Flüchtlinge in der Landeserstaufnahme in Karlsruhe, die für den ersten Gesundheitscheck zuständig ist Foto: dpa

Bei jedem zweiten Asylbewerber in der Stadt erfolgt eine Untersuchung auf Erkrankungen wie Tuberkulose erst im Stuttgarter Gesundheitsamt. Eigentlich müssten die Landeserstaufnahmestellen diese Aufgabe erfüllen. So bleibt die Landeshauptstadt auch auf den Kosten sitzen.

Stuttgart - Das Gesundheitsamt in Stuttgart übernimmt in immer größerem Maße eine Aufgabe, die eigentlich der Landeserstaufnahmestelle für Flüchtlinge in Karlsruhe zukommt: Rund die Hälfte aller Menschen, die es aus Krisengebieten in die Landeshauptstadt treibt, unterziehen erst städtische Ärzte im Gesundheitsamt einem ersten Gesundheitscheck.

„Mehr als 75 Flüchtlinge im Monat werden insbesondere auf ansteckende Krankheiten wie Tuberkulose untersucht“, sagt Günter Gerstenberger vom Sozialamt. Verschärft habe sich die Situation seit Oktober. „Seitdem reichen die Kapazitäten in der Erstaufnahme in Karlsruhe nicht mehr aus“, sagt der Sozialamtsmitarbeiter.

Gesetz schreibt unverzügliche Untersuchung vor

Das Infektionsschutzgesetz schreibt vor, dass Ärzte Menschen in einer Massenunterkunft unverzüglich auf ansteckende Erkrankungen wie die Infektionskrankheit Tuberkulose untersuchen. Das bedeutet: in den Landeserstaufnahmen, in denen Flüchtlinge den Asylantrag stellen. Doch weil die Plätze dort schnellstmöglich für nachfolgende Hilfesuchende frei gemacht werden, verteilt die Aufnahmestelle die Menschen auch ohne Untersuchung in die 44 Stadt- und Landkreise. Bis es zu Haut-, Blut- und Röntgentests der Lunge kommt, vergehen laut Stuttgarter Gesundheitsamt somit bis zu 14 Tage.

Die Kosten für die Untersuchungen bleiben bei der Stadt hängen. „Unser Mehraufwand ist in der Pauschale, die wir pro Flüchtling bekommen, gar nicht enthalten“, sagt Gerstenberger, der die Dienststelle Flüchtlinge beim Sozialamt leitet.

Landes-Pauschale für Flüchtlinge enthält keine Gesundheitschecks

Vom Land fließt derzeit eine einmalige Pauschale von 12 566 Euro pro Flüchtling in die Kommunen. Sie soll für 18 Monate die Unterbringung und Versorgung finanzieren und im nächsten Jahr auf 13 260 Euro steigen. Zwar enthält sie einen Posten von 1850 Euro für Krankenausgaben. Doch zählt der Gesundscheck nicht dazu.

Das Sozialamt hat eigens für die Organisation eine Mitarbeiterin abgestellt. Sie steht in engem Kontakt mit den Hausleitungen der Flüchtlingsunterkünfte und plant, wann die Ärzte im Gesundheitsamt welche Flüchtlinge untersuchen.

„Tuberkulose können wir ambulant behandeln“, sagt Stefan Ehehalt vom Gesundheitsamt. Häufig gehen der Untersuchung mit dem Röntgengerät noch Gespräche über Traumatisierungen oder psychische Erkrankungen voraus.

Frühe Untersuchungen beugen Folgeerkrankungen vor

Günter Gerstenberger vom Sozialamt hält es für dringend notwendig, dass die Untersuchungen künftig alle in den Landeserstaufnahmestellen und somit auf Kosten des Landes erfolgen. „Die Inaugenscheinnahme muss schon dort erfolgen, um Folgeerkrankungen zu vermeiden“, sagt Gerstenberger.

Für eine Entlastung des Gesundheitsamts dürfte künftig die vor mehr als einem Monat eröffnete zweite Landeserstaufnahme in Meßstetten sorgen. „Dort wurden bereits Röntgengeräte für die Untersuchungen installiert“, so der Sozialamtsmitarbeiter.

Das Gesundheitsamt stellt derzeit Zahlen der Tuberkulose-Erkrankten in Stuttgart sowie die Kosten der Behandlung zusammen, um sie dem Gemeinderat vorzulegen.