway Personal Transporters eingestellt. Das einst als revolutionäre Innovation gepriesene Produkt ist gefloppt. Seit der ersten Präsentation im Dezember 2001 wurden nur etwa 140 000 Exemplare verkauft. Helmut Butter glaubt zu wissen, warum. „Der Neupreis liegt bei 10 000 Euro. Dafür kriege ich einen Kleinwagen.“

Der 58-Jährige ist indes ein großer Fan des Fortbewegungsmittels – seit seiner ersten Touri-Fahrt durch Rom. „Das hat uns so gefallen, weil wir so viel gesehen haben in kurzer Zeit“, erzählt er. 2015 folgten Leasingverträge für den Privatgebrauch, wenig später wurde Filder-Segtours gegründet. Fünf eigene und fünf geleaste Fahrzeuge sind heute im Einsatz, sechs Guides bringen den Kunden die Handhabung bei und führen die Gruppen an. Während Kritiker den Segway als unnütz und unpraktisch schelten, sieht Helmut Butter nur Vorteile. Ganz wichtig sei der Spaßfaktor. „Sie haben nur Leute, die gut gelaunt sind.“ Zudem seien die Gefährte viel kompakter und wendiger als Fahrräder.

Wer zum ersten Mal auf einem Segway steht, tastet sich zunächst im Schneckentempo voran. Das Prinzip ist eigentlich einfach: Durch die Gewichtsverlagerung nach vorn und hinten fährt und bremst man. Doch das muss man sich erst einmal trauen. Zunächst geht es nur zaghaft vorwärts, mit ganz leichtem Druck auf die Fußballen. Dann etwas mehr und wieder etwas mehr. Passanten bleiben stehen, schauen zu, heben den Daumen. Bis heute sind Segways etwas Besonderes im Straßenbild und Hingucker, „wir sehen das, wenn wir Leuten begegnen“, sagt Helmut Butter.

Ersatzteile sind trotzdem leicht zu bekommen

Nun werden sie Exoten bleiben. Helmut Butter ist im Hauptberuf Anlageberater. „Als Kaufmann kann ich das nachvollziehen“, sagt er zum Produktionsstopp. Sorgen, ohne Ersatzteile dazustehen, plagen ihn indessen nach eigenem Bekunden nicht. Längst hätten sich im deutschsprachigen Raum Firmen etabliert, die Teile nachbilden. Der Originalhersteller garantiere zudem den Support für weitere zwei Jahre, und eigentlich spiele Filder-Segways das alles in die Karten. „Je knapper, desto exklusiver“, sagt Helmut Butter. Zumal: An ein endgültiges Aus glaubt er ohnehin nicht. „Ich glaube, dass der Segway irgendwann wieder aus der Versenkung kommt.“

Sicher macht ihn vermutlich das Grinsen seiner Kunden. Wer sich auf den Segway einlässt, hat schnell Erfolgserlebnisse. Meter für Meter wird man mutiger und schneller, bis zu 20 Kilometer pro Stunde. Helmut Butter erinnert sich besonders gern an eine Mutter, die von ihrer Familie eine Tour geschenkt bekommen hatte und sich zunächst gesträubt hatte, überhaupt aufzusteigen. Am Ende der Tour sei sie ihm um den Hals gefallen – und ganz stolz gewesen. Helmut Butter grinst bei dem Gedanken daran. Vielen gehe es nach ihrer Segway-Premiere so. „Die wachsen um einen Meter.“