Die Steintafel von Saint-Bélec in der Bretagne: Die Darstellung eines Herrschaftsgebietes wird auf 4000 Jahre geschätzt. alt. Foto: Archives departementales du Finistere/AFP

Eine rund 4000 Jahre alte Steinplatte mit eingeritzten Linien könnte die älteste Karte aus Europa sein. Die Schieferplatte wurde bereits vor 100 Jahren entdeckt und verschwand im Keller eines französischen Schlosses – bis französische Forscher sie wiederfanden und genauer untersuchten.

Bournemouth - Eine rund 4000 Jahre alte Steinplatte aus der Bretagne könnte die älteste Karte Europas darstellen. Auf der Oberfläche ist die Topografie der umgebenden Landschaft mit Linien, die den Verlauf von Flüssen zeigen, eingeritzt.

Die 2,20 Meter lange und 1,50 Meter breite Schieferplatte befindet sich sich in Sammlung des Museums für Nationale Archäologie im Château de Saint-Germain-en-Laye im Departement von Yvelines bei Paris. Sie wurde bereits um 1900 bei Saint-Bélec in der Bretagne entdeckt.

Dass es sich bei der verwitterten Oberfläche um Muster und Formen handelt, haben der französische Archäologe Clément Nicolas und sein Team von der Bournemouth University nach jahrelanger Forschung jetzt herausgefunden.

Platte stammt wohl aus der frühen Bronzezeit

„Die in die Oberfläche eingekerbten Motive sind relativ gleichförmig und zeigen einfache geometrische Muster, beispielsweise runde und ovale Senken, gerade und kurvige Linien, sowie ovale und gekrümmte Formen“, berichten die Forscher. Ihre Studie ist im Bulletin de la Société préhistorique française erschienen.

Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass die Platte aus der frühen Bronzezeit von 2150 bis 1600 v. Chr. stammt. Nach ihrer Entdeckung verschwand der Fund im Keller des Schlosses von Saint-Bélec, wo sie fast 100 Jahre ruhte.

Die Archäologen vermuten, dass die Karte für einen Fürst hergestellt wurde, um seine Gebietsansprüche zu manifestieren. „Wir nehmen an, dass die Karte von Saint-Bélec als eine Art Kataster verwendet wurde, um das Territorium zu markieren und das Land zu kontrollieren“, erklärt Nicolas.

Karten als Manifestation von Herrschaft

Karten – ob auf Stein, Pergament, Papier oder Holz waren immer auch Herrschaftsinstrumente. So zeigen Weltkarten aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhundert Europa als Nabel der Welt und Afrika als kartografisches Anhängsel. Im Zeitalter des Imperalismus war fast der gesamte Kontinent unter den europäischen Mächten als Kolonialbesitz aufgeteilt worden.

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Es war der belgische Kartograf Mercator, der mit seinen Weltkarten die Grundlage der modernen Kartografie schuf. Mit seiner großen Weltkarte von 1569 erlangte er Weltruhm. Seine sogenannte Mercator-Projektion ist bis heute wegen ihrer Winkeltreue und Perspektive eine der wichtigen eindimensionalen Darstellungen des Globus.