Der Mond leuchtet über der Grabkapelle am Rotenberg in Stuttgart. Foto: 7aktuell.de/Simon Adomat

Dieses Naturschauspiel war es allemal wert, sich einen steifen Nacken einzuhandeln. Beim Anblick des Blutmonds in Stuttgart schienen manche sogar mondsüchtig zu werden.

Stuttgart - „Das ist er doch, oder?“ Etwas ungläubig zeigt Daniela Müller auf die runden Konturen, die sich gegen 21.45 Uhr am Horizont zwischen zwei Bäumen abzeichnen. Nach und nach nicken sich immer mehr Menschen auf der Uhlandshöhe zu, deuten auf die Stelle: endlich ist der Blutmond sichtbar, wenn auch zunächst ganz schwach und nur mit Mühe erkennbar. „Der Knaller ist es noch nicht, ich hatte mehr erwartet“, so die 47-jährige Müller. „Aber ich glaube, es kommt noch was – ich harre jedenfalls noch etwas aus.“ Auch beim 34-jährigen Benjamin hält sich die Begeisterung in Grenzen.

„Ich wusste nicht, dass es so lange dauert, bis man ihn gut sieht. Ich denke, das wird später noch spektakulärer, ist aber schon ganz okay“, sagt er. „Es dauert ja noch mehr als eine Stunde.“

„Ich finde das toll. Ich lebe schon lang in Stuttgart und war noch nie an der Sternwarte“, sagt die 45-jährige Vera. Es sei zwar etwas voller als angenommen an der Sternwarte, aber der Ausflug habe sich gelohnt.

Der 38-jährige Ogi Jovic hat sei Stativ schon um 20 Uhr aufgestellt. „Ich habe erwartet, dass der Mond schneller hochkommt und man ihn deutlicher sieht. Jetzt bin ich gespannt, wie es weiter geht“, so Jovic.

Bei einer Mondfinsternis kreuzen sich Erdbahn und Mondbahn. Der Mond steht dabei so präzise der Sonne gegenüber, dass er in den Schatten der Erde eintaucht. Am Freitag trat eine totale Mondfinsternis ein.

Das Ereignis hat an sich schon Seltenheitswert, war diesmal dazu mit 103 Minuten auch noch besonders lang. Im 21. Jahrhundert wird es Experten zufolge keine längere Mondfinsternis geben. Der Vollmond sollte laut Prognose am bis 23.13 Uhr im Kernschatten der Erde stehen.

Gelöste Stimmung auf der Solitude

Auch auf der Solitude gibt es zunächst keine Extase – die Mondsüchtigen gaben keine Ahs und Ohs von sich. Dazu war der Mond zu schwach zu sehen. Aber es herrschte eine tolle, entspannte Atmosphäre, wie bei einem Festival. Am Ende gibt es doch noch den einen Moment: der Mond, der Mars und die vorbeifliegende ISS-Raumstation.

Den Namen Blutmond verdankt er seiner roten Farbe. Der Mond wird rot, weil die Erde zwischen Mond und Sonne steht und die Atmosphäre die kurzwelligen, blauen Sonnenstrahlen herausfiltert. Die langwelligen, roten Strahlen lenkt sie hingegen Richtung Mond. Viele fragten auch: Warum ist der Mars derzeit so hell? Antwort von fachkundigen Mondsüchtigen am Abend: „Unser äußerer Nachbarplanet befindet sich zur Zeit auf einer Linie mit Sonne und Erde, wobei die Erde von oben betrachtet zwischen Sonne und Mars steht. Astronomen sagen dazu, der Mars befindet sich in Opposition zur Sonne.“ Und diesmal steht der Mars bei seiner Opposition besonders nah an der Erde - der Abstand beider Himmelskörper schrumpft auf 57,6 Millionen Kilometer. Angesichts einer Durchschnittsentfernung von 228 Millionen Kilometern kommt der Rote Planet also der Erde sehr nah.