Da sieht man fast die Wiese vor lauter Pfeilen nicht: Eine augenfällige Aktion am Straßenrand lenkt den Blick auf das Dauer-Ärgernis Littering. Foto: factum/Simon Granville

Leuchtende Pfeile an jeder Stelle, an der wild entsorgter Müll liegt: Mit einer unübersehbaren Aktion am Straßenrand protestiert der BUND in Bietigheim-Bissingen gegen Abfallsünder.

Bietigheim-Bissingen - Autofahrern, die ihre Dosen, Flaschen, Kippenschachteln oder Fastfood-Reste durchs offene Fenster in die Böschung befördern, ist es möglicherweise herzlich egal, wenn ihnen ihr asoziales Verhalten jetzt mit überdimensionalen Leuchtpfeilen vor Augen geführt wird. Gertrud Teske und ihren Mann Ulrich Glaser von der Ortsgruppe Bietigheim-Bissingen des Bundes für Umwelt- und Naturschutz (BUND) ficht das nicht an. Verzagen ist nicht ihre Strategie. Stattdessen sagt Gertrud Teske: „Man kann bei so einer Verdreckung nicht einfach zugucken.“

Glas- und Metallsplitter in Kuh- und Schafsmägen

Mit der augenfälligen Pfeile-Aktion am Rande der Straße, die von Bietigheim zum Teilort Metterzimmern führt, setzt der BUND daher bis nach Ostern gleich 60 Zeichen gegen Littering – also gegen das achtlose Wegwerfen von Abfall und die Allgegenwart herumliegenden Mülls auf Straßen und Plätzen, in Parks und Gärten, auf Wiesen und in Wäldern. Jeder dieser ein Meter hohen Pfeile steckt an einer Stelle, wo Unrat vor sich hin gammelte – was zur Folge hat, dass die Böschung jetzt einem Pfeilewald gleicht. „Und das sieht ja an anderen Straßenrändern nicht anders aus“, moniert Gertrud Teske. „Wir hätten das auch gut an der B 27 machen können. Aber wir haben lieber eine städtische Straße genommen, da war der Behörden-Aufwand für die Genehmigung nicht so groß.“

Inspiriert hat das Paar – sie Altenpflegerin im Ruhestand, er Fotograf – eine Aktion im österreichischen Kirchham. Dort stank den Bürger der Dreck in der freien Natur dermaßen, dass Umweltschützer, Bauern, Bürgermeister, Abfallverband und Straßenmeisterei beschlossen, das Problem mit markanter Bildsprache zu visualisieren – in Form eben solcher gelber Pfeile. In dem ländlich geprägten Ort spielte ein weiterer Aspekt eine Rolle: Wird der Abfall beim Mähen zerkleinert, landet er mit dem Gras in Form gefährlicher Metall- oder Glassplitter in Kuh- und Schafsmägen.

200 Tonnen Abfall pro Jahr

Teske und Glaser orderten die Schneidepläne von den Kirchhamer Aktivisten, bauten die Pfeile in Eigenregie aus Sperrholz-Platten und verpassten ihnen den Leucht-Look. „Die Pläne waren optimal, es gab quasi keinen Verschnitt“, meint Ulrich Glaser zufrieden.

Die Aktion ist Wasser auf den Mühlen der Stadt, die sich regelmäßig mit den Folgen der Taten von Müll-Rowdys herumschlagen muss. Rund 50 000 Euro berappt sie jährlich, um unliebsame Hinterlassenschaften aufzulesen und zu entsorgen, die Personalkosten nicht eingerechnet. „Der Bauhof ist täglich unterwegs, um den wilden Müll in der Landschaft, entlang den Straßen, im Bürgergarten, in der Fußgängerzone und den anderen Ortskernen einzusammeln und 600 Papierkörbe zu leeren“, rechnet Pressesprecherin Anette Hochmuth vor. 200 Tonnen Abfall, 90 Kubikmeter Sperrmüll und 20 Kubikmeter Altreifen ergibt das Jahr für Jahr. Oberbürgermeister Jürgen Kessing hat daher etwas übrig für Aktionen wie diejenige der Umweltschützer – weshalb er am Einpflock-Tag mit durch die Böschung an der Metterzimmererstraße stapfte. Bietigheim-Bissingen unternehme schon viel gegen den Dreck in der Stadt, sagte Kessing, ob mit dem Verein Saubere Stadt oder dem eigenen Bauhof-Team. „Die Bürger müssen aber auch selbst daran denken, ihre Stadt sauber zu halten. Dafür setze ich mich gerne ein.“

Den Initiatoren würden für die Zeit nach Ostern, wenn sie die Pfeile wieder abbauen, durchaus weitere Verwendungsorte einfallen. Schulhöfe etwa. „Dort“, bedauert Gertrud Teske, „liegt ja nach den Pausen auch immer unglaublich viel Müll rum.“