Biber sind hervorragende Schwimmer und können bis zu 15 Minuten unter Wasser bleiben. Foto: dpa

Am Biber scheiden sich die Geister. Dass das größte Nagetier Europas inzwischen auch wieder im Südwesten heimisch ist, bereitet einigen Landwirten Sorgen, die die Tiere für Überflutungen verantwortlich machen. Doch das ist ein Irrtum.

Stuttgart - Kaum zu glauben, wie sich der Mensch den Biber früher zunutze gemacht hat. Sein extrem dichtes Fell wurde zu Pelzkappen und Jacken verarbeitet, sein Schwanz als Delikatesse verspeist. Um auch in der Fastenzeit Fleisch essen zu können, deklarierten findige Kirchenmänner die Nager als Fisch. Das alles führte zu einer dramtischen Dezimierung der Biber. Rodungen, Flussbegradigungen und Ackerbau machten ihm schließlich vollends den Garaus. 1834 wurde der letzte Biber bei Ulm erlegt.

Gut 150 Jahre später wurde der Nager international unter Schutz gestellt – Mitte der 1970er Jahre kehrte er tatsächlich aus der Schweiz an den Hoch- und Oberrhein zurück. Dort leben inzwischen wieder an die 700 Exemplare, landesweit sind es nach Erhebungen des BUND rund 1500. Seine Einzugsgebiete sind Donau, Rotach, Brenz, Iller, Rot und Riß sowie der Oberlauf der Jagst.

Dass der Biber ein wahrer Landschaftsarchitekt ist und sich seine Umgebung perfekt nach seinen Ansprüchen gestaltet, gefällt vielen Landwirten nicht. Sie sprechen, wie der Bibermanager beim Regierungspräsidium Stuttgart, Rainer Allgöwer, weiß, bei Ortsterminen sogar von einer Enteignung ihrer Flächen durch den Biber. Der Diplom-Biologe versucht, mit Argumenten den Vorurteilen zu begegnen – oft vergebens.

Der Mensch ignoriert geschützte Uferstreifen

Doch der Biber ist eindeutig nicht die Ursache für Hochwasser in Baden-Württemberg. Alexander Bonde, Minister für ländlichen Raum, antwortete jetzt auf eine Anfrage des CDU-Abgeordneten Klaus Burger: „Den Naturschutz- und Wasserbehörden sind keine nachweislich durch den Biber verursachten Hochwasserereignisse bekannt.“ Hochwasserbedingte Aufwendungen könnten somit nicht dem Biber als Verursacher zugerechnet werden. Welche Aufwendungen das sein könnten, hat die Landesregierung noch nicht erhoben. Aus einigen der vom Biber betroffenen Kommunen liegen aber Protokolle vor. Nach diesen liegt der Aufwand zwischen wenigen Stunden im Monat bis zu 15 000 Euro im Jahr.

Tatsächlich wäre das Zusammenleben von Mensch und Biber um vieles einfacher, würde entlang der Gewässer – wie im Wasserschutzgesetz verankert – ein zehn Meter breiter Schutzstreifen freigehalten, der weder bebaut noch als Ackerfläche genutzt werden darf. Weil der Mensch aber teilweise bis direkt ans Ufer vorrückt, sind Konflikte mit dem Biber programmiert. Die Nager sind Vegetarier. Pro Jahr verspeisen sie Triebe, Rinde, Äste, Laub, Zweige und Knospen von umgerechnet drei Festmetern. Dazu fällen sie auch Bäume. Die Äste nutzen sie, um Bäche zu stauen, damit der Pegel steigt und der Eingang zu ihrer Behausung unter der Wasserlinie liegt. Diese Bauten, auch Biberburgen genannt, können einen Durchmesser von bis zu zwölf Metern haben.

Hinter den Bauwerken der Biber aus Holz und Lehm staut sich tatsächlich das Wasser – vom Biber durchaus gewollt. Dass dadurch auch Ackerflächen geflutet werden können, liegt daran, dass der Mensch das Land zwar bis ans Ufer nutzt und die Flüsse begradigt, aber keine Rückhalteflächen schafft.

Biber bauen sich ein Floß für den Wintervorrat

Das Ministerium für ländlichen Raum hält „angesichts der dynamischen Entwicklung der Biberpopulation im Land“ ein Bibermanagement für notwendig. Ein maßgeblicher Baustein sei die Entwicklung von Kriterien, mit denen Flächen definiert werden, wo der Biber erwünscht ist, wo er nicht geduldet werden kann und wo Mensch und Nager sich arrangieren sollen.

Bislang gibt es keine Richtlinien – und die Sorge vor überfluteten Kellern verleitetet die Behörden oft zu rigorosen Schritten. So wurde auf den beiden Schwemminseln bei Heidelberg-Wieblingen, die sich Biber als neue Heimat ausgeguckt hatten, ein Großteil der Vegetation abgeholzt. Nach dem Kahlschlag gebe es auf den Schwemminseln keine einzige Weide mehr oberhalb der Biberburg, wo die wichtigsten Futterplätze des Bibers waren, beklagt der Naturschutzbund (Nabu). Größere Weiden gebe es nur noch flussabwärts. Doch es sei unwahrscheinlich, dass ein Biber es schaffe, die schweren Zweige gegen die Strömung bis zu seiner Burg zu transportieren. Damit wäre sein Lebensraum dort zerstört.

Biber sind auch im Winter auf Nahrungsquellen angewiesen. Denn sie halten, anders als Siebenschläfer oder Murmeltiere, keinen Winterschlaf. Allerdings dösen sie bis zu 20 Stunden täglich in ihrem Bau und verlassen ihn nur zur Nahrungsaufnahme. Weil Futter im Winter knapp ist, legen die bis zu 30 Kilo schweren Tiere im Sommer ein Fettdepot von drei bis vier Kilo an. Der Speck sammelt sich am Bauch, aber auch am Schwanz, der beim Biberkelle genannt wird. Zudem legen sie vor dem Bau und auf einem eigens gebauten Floß einen Nahrungsvorrat an.