Alexa Conradi gründete in den 90er-Jahren in Québec die Frauenbewegung „Marche mondiale des femmes“ mit. Foto: Ines Rudel

Alexa Conradi berichtet von Beleidigungen und Anfeindungen aller Art. Die 47-Jährige leitet die Antidiskriminierungsstelle in Esslingen und hilft Menschen beim Umgang mit dem Thema.

Esslingen - Obwohl es den Menschen im Landkreis Esslingen gut geht, gibt es auch hier Diskriminierung. Menschen anderer Herkunft seien in manch einem Restaurant nicht erwünscht, Frauen mit Kopftuch würden auf dem Arbeitsmarkt benachteiligt, Rassismus auf dem Wohnungsmarkt sei Alltag, Jugendliche mit homo- oder transsexuellen Interessen fürchteten sich vor Beleidigungen. Das und vieles mehr berichtet Alexa Conradi. Die 47-Jährige leitet seit Anfang des Jahres die Antidiskriminierungsstelle in Esslingen. Dorthin können sich von Diskriminierung betroffene Menschen aus der Stadt und der Region wenden.

Die Liste von Beleidigungen, Anfeindungen und Benachteiligungen könnte Conradi um viele Beispiele erweitern. „Diskriminierung findet auf vielen verschiedenen Ebenen im Alltag, und oft unbewusst statt. Auch da, wo es Menschen auf den ersten Blick gut geht, wo Wohlstand und Bildungsmöglichkeiten vorhanden sind, wie hier in Esslingen.“ Den Beleidigungen entgegenzuwirken, hat sich die Frau aus Montréal zur Aufgabe gemacht. „Esslingen ist vielfältig, da ist Diskriminierung auch ein Thema.“

„Wir sind noch lange nicht fertig mit der Gleichberechtigung

Die Antidiskriminierungsstelle existiert bereits seit 2016 und firmiert unter dem Dach des interkulturellen Forums Esslingen, einem Verein, der sich für ein gleichberechtigtes Zusammenleben von Menschen aus unterschiedlichen Herkunftsländern einsetzt. Seit 2018 gibt es für die Stelle Fördergelder vom Land Baden-Württemberg, und es konnte eine Kraft eingestellt werden. Zuvor betreuten Ehrenamtliche die Anlaufstelle.

Conradi bringt nun ihre Erfahrungen aus der Frauenbewegung in Kanada mit nach Esslingen. Mitte der 1990er-Jahre begründete sie in Québec den „Marche mondiale des femmes“ (MMF) mit – eine Frauenbewegung, die weltweit gegen Armut und Gewalt an Frauen auf die Straße geht. „Wir sind noch lange nicht fertig mit der Gleichberechtigung, das sieht man an der Metoo-Debatte. Aber es geht um viel mehr. Viele Frauen, die Opfer von sexualisierter Gewalt wurden, fühlen sich verantwortlich dafür. Dahinter stecken Machtstrukturen und gesellschaftliche Normen. Die muss man verstehen und aufbrechen“, sagt Conradi. Als Beispiel führt sie auch sich selbst an: Als weiße, gebildete Frau gehöre sie zu den willkommenen Einwanderern in Deutschland. „Bei einer farbigen Frau sieht das anders aus“, sagt sie. Wenn Menschen mehrfach diskriminiert würden, weil sie etwa behindert seien und in Armut lebten, spitze sich die Lage weiter zu.

Gleichheit im Grundgesetz verankert

„Viele wissen nicht, wohin sie sich wenden sollen, wenn sie im Alltag, bei der Arbeit oder auf dem Amt diskriminiert werden. Dafür sind wir da.“ Conradi und sechs ehrenamtliche Mitarbeiter bieten kostenlose Gespräche an, vermitteln und unterstützen die Betroffenen – im Ernstfall auch, wenn es um rechtlichen Beistand geht. „In Deutschland ist die Gleichheit vor dem Gesetz im Grundgesetz verankert. Man kann gegen Diskriminierung klagen“, sagt Conradi.

Sie will nicht nur Betroffenen helfen, sondern auch auf anderen Ebenen für das Thema sensibilisieren. Etwa in Unternehmen, bei Verbänden, Kommunen und Vereinen. „Wir wissen, dass es zum Beispiel in Sportvereinen oft Schwierigkeiten im Umgang mit den Themen Homosexualität oder sexuelle Gewalt gibt. Auch dafür sind wir Ansprechpartner.“

Zu einem Tag unter dem Thema „Rechtspopulismus – die neue Mitte?“ lädt die Antidiskriminierungsstelle im November ein. Betroffene erzählen dann über ihre Erfahrungen, und es gibt Workshops etwa zum Thema, wie man aktiv werden kann, wenn man selbst nicht von Diskriminierung betroffen ist oder was Alltagsrassismus von rechtsradikalen Angriffen unterscheidet.

Sprechstunde: Die Sprechstunde ist jeweils dienstags von 17 bis 19 Uhr. Die Telefonnummer lautet: 0157/511 20404. Termin: Am 3. November, von 10 bis 16 Uhr, findet die Veranstaltung „ Rechtspopulismus – Die Neue Mitte?“ im Jugend- und Kulturzentrum Komma, Maille 5-9, in Esslingen statt. Der Eintritt ist frei.