Noch steigt die Zahl der Arbeitslosen nur langsam. Foto: dpa/Julian Stratenschulte

Die Zahl der Kurzarbeiter steigt rapide, ebenso wie die Grundsicherung. Das Coronavirus belastet den Arbeitsmarkt massiv – auch wenn es sich noch nicht in der Arbeitslosigkeit widerspiegelt.

Stuttgart - Die Zahl der Kurzarbeiter wird in den kommenden Wochen massiv in die Höhe schnellen. Mehr als 70 000 Unternehmen allein aus Baden-Württemberg haben aktuell Kurzarbeit beantragt, sagt Christian Rauch, Leiter der Agentur für Arbeit im Südwesten. Und die Zahl dürfte weiter steigen; denn viele Unternehmen hätten bisher noch keinen Antrag gestellt. Wie viele Beschäftigte demnächst kurzarbeiten, konnte Rauch aber nicht sagen. Diese Zahlen dürften wohl erst im Mai oder Juni vorliegen. Er weist darauf hin, dass sich die meisten Unternehmen „auf eine Pause bis Ende April oder Mai einstellen“, so Rauch. Das gehe aus den Anträgen zur Kurzarbeit hervor. In den Anträgen gehe es dabei überwiegend um Kurzarbeit null.

Bundesweit haben mittlerweile 470 000 Unternehmen Kurzarbeit angemeldet. Im vergangenen Jahr waren es im Monatsschnitt nur etwa 1300 Unternehmen gewesen. Detlef Scheele, der Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit, macht deutlich, dass so viel Kurzarbeit wie nötig finanziert werde. „Das Geld ist kein limitierender Faktor, um den Rechtsanspruch auf Kurzarbeit zu finanzieren“, so Scheele. „Niemand muss fürchten, kein Geld zu erhalten.“ Er rechnet vor, dass 100 000 Kurzarbeiter, bei denen 50 Prozent der Arbeitszeit wegfalle, rund 79 Millionen Euro im Monat kosten. Vorsorglich hat die Bundesagentur bereits zehn Milliarden Euro zusätzliche Mittel bei ihrem Verwaltungsrat und dem Bundesarbeitsministerium beantragt.

Vor allem Kleine melden Kurzarbeit an

Es gebe keine Überlegungen, die höheren Ausgaben mit Hilfe einer Beitragserhöhung bei der Arbeitslosenversicherung gegenzufinanzieren, versichert Arbeitsminister Hubertus Heil.

In Baden-Württemberg haben vor allem kleinere Unternehmen Kurzarbeit beantragt: 90 Prozent der Unternehmen haben weniger als 100 Beschäftigte, 50 Prozent haben sogar weniger als zehn Beschäftigte, erläutert Rauch. Dies sei untypisch, denn in der Vergangenheit hätten vor allem größere Unternehmen Kurzarbeit angemeldet. Ein Drittel der Anzeigen komme aus der Gastronomie und dem Handel – mit Ausnahme des Lebensmitteleinzelhandels.

Auch die Anträge auf Grundsicherung haben sich deutlich erhöht. Damit will man Notlagen begegnen, die etwa durch Kurzarbeit entstehen: Schließlich beträgt das Kurzarbeitergeld nur 60 Prozent (mit Kindern 67 Prozent) des durch die Kurzarbeit weggefallenen Nettolohns. Am vergangenen Wochenende hatte der Gesetzgeber das Verfahren für die Grundsicherung vereinfacht. Bereits 800 Anträge auf Grundsicherung hat die Arbeitsagentur im Südwesten bis Dienstagvormittag gezählt, Tendenz deutlich steigend. Rauch geht davon aus, dass sich die Zahl noch um 100 000 bis 200 000 Bedarfsgemeinschaften – das sind etwa Familien – erhöhen wird. Zum Vergleich: Derzeit sind 216 000 solcher Gemeinschaften in der Grundsicherung.

Stabiler Arbeitsmarkt

Auch wenn sich die Lage ernst darstellt, sind auf dem Arbeitsmarkt die Folgen der Corona-Pandemie derzeit kaum zu spüren. Im März hat die Zahl der Erwerbslosen im Südwesten im Vergleich zu Februar sogar noch einmal leicht abgenommen. 214  118 Arbeitslose hat die Agentur für Arbeit in Baden-Württemberg gezählt, das waren 1,6 Prozent weniger als im Februar. Im Vergleich zu März 2019 ist die Zahl der Arbeitslosen allerdings um 10,9 Prozent gestiegen. Die Arbeitslosenquote erhöhte sich auf 3,4 (März 2019: 3,2) Prozent. „Der Arbeitsmarkt in Baden-Württemberg zeigt sich im März noch weitgehend stabil“, sagt Rauch.

„Der Arbeitsmarkt wird in der Corona-Krise an seine Belastungsgrenze kommen“, erklärte Wirtschafts- und Arbeitsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut.