Keine Nutztier, sondern wild und frei in der Natur: der Wolf. Foto: dpa

Im baden-württembergischen Landtag wird am Donnerstag über die Rückkehr der Wölfe diskutiert. Dabei sind sie nicht die einzigen wilden Tiere, die Forstwirten und Bauern großen Verdruss bescheren.

Stuttgart - Bestimmte Wildtierarten stehen unter Schutz. Trotzdem ist eine politische Diskussion über ihre Bejagung entstanden, weil sie der Landwirtschaft schaden oder den Menschen ängstigen. Im Landtag findet am Donnerstag von 14 Uhr an eine öffentliche Anhörung zum Thema Wölfe statt – sie wird übertragen im Livestream des Parlamentes – und ist ein Hinweis, wie ernst die Bedrohung von wilden Tieren inzwischen genommen wird. Um wen geht es überhaupt?

Wolf – die Reizfigur

Die Zuwanderung des Wolfes aus Osteuropa sorgt überall für Schlagzeilen: In Sachsen erlaubt die EU jetzt ausnahmsweise gepolsterte Wolfsfallen, um die streng durch Bundes- und EU-Recht geschützten Tiere zu fangen und sie mit Sendern auszustatten – für ein Monitoring. In Thüringen sorgt ein Wurf von Wolf-Hund-Mischlingen für Ratlosigkeit. In Niedersachsen werden ein Dutzend Rudel mit 140 Wölfen gezählt, die so viel Schaden in der Schafzucht angerichtet haben, nämlich 175 Risse im Jahr 2016, dass die Bejagung zum Wahlkampfthema geworden ist. Die rot-grüne Regierung in Hannover, dem Artenschutz verpflichtet, hat immerhin ein Zugeständnis gemacht: Nicht nur einzelne verhaltensauffällige Wölfe sollen „entnommen“ – also erschossen – werden können, sondern ganze Rudel.

In Baden-Württemberg sind kürzlich drei Schafe im Kreis Heilbronn von einem Wolf gerissen worden. Der Bauer ist dafür mit 300 Euro entschädigt worden. Die Diskussion kocht trotzdem hoch: Agrarminister Peter Hauk (CDU) ist für eine Bejagung und Regulierung der Wölfe. Felicitas Rechtenberg, Artenschutzreferentin beim Naturschutzbund (Nabu) Baden-Württemberg, sieht das anders: „Wölfe sind die Polizei des Waldes. Sie jagen kranke, alte und unerfahrene Rehe, Wildschweine und Hirsche und fördern die natürliche Auslese.“ Auch erhöhten sie den Mobilitätsdruck, sorgten dafür, dass Verbissschäden im Wald durch Rehe zurückgehen. Beim Landesjagdverband wird angenommen, dass der Wolf „flächendeckend“ nach Baden-Württemberg zurückkehren werde. Ein Tier kann an einem Tag mühelos 70 bis 150 Kilometer wandern. Die kleinen Populationen von Muffel- und Gamswild im oberen Donautal könnte der Wolf auslöschen.

Luchs – der stille Räuber

Luchse sind ebenso streng geschützt wie Wölfe, politisch aber unumstritten. Diese Raubkatzen seien „heimlich“ unterwegs, sagen die Experten. Vier Exemplare soll es im Südwesten geben. „Das sind Einzelgänger, die kommen nur punktuell vor“, sagt Armin Liese vom Landesjagdverband.

Biber – appetitliches Ärgernis

Schwere Schäden richte der Biber an, heißt es im Landwirtschaftsministerium in Stuttgart, das auch in seinem Fall zur Bejagung rät, was in Bayern bereits erlaubt ist. Die Tiere werden in Fallen gefangen, dann erschossen. Sie seien übrigens sehr wohlschmeckend, sagt ein Jäger: „Wenn wir Rehe und Hasen essen, warum nicht auch Biber?“ Die Biber untergraben Deiche, verursachen mit ihren Bauten Unterhöhlungen und Überschwemmungen. Beim Naturschutzverbund relativiert man die Gefahr: „Biber sind streng geschützt. Würde man einen Gewässerrandstreifen von zehn bis 20 Metern einhalten, gäbe es weniger Konflikte mit den Bauern“, sagt Felicitas Rechenberg. Wenn sie eine Gefahr für Deiche, Flusswehre oder Kläranlagen darstellten, dürften Biber heute schon „entnommen“ werden nach Paragraf 45 Bundesnaturschutzgesetz, der von „zwingenden Gründen des öffentlichen Interesses“ spricht.

Waschbar – Migrant ohne Schutz

Waschbären, Nutria, Marderhund: All diese Räuber dürfen gejagt werden. Sie stammen nicht aus heimischen Gefilden. Meist sind sie aus Pelzfarmen entwischt. Der Waschbär stammt aus Nordamerika, der Marderhund aus Asien, die Pflanzen fressende Nutria (Biberratte) aus Südamerika. Waschbären werden intensiv bejagt, trotzdem vermehren sie sich stark. „Sie sind eine Gefahr für Singvögel und Höhenbrüter“, heißt es beim Landesjagdverband. Der Nabu räumt ein, dass es lokal negative Auswirkungen auf die heimische Tierwelt geben könne.

Kormoran – der Sündenbock?

Der Kormoran ist den Fischern ein Ärgernis. Auf 10 000 Exemplare soll sich sein Bestand in Baden-Württemberg erneuert haben, trotzdem gelten für ihn strenge Jagdauflagen. Pro Jahr werden rund 1500 getötet. Der Kormoran sei früher selten gewesen, jetzt gebe es zu viele, sagt Armin Liese vom Jagdverband. „Kormorane gefährden die Bestände der Salmoniden, die im Frühjahr im flachen Wasser laichen – etwa Äsche oder Bachforelle.“ Fresse so ein Vogel 500 Gramm Fisch am Tag, seien angesichts des Gesamtbestandes täglich 5000 Kilogramm Fisch weg. Felicitas Rechenberg vom Nabu kontert: „Man muss sich fragen, wem die Fische in der Natur gehören? Allein den Fischern?“ Durch Flussbegradigung und Pestizideintrag habe der Mensch viel Schaden an den Gewässern angerichtet: „Jetzt soll der Kormoran der Sündenbock sein.“

Wildschweine – die wahre Plage

Naturschützer, Landwirte und Jäger sind sich einig: Wildschweine sind die wahre Plage – wegen der Schäden in Wald und Flur. Sie hätten sich „explosionsartig vermehrt“, heißt es. Erstens fehlen kalte Winter, denen früher viele Frischlinge zum Opfer fielen. Zweitens ist das Nahrungsangebot durch den Maisanbau für sie üppig geworden. Schwarzwild ist schwierig zu bejagen. Es verkriecht sich tags im Unterholz. „Das Thema Wildschwein ist wesentlich wichtiger als ein einsamer Wolf, der mal ein Schaf umbringt“, sagt Michael Rüttiger, Wildtierexperte vom Ökologischen Jagdverband. Sein Verband hat ein Papier herausgegeben, das vor der „rasanten Verbreitung von Wildkrankheiten“ durch die hohe Schwarzkittel-Dichte warnt. „Ein Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest wird Existenzen vernichten, Jagd und Landwirtschaft auf Jahre tief greifend verändern“, sagt Rüttiger. Aber die Jagd hechele den Wildschweinen nur hinterher. Die Öko-Jäger verlangen ein Bündel von Maßnahmen, den vorrangigen Abschuss von Bachen und die Erlaubnis von Nachtzielgeräten.