Seltene Arten wie diese Bläulinge sollen sich über den landesweiten Biotopverbund wieder weiter ausbreiten Foto: dpa

In Baden-Württemberg entsteht in den kommenden Jahren ein landesweiter Biotopverbund, der zehn Prozent der Landesfläche bedeckt. Dadurch soll verhindert werden, dass Arten aussterben, weil sie in immer kleineren Lebensräumen genetisch verarmen.

Stuttgart - Die Planung für einen landesweiten Biotopverbund ist abgeschlossen: „Jetzt wollen wir mit diesen Materialien an die Kommunen herantreten“, sagt Marcus Lämmle, Referatsleiter Naturschutz und Landschaftsplanung im Ministerium für ländlichen Raum.

Das Land setzt mit diesem Schritt den Koalitionsvertrag von Grünen und SPD um, in dem es heißt: „Den im Bundesnaturschutzgesetz verankerten Biotopverbund werden wir als grüne Infrastruktur sukzessive herstellen. Der Generalwildwegeplan wird fachlich weiterentwickelt und in die Regional- und Verkehrsplanung integriert.“

Tatsächlich haben die Länder nach dem Bundesnaturschutzgesetz den Auftrag, einen Biotopverbund mit mindestens zehn Prozent der Landesfläche zu schaffen. Doch obwohl Baden-Württemberg mit der Umsetzung noch am Anfang steht, sei das Land bundesweit am weitesten in der Detailforschung, sagt Lämmle.

Basis für die weiteren Schritte ist der von der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz (LUBW) erstellte Fachplan für das Offenland, also alle Flächen, die weder überbaut noch von Wald bedeckt sind.

Fließgewässer sind ausgenommen. Dort wurden die Kernzonen definiert, Gebiete, die jetzt schon Schutzstatus haben und die nun netzförmig für die Zielarten ausgeweitet werden sollen. Das passiert über sogenannte Suchräume, die unterschieden werden nach feuchten, trockenen und mittleren Standorten. „Ziel ist nun, Gebiete für Tiere und Pflanzen mit ähnlichen Standortansprüchen zu verbinden“, sagt Lämmle.

Das Land schreibt dazu jetzt alle Städte und Gemeinden an, die sich bewerben können, eine von vier Versuchskommunen zu werden. Diese vier machen dann das Prozedere für die anderen vor. Die Städte und Gemeinden suchen sich demnach auf eigens erstellten Karten Kernzonen heraus, an die sie andocken können. Verfügt eine Stadt etwa über eine Brachfläche oder einen alten Bahndamm, der inzwischen als Trockengebiet Lebensraum für geschützte Zauneidechsen bietet, kann sie an eine benachbarte Kernzone andocken und damit den Biotopverbund vergrößern.

Und warum sollte sie das tun? „Dafür gibt es Ökopunkte“, sagt Lämmle. Die kann jede Stadt und Gemeinde sammeln und bei der Flächenagentur hinterlegen. Will sie dann selbst ein neues Baugebiet ausweisen, kann sie die Ökopunkte einsetzen, um weitere Ausgleichsmaßnahmen zu umgehen. Die Kommunalen Landesverbände tragen dieses System mit, wie Lämmle sagt. Er kündigt außerdem an, dass die für Bauvorhaben geforderten Ausgleichsmaßnahmen stärker kontrolliert würden. „Bisher sind viele einfach nicht umgesetzt worden“, stellt er fest.

„Grundsätzlich ist der landesweite Biotopverbund eine Daueraufgabe – er ist nicht in zehn Jahren fertig“, sagt der Referatsleiter. Die bereits abgeschlossene Fachplanung für den Generalwildwegeplan ist Teil des landesweiten Biotopverbundes.

Dessen Ziel ist, Korridore für Wildtiere zu schaffen, damit sie einerseits weniger Straßen queren müssen und es zu weniger Unfällen kommt. Andererseits sollen besonders seltene Arten wie Wildkatze und später vielleicht Luchs und Wolf Wandermöglichkeiten finden, damit sie mehr Partner für die Paarung finden und es nicht zur genetischen Verarmung der Arten kommt. Der Generalwildwegeplan zeigt Planern und Behörden, wo es gilt, Korridore frei zu halten. Ähnlich soll auch der Biotopverbund wirken. Die Flächen dafür sollen auch über Flurneuordnungen zusammenkommen.

Die Opposition unterstützt den landesweiten Biotopverbund. Patrick Rapp, Sprecher für Naturschutz und Landesplanung der CDU im Landtag, hält das Konzept für „gescheit“: „Es ist richtig, Biotope und Inseln zu bewahren und kleine Habitate zu vernetzen“, sagt er. Die CDU lehne es aber ab, die Ziele „mit der „Brechstange“ durchzusetzen: „Wichtig ist, dass der Biotopverbund nicht auf dem Verordnungswege oder unter Zwang zustande kommt, sondern auf freiwilliger Basis.“ Mit Blick auf die Vorgehensweise beim Nationalpark oder beim neuen Jagdgesetz seien da Zweifel angebracht.

Marcus Lämmle weist dies aber zurück. „Wir können die Kommunen nicht verpflichten, sich zu beteiligen, wir haben keine hoheitlichen Instrumente, sie zu zwingen.“ Das Sammeln von Ökopunkten sei aber sicher attraktiv – auch im Vorgriff auf eine für später geplante Flächenneuausweisung oder Überbauung. Die Landesregierung hat außerdem zugesagt, Kontakt zu den Nachbarländern aufzunehmen. Denn die ausgewiesenen Korridore und Refugien sollen nicht an den Landesgrenzen enden.